Sonntag, 31. Dezember 2017

Jahresende, was kommt? (2017 Edit)

"Alle Jahre wieder." Das könnte nun der geneigte Leser, der hier öfter mal vorbeiguckt und liest, meinen. Dennoch hat sich unter diesem Thema eine kleine Tradition eingeschlichen, um das aktuell zwar noch laufende Jahr zu resümieren. Ein Leitsatz oder eher Erkenntnis, hat sich zum Ende dieses Jahres eingeschlichen.

Ich wurde auf Arbeit gefragt, warum ich soviel über den Weltraum und Musik weiß, jedoch in keinem beider Teilgebiete professionell tätig bin. Meine Fähigkeiten sind meinen Passionen nicht gewachsen, sprich: Auch wenn ich liebend gerne wüsste, wie es ist auf der ISS (oder eher doch durch die ISS?) zu schweben, so reicht mein Ausbildungsgrad nicht mal im Ansatz dazu, dass ich jemals dort oben "landen" könnte. Ähnlich verhält es sich mit der Musik. Ich spiele zwar etwas Gitarre, höre liebend gern Musik und habe auch eine Meinung dazu. Diese könnt ihr eben seit fünf Jahren und knapp neun Monaten auch mitlesen, nur habe ich leider keine journalistische Ausbildung genossen. Auch bleibt mir durch mein Praktikum bei ROME SDS der Gedanke, dass aus Spaß Ernst werden könnte und aus Ernst dann Stress. Und Stress mit Musik zu verbinden, nun das würde ich, aus einem rein subjektiv betrachteten Standpunkt, gern vermeiden. Dennoch träume ich davon sagen zu können, dass ich von meiner Passion leben kann. Dies bleibt nur den wenigsten vergönnt. Vielleicht gehört das auch zum Erwachsenwerden dazu, dass man sich eben mit solchen Dingen abfindet, auch wenn das traurig klingen mag. Durch die Arbeit, die Hobbies und andere Verpflichtungen fehlt eben die Energie und das Selbstvertrauen, alles in Plan A zu investieren und über Plan B gar nicht erst nachzudenken. Auch habe ich Verantwortung, nicht nur gegenüber mir, auch gegenüber anderer Personen, die mir sehr wichtig sind, auch wenn diese mir immer zusagt, dass ich mein Studium abschließen soll. Natürlich wollen wir auch die ganz wichtigen Institutionen erwähnen, denen man entweder Geld schuldet oder denen man jeden Monat etwas von seinem Geld abgeben muss.

2017 durfte ich aber auch ein paar Konzerte besuchen, wobei das von Jinjer sich am meisten eingeprägt hat. Dennoch habe ich nun nicht unbedingt mehr Zeit für die Musik als sonst auch, zumal ich beim Radeln auf der Straße seit Jahren keine Musik mehr höre. Sicherheit hat nun mal Vorrang und so wie die meisten Fahrzeugführer heutzutage unterwegs sind, muss man um so mehr auf "Ablenkung" verzichten. Einen kleinen, persönlichen Rekord kann ich dieses Jahr dennoch verbuchen: Ich bin 200km Rad gefahren, an einem Tag, beim Spreewaldmarathon. Und dabei hatte ich weniger Probleme mit den Muskeln denn mit Übelkeit und schmerzenden Knien. In den letzten Wochen war so viel los, da geriet die Fortbewegung auf dem Zweirad leider ins Hintertreffen, sogar soweit, dass einige fragten, ob ich faul geworden bin. Aber wie bereits im letzten Jahr beschrieben:  hätte man die doppelte Zeit des Tages zur Verfügung, würde man eben alles das schaffen und machen können, was man wöllte und sich vorgenommen hat. Versteht mich nicht falsch: 2017 war kein schlechtes Jahr. Wir haben zuhause ein Ritual eingeführt um uns am Ende des Jahres vor Augen zu führen, dass das Jahr nicht schlecht war... zumindest haben wir Erinnerungsstützen, die uns zu den Highlights des Jahres führen.

