Samstag, 11. Januar 2020

Radio Havanna - Veto (Dynamit Recods/Uncle M)

Eine kleine Anekdote am Rande: ich bin in Thüringen geboren, aber auf Usedom bis kurz nach der Wende aufgewachsen. Warum das hier steht? Die vier Jungs von Radio Havanna kommen ebenfalls aus Thüringen, haben sich aber vor geraumer Zeit schon in Berlin niedergelassen.

Ihre Kindheit war wohl recht behütet, bis es die ersten unangenehmen Kontakte mit Nazis gab und dem dazugehörigen Wegducken des Umfelds, wenn es heiß herging. Dies wird unter anderem auf dem Langspieler Veto verarbeitet. Dabei geht es darum, dass alle gleich geboren wurden, nur einige sich auf einmal entschieden hatten ein Nazi zu sein, wobei man vorher noch befreundet war und zusammen Fußball gespielt hat (Antifaschisten). Dabei ist der Sound der Band alles andere als ernst. Hier weht einem eine heftige Prise Punk um die Nase, unterfüttert mit Mitsinghymnen für die Ewigkeit, die perfekt in den Sommer passen. Im Winter hingegen geht, wie jetzt im trüben Januar, mit den ersten Klängen die Sonne auf. Da brüllt man dann auch gerne mal, dass coole Kids kein Vaterland haben oder man schlägt mit TV-Unsinn um sich, wie in "Freie Radikale".

Gemixt wurde das Album von Simon Jäger, der unter anderem auch Platten von Feine Sahne Fischfilet oder Casper produziert hat. (Quelle) Der Sound ist ordentlich druckvoll, der Bass hat genug Platz und ist auch gerne mal im Vordergrund. Nach etwas mehr als vierzig Minuten ist das Album vorbei und lädt am Ende zum nochmaligen Durchhören ein. Jeder wird hier seinen Lieblingstitel finden oder auch das ganze Album abfeiern.

Release: 17.01.2020
Label: Dynamit Records

Anspieltipps: Coole Kids, Krach, Antifaschisten

6/6 Punkten (Der Frau des Hauses gefällt das Album.)

Radio Havanna - Veto
(Quelle: Presskit von Uncle M)

Freitag, 3. Januar 2020

生 Conform 死 - Circa '94 (Bandcamptage)

Eigentlich hatte ich das Album zum Ende des letzten Jahres gefunden. Aber ohne richtiges Probehören braucht man kein Review schreiben. Es war eigentlich Zufall, dass mit das extrem gute Album Circa '94 von 生 Conform 死 (im Englischen Live Conform Die) vor die Füße gefallen ist, da das gute Stück bei Bandcamp ziemlich weit hinten liegt.

Wie dem auch sei. In Australien hat das Quintett aus Perth - laut Google, die einsamste Stadt der Welt - auf Triple J schon jede Menge Airplay bekommen und war mit Größen wie Being As An Ocean oder Chelsea Grin auf Tour. 生 Conform 死 spielen ihren eigenen Angaben nach eine Mischung aus Nu-Metal, Hardcore und alles anderem was ballert. Wenn man sich ihr Album anhört, kommt das auch so in etwa hin. Da findet man alte Bekannte, wie Korn (ist Cyanide's Intro nicht wie das von Dead Bodies Everywhere?), oder (hed) p.e. wieder. Ganz moderne Einflüsse, wie Lo-Fi-Beats, bleiben nicht aus, man höre sich nur Tracks wie Crawl, Vicious Toughts oder Eat More Death an.

Die Gitarre hat hier acht Saiten, dass fällt schon beim ersten Durchhören auf, wird aber teilweise wie bei Korn, als eine Art Sample-Instrument gespielt. Es quietscht an vielen Ecken und Kanten, so als wären Munky und Head gerade erst durch die Studiotür geschritten und hätten sich die 8-Saiter geschnappt. Der Bass ist teilweise so tief, dass man wohl versucht den braunen Ton zu erreichen. Die Produktion ist dabei außerordentlich gut, man kommt an die Großen des heutigen Metal-Business locker heran. Auch wenn das Album schon mehr als eineinhalb Jahre alt ist, könnte ihr euch das Ding getrost laden, der Preis ist dabei schnurz. Wer gerade Ebbe in der Kasse hat, darf hier ebenso zugreifen. (Stand 03.01.2020)

Anspieltipps: Six Years, Six Fears, Yellow Jacket, Gaslight Sunset

生 Conform 死 - Circa '94
(Quelle: Bandcamp.com)

It's all about the "he said, she said"

Mittwoch, 1. Januar 2020

Jahresende, was kommt? (2019 Edit)

Auch wenn ich hier mit meinem Jahresrückblick einen Tag zu spät komme, kann ich dennoch auf ein abgeschlossenes Jahr zurückblicken. Auch wenn es 2018 keinen Rückblick gab, ist es ja nicht falsch, jetzt einen niederzuschreiben.