Natürlich möchte ich mich 2018 unbedingt mehr bewegen. 2018 möchte ich auch mehr Musik hören und rezensieren, mehr mit Freunden unternehmen. Mein Schlafrhythmus ist leider auch nicht der beste. Dennoch weiß man nie, was im neuen Jahr passieren wird, wem man über den Weg laufen wird, wo man landen wird, welch außergewöhnlichen Ereignisse sich abspielen werden oder ob man dann doch im Hamsterrad gefangen bleibt. Ob und was ich hier verändern werde, weiß ich aktuell nicht, vielleicht ein kleiner Glossar zu den Themen, die ich hier abgreife oder ein kleiner Steckbrief zu den Promofirmen und Labels, die man hier findet. Wer weiß. Und wer weiß, vielleicht kommt hier dann wieder mehr als im Vorjahr, wer auf das Archiv blickt, wird sehen was ich meine.

Und da ich ich bin, gibt es noch etwas Kostenfreies auf die Ohren. Das Geld geht in diesem Monat bekanntlich für Geschenke, Kalorien und Feuerwerkskörper drauf. Der Ein oder Andere könnte sich an Violet7rip erinnern, den ich hier mal hatte. Witch House ist eine Musikrichtung, von der ich einfach nicht wegkomme, aber auch hier gibt es auf Bandcamp recht viel Mist. Der Junge sticht immer wieder positiv heraus und ballert ordentlich nach hinten raus. Der Bass drückt und flattert fast, so tief ist er und dennoch geht hier nicht alles nach Schema-F vor. Zum 29.12. hat er eine kleine Sammlung unveröffentlichter Tracks auf Bandcamp geladen, die ihr euch für einen Preis laden könnt, den euer Haushaltsbudget zulässt. Quasi ein Geschenk von ihm.

Anspieltipps: Untitled II, Untitled IV, Untitled VI

Violet7rip - Unreleased
(Quelle: Bandcamp.com)

Donnerstag, 28. Dezember 2017

Teil 2 des Interviews mit Kid Dad vom 12.12.2017

Nachdem wir im ersten Teil des Interviews erfahren haben, was die Musiker von Kid Dad für Einflüsse haben und wie genau sie ihre Musik definiert haben möchten, geht es nun im zweiten Teil darüber, was die Jungs über die Musikindustrie denken. Viel Spaß beim Lesen und vielleicht auch Schmunzeln.

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Als relativ junge Band, wie ist eure Sicht auf die Musikindustrie?

Max: Wir hören im Bus aktuell ganz viel Radio. Das kommt uns schon zu den Ohren raus.

Warum macht man dann so was?

Marius: Wir werden durch technische Schwierigkeiten dazu gezwungen, dass wir unsere eigenen Musikgeschmack nicht frönen können.

Habt ihr kein Tapedeck oder einen USB-Anschluss?

Max: Es gibt einen CD-Spieler, der nach drei Songs qualmt.

Michael: Deswegen können wir nur Radio hören.

Max: Wir suche alle fünf Minuten einen neuen Radiosender, deshalb ist das ganz lustig. Wir finden es aktuell ziemlich scheiße, was so läuft.

Michael: Es klingt alles sehr gleich und auch sehr berechnend.

Max: Und jeder Sender spielt innerhalb der nächsten zwanzig Minuten Ed Sheeran.

Marius: Was richtig grausam ist, dass das Album ausstirbt. Taylor Swift zieht es noch gnadenlos, es wird sich aber immer mehr auf Singles konzentriert, auf diese „Dreißig-Sekunden-Spotify-Songs“. Das heißt, in den ersten dreißig Sekunden musst du gecatched werden, sonst wird der Klick nicht gezählt. Und so wird praktisch ein neues Genre erschaffen, Spotify-Musik. Es geht einfach darum, in irgendwelchen Playlists zu landen und dabei wird auf das Album geschissen. Es ist viel besser, wenn man sein ganzes Herzblut in das ganze Album steckt, anstatt sich nur einem Song anzunehmen, der vielleicht Hitpotential hat. Das steht mir bis oben. Das ist aber genau das, was mich aktuell an der Musikindustrie stört, das liegt aber auch daran, dass ich eher der CD-Hörer bin. Ob es irgendwann wiederkommt, das weiß ich nicht, ich jedoch höre am liebsten die ganze CD. Ich skippe auch keine Songs, ich gebe mir das Album. Es gab eine Zeit, da habe ich auf Spotify nur das konsequent gestreamt, was ich auch auf CD hatte. Irgendwann bin ich dann auch dem verfallen, andere Musik zu hören, was ich nicht besitze. Ich sehe aber schwarz, ehrlich gesagt.

Auch wenn es heißt, dass die Plattenverkäufe wieder vor den mp3s liegen?

Marius: Ich glaube aber nicht, dass die Hippster ewig bleiben. Vinyl ist gerade cool, Kassetten auch, aber ich bezweifle, dass es in zehn Jahren auch so sein wird. Vielleicht kommen die CDs auch irgendwann, vielleicht wird dann auch irgendwann mp3 cool.

Michael: Das was im aktuellen Jahr verkauft wurde, im Vergleich zum Vorjahr, das ist fast nichts.

So lange, bis der CD-Player qualmt. Kid Dad aus Paderborn.
(Quelle: Facebookpage der Band)

Die Emil Bulls haben im Interview auch gesagt, dass man immer weniger Plattenverkäufe braucht, um einen Gold- oder Platinstatus zu erreichen, als vielleicht vor zehn oder fünfzehn Jahren. Also wenn ihr jetzt eine Platte auf den Markt bringt, welche dann ordentlich gehypt wird.

Marius: Man spürt schon, dass die Bands nicht so viel verkaufen. Die Festival- und Konzerttickets werden immer teurer, da sie immer mehr Livegage brauchen um die mangelnden CD-Verkäufe zu kompensieren. Das Brot für die Arbeit kommt dann eher durch die Spotify-Abonenten rein. Als kleine Band, die 0,01 Cent für jedes mal Abspielen bekommt. Oder du bist voll Indie und sagst dir, dass alles durch den Verkauf von Platten, CDs und Kassetten hereinkommen muss. Aber das ist hart, da halte ich nicht viel davon.

Das heißt, dass es sich auch nicht lohnt auf Plattformen wie Bandcamp oder Soundcloud zu gehen? Bei Bandcamp bleibt von jedem verkauften Song oder Album relativ viel bei den Künstlern.

Marius: Das ist das coole an Streamingdiensten: du lernst viele unbekannte Künstler kennen. Aber die mittelgroßen Künstler leiden leider unter diesem System.

Max: Es lohnt sich, dass man auf solchen Plattformen vorhanden ist, so das man existiert, damit die Leute einen hören können. Man geht aber in dieser schieren Masse einfach unter. Es ist keine Herausforderung auf Spotify, iTunes oder anderen Diensten seine Musik zu haben.

Es gibt Dienste, die gegen Geld deine Musik bei den Streamern hochladen.

Marius: Wie bei SpinUp, das sind zehn Klicks und du kannst deinen Song hochladen. Die Bibliothek von Spotify ist endlos, gefühlt zumindest.

In zehn, fünfzehn Jahren macht ihr dann trotzdem noch als Kid Dad Musik und seid auf Tour?

Martin:
Wenn wir nicht mit 27 sterben, dann machen wir das auf jeden Fall noch.

Marius: Solange wir es uns noch leisten können Musik zu machen, machen wir das auch. Heutzutage kostet es mehr als das es was einbringt. Wenn wir mit Null aus dieser Tour rausgehen, dann haben wir schon viel Glück. Der Van kostet unglaublich viel, wir verkaufen jetzt ein paar CDs und einzelne Shirts. Aber im Grunde ist das ein teurer Spaß, das ist wie Golfsport.