Mit jedem Jahr, dass man altert, verfliegt die Zeit noch schneller als es einem lieb ist. Das wird vielleicht einigen von euch auch so ergangen sein. Ehe man es sich versieht, ist eine Woche vorbei, auf einmal ein Monat und dann eine ganze Jahreszeit. Und schon klopft 2020 an die Tür. Das Jahr hatte seine Hochpunkte, ohne Frage. Es gab aber auch Wochen, die 2019 echt nicht schön waren. Arbeitstechnisch trete ich auf der Stelle, auch wenn ich die Büros der leitenden Persönlichkeiten öfters besuchen durfte, als mir lieb war. Zumal mir dann noch ein Satz entgegenflog, den ich dort, zumindest nicht von dieser Person, nie erwartet hätte und meine Arbeit dort komplett in Frage stellt. Seit dem sitze ich ab und an da und frage mich, ob es das Wert ist, ob die eigene Arbeit sinnvoll ist. Immerhin scheine ich der einzige zu sein, der sich in einer Fremdsprache vernünftig und zielführend unterhalten kann. Aber das scheint heute nichts mehr Wert zu sein. Auch dort fehlt mir die Gelegenheit, die Musik, die ihr hier zu lesen und zu hören bekommt, zu hören. Das liegt zwar auch daran, dass es die Musik offiziell erstmal nur für Blogs und Magazine gibt, aber dennoch nervt mich die Radiomusik der Sender aus dem UKW und einiger Streams massiv. Das ergibt keinen Mehrwert und nervt, selbst mit klassischer Musik kann man einigen nicht beikommen. Wie dem auch sei, ich schweife ab.

Trotz alledem ist auch viel positives passiert. Ich bin mit meiner Freundin zusammengezogen, wir sind zwei Mal nach Skandinavien gereist und haben mehrere Nächte im Auto geschlafen. Das ist aber auch nur möglich gewesen, da es in Skandinavien das Jedermannsrecht gibt. Ich hatte den tollsten Geburtstag, den man sich vorstellen kann. Ich war auf Schiffen zwischen den Fjorden und habe erlebt, was es heißt, wenn die Sonne in der Nacht nicht untergehen mag. Es war verrückt und faszinierte zugleich. Zum Glück konnten wir somit (fast) der Hitze hier entgehen. Im Oktober waren wir im Auto unterwegs zum Weihnachtsmann nach Rovaniemi und haben bei Temperaturen um den Gefrierpunkt im Auto geschlafen. Und oh Wunder, niemand hat sich eine Erkältung zugezogen.

Mit den Fahrrädern habe ich dieses Jahr leider nicht viele Kilometer auf die Kette gebracht (sind nur um die 2500km), das hat aber andere Gründe. Natürlich spiele ich weiterhin in der Impro-Theatergruppe vor Ort mit, was in einer Spielwoche mal eben 3 Abende kostet. Es macht natürlich Spaß, keine Frage, aber auch hier gibt es aktuell einige Veränderungen, die einen traurig stimmen können.

Und dann wurde ich gefragt, warum ich überhaupt schreibe, warum ich mir die Mühe mache, Charts zu erstellen, ob das überhaupt jemanden interessiert. Vor ein paar Jahren wäre das sicher interessant für mich gewesen, zu wissen, wer hier liest, wer Interesse an dieser Materie hat. Es ging ja am Anfang auch nur um kostenlose Musik, zumindest nach der Anregung von einem alten Schulfreund. Heute mache ich mir weniger eine Platte drüber, vielleicht auch, weil ich weiß, dass ich an einigen Stellen nicht mehr weiterkommen kann. Auf der anderen Seite ist die Musik hier teilweise echt speziell und bedient nicht unbedingt einen Massenmarkt. Oder kennt ihr jemanden, der Black-Metal nicht gleich als stumpfes Geschrei abtut? NebendemStrom ist aber halt auch einfach nur ein weiterer Musikblog, ich weiß gar nicht wann die Hochzeit war, wann man hätte der erste seiner Gattung sein müssen, um nun ganz oben neben plattentest.de oder laut.de zu stehen. Die haben natürlich auch ihre Redaktionen. Ihr wollt gar nicht wissen, wie oft ich letztes Jahr gelesen habe, ob WIR Interesse an diesem oder jenem Künstler hätten. Entweder heißt das, dass ich viel Content schaffe oder die Musikauswahl ist hier zu divers. Aber so bin ich: gebt mir guten Metalcore und ich feier das ab, im nächsten Moment kann man mich aber auch mit guter Popmusik hinter dem Ofen hervorlocken. Wer sich nicht festlegt, hat mehr von der Musik.

Der Sommerurlaub von seiner schönsten Seite.
(Quelle: eigenes Bildmaterial)