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Wie üblich für diesen Blog, frage ich am Ende des Interviews die ganzen Randomgeschichten ab, für diese Band aber natürlich in etwas geänderter Form.

Samstag, 23. Dezember 2017

Teil 1 des Interviews mit Kid Dad vom 12.12.2017

Als ich bereits im Oktober davon gelesen habe, dass Razz nach Cottbus kommen würden, war ich völlig aus dem Häuschen. Weil es eine relativ bekannte, gute Band ist und die kommt mal eben in die Stadt, in der ich Wohne. Also fragte ich bei Fleet Union wegen eines Interviewtermins an. Die wiesen mich darauf hin, dass sie nicht für die Interviewvergaben von Razz verantwortlich sind, mir jedoch ein Interview mit der Vorband Kid Dad anbieten können. Da diese Band erst ein paar Tage zuvor einen Hype durch Visions erfahren hatte, zögerte ich nicht lange und sagte zu.

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Frage Nummer eins: Kid Dad. Wo kommt der Name her und warum dieses Konträre, da Kid und Dad zwei Generationen sind?

Marius: Der ursprüngliche Gedanke war, dass Menschen gewisse Charakterzüge eher Erwachsenen zuweisen und andere Charakterzüge eher Kindern. So wie man zu Kindern sagt: „Du kannst das noch nicht.“ Oder „Du darfst das noch nicht, weil du noch nicht erwachsen bist.“ Und zu Erwachsenen sagt man: „Du darfst dich nicht so verhalten, du bist kein Kind mehr!“ Und wir wollten dieses Spalten zwischen Kind und Erwachsenem aufheben. Das war der ursprüngliche Gedanke. Mittlerweile steht der Name eigentlich nicht mehr für ein bestimmtes Programm. Wir haben ihn halt, haben ihn lieben gelernt und stehen dazu. Wir haben jetzt damit keine bestimmte Message. Für uns klang es im ersten Moment cool und deswegen haben wir das so gelassen.

Und wer ist genau Kid Dad?

Max: Max, ein Name mit „M“. Ich spiele Bass und bin als letztes dazugekommen. Das war im Mai 2016. Martin hatte mich irgendwann mal angerufen, hatte vorher schon mit ihm studiert und ihm erzählt, dass ich Bass spiele. Dann ist ihm irgendwann der Bassist abgesprungen. Er hatte mich an einem Samstagnachmittag angerufen und mich gefragt ob ich vorbeikommen will. Hab gemeint: „Jo.“ Hab mich dann geduscht, ganz wichtig. Dann hab ich mich in den Zug von Bielefeld nach Paderborn gesetzt und bin eineinhalb Stunden durch die Gegend gegurkt. Hab da zwei Songs ein bisschen gelernt. Am Tag danach, bin ich nochmal hin und ab da war ich irgendwie schon dabei.

Und du bist?

Marius: Ich bin Marius, ich bin der Sänger und spiele Gitarre und habe die Band im Prinzip mit Michi und Martin gegründet.

Michael: Ich bin Michi, Michael. Den Marius habe ich im Studium kennengelernt und spiele in der Band Schlagzeug. Er hatte damals einen Drummer gesucht, 3 oder 4 Monate, bevor Max dazukam, war ich bei einer Probe dabei und hab mir das ganze mal angehört. Ich hatte auch nichts besseres vor. Da ich zu dieser Zeit auch nichts besseres vor hatte und die Jungs schon zu der Zeit cool drauf waren, haben wir uns gesagt, dass wir Musik machen müssen und haben angefangen Songs zu schreiben. Und da entstand schon der Plan, dass wir etwas aufnehmen wollen.

Martin: Tja, was soll ich erzählen. Ich hab mit dem Marius schon 2011 Musik gemacht. Das war aber nicht so gut. Deswegen haben wir dann diese Band gegründet, weil wir eben dachten, dass es besser wäre.

Die Band mit den vier "M": Michael (d), Martin (g,v), Marius (g,v) und Max (b)
(Quelle: Pressefoto der Band)

Aber wenn ich das richtig mitbekommen habe, werdet ihr gerade richtig gehypt. Die Visions  schreibt sogar über euch, wenn ich das richtig mitbekommen habe.

Martin: Ja und das ist besser als damals.

Marius: Wir gehen das jetzt auch ernsthafter an.

Als Heimatort habt ihr Paderborn auf Facebook angegeben. Was macht man in Paderborn, wenn man nicht gerade Musik macht?

Max: Studieren.

Marius: Studieren oder Christ sein.

Ach ist das der „Bible Belt“ von Nordrhein Westfalen.

Marius: Paderborn ist das reichste Erzbistum in Europa.

Michael: Gefühlt, gehört jedes zweite Gebäude in Paderborn der Kirche. Ich bin aus Stuttgart zum Studieren nach Paderborn gezogen. Wir alle studieren aktuell Populäre Musik und Medien und diesen Studiengang gibt es nur dort.

Das heißt, mit Paderborn verbindet ihr eher den klassischen Katholizismus?

Marius: Ja, da ist alles ziemlich konservativ. Es gibt eine kleine Hardcoreszene, aber sonst gibt musikalisch nicht wirklich viel. Es gibt einen Club, in dem mal Itchy aufgetreten sind, aber das war's auch. Ganz früher haben mal BadReligion in einer Bar gespielt aber das ist auch schon eine Weile her. Ansonsten haben wir keine große Szene in Paderborn und deswegen versuchen wir es über die Stadtgrenzen hinaus.

Wenn ihr studiert, seid ihr alle über 18. Ihr wirkt noch relativ jung.

Maruis: Danke, wir sind so um 21, 22 Jahre alt. Da kannst du noch gar nicht wissen, was du willst.

Im Promo-Text über euch geht es primär darum, dass ihr über Depressionen redet, schreibt, singt und auch mit eurer Single verbildert. Ist das generell eure Grundstimmung, gibt es persönliche Bezüge oder sind das Sachen, die ihr von Extern aufnehmt?

Marius: Eigentlich wird sich in der Masse schon, in der Gesellschaft wird sich schon um Depressionskranke gekümmert. Bei uns dreht es sich nicht nur um Depressionen sondern um Gefühlsregungen aller Art. Wir drücken durch unsere Musik sehr gut aus, was wir fühlen. Da ist mal was schlechtes und mal was gutes dabei. Dementsprechend sind die Songs auch ganz verschieden, es geht um innere Probleme, an die man sich nicht ran traut, über ganz normale Themen wie Sex oder Drogen. Wir sind jetzt nicht so die Rock'n'Roll Band, wo sich jeder vor der Show nochmal eine Line zieht. Bei uns geht es viel mehr um Gefühle. Wir singen zwar viel über Drogen, dass heißt aber nicht, dass wir Drogen verherrlichen oder zwingend Drogen nehmen. Manche Gefühlslagen lasse sich nicht anders beschreiben, da steht der Vergleich mit Drogen eher im Raum. Man kann sich so extrem fühlen ohne Drogen zu nehmen und das wird in den Texten leider häufig missverstanden. Prinzipiell geht es da um unsere Gefühle.

Wenn man sich eure Singles anhört, spielt ihr ja primär Rock und Grunge. Eure Inspirationsquellen sind, laut Facebook , Oasis und Nirvana? Warum so ein altes, betagtes Genre? Warum seid ihr nicht auf den Hypetrain um Metalcore aufgesprungen?

Max: Das ist die Musik, mit der wir aufgewachsen sind. Unsere Eltern haben das schon gehört, wir halt auch. Musikalisch wurden noch nicht in der Zeit groß, wo du kurz auf Spotify warst und einmal durch die Bibliothek gescrollt hast. Wir konnten nur aus dem CD-Regal was aussuchen und dann hast du das genommen was da war. Und das, was dir am meisten gefallen hat, ist hängen geblieben. Alleine durch die Beschäftigung mit der Musik und seit dem wir das ernst nehmen, hören wir auch mehr und auch andere Musik. Das geht dann von Radiohead über …

Marius: ...Rage Against The Machine, Beatles, Mozart. Wir sind jetzt nicht so in einer Musikrichtung festgefahren, die wir spielen.

Max: Das was wir spielen, ist das, womit wir aufgewachsen sind. Uns ist es auch nicht wichtig, irgendein Hype-Genre aufzugreifen und zu sagen, dass wir das jetzt machen um damit Geld zu verdienen. Wir wollten was machen, womit uns auch selber wohlfühlen und denken, dass das cool ist. Wir sehen da auch Entwicklungsmöglichkeiten und können etwas damit anfange.

Marius: Wir wollen auch was eigenes kreieren, nicht einfach nur Garage-Rock. Wir wollen uns da nicht einschränken. Wir finden es super, dass wir zu keiner anderen Band perfekt als Support passen. Wir sind fast immer das Kontrastprogramm und versuchen eine eigene Marke zu schaffen und das ist viel persönlicher und langfristig macht das glücklicher. Vor allem wenn man sich nicht direkt für eine Schiene entscheidet. Das ist zum Beispiel sehr Roughness von Rage Against The Machine, Nirvana. Beim Songwriting inspiriert mich Radiohead sehr stark, weil die sich einfach keine Grenzen und Regeln setzen und selber weiterentwickeln ohne Ende und trotzdem noch sehr viel mit Dynamik spielen und sich in keine Schublade stecken lassen.

Martin: Irgendwie jeder hat sein Lieblingsgenre und dadurch werden die Songs, die wie erarbeiten, von verschiedenen Richtungen beeinflusst.

Also könntet ihr einfach eine Platte auf dem Markt bringen, wie das aktuelle Albumvon LIRR.?

Martin: Ungefähr. Es vielleicht nicht so krass, wie bei LIRR.

Marius: Das ist auch viel spannender, als wenn sich jeder Song aus drei Akkorden bildet und irgendwie die gleiche Dynamik und das gleiche Tempo hat. Das ganze Laut-Leise und diese ganzen Extreme, das reizt uns. Im Set gibt es auch Passagen, wo ganz ganz Leise auf ganz ganz Laut folgt und das sind auch ganz genau unsere Stärken.

Also das was aus den 90ern kommt.

Marius: Da achten wir gar nicht darauf, das wir klingen wollen, wie irgendjemand anderes. Wir machen das, was wir wollen und gucken drauf, was dabei rum kommt. Laut-Leise-Laut-Leise gab es bereits im Barock.

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Im zweiten Teil erfahrt ihr dann mehr über die Sicht der Band auf die Musikindustrie und Spotify.

Dienstag, 5. Dezember 2017

7. Nachschlag: Dillon - Kind (Pias)

Wann beginnt Pop und wann endet Kunst? Bei Dillons aktuellem Album Kind verschwimmt genau diese Grenze, aus einfach zugänglicher Musik und anspruchvollen Klanglandschaften mit ziemlich interessanter Instrumentalisierung.

Gab es beim Vorgänger noch Schreibblockaden, entwickelte sich "Kind" natürlicher. Die Künstlerin begann geschriebene Textfetzen zu sammeln und so zu sortieren, dass daraus Songs entstehen konnten. Natürlich bleiben auch die eigenen Dämonen nicht aus. Das Lied "Lullaby" entstand, nachdem sie zwei Monate nicht schlafen konnte. Sie sang sich damit selbst in den Schlaf, mit der Textzeile "Schlaf ein." Bei dem ganzen Englisch und etwas Portugiesisch fallen diese Worte besonders auf. Auch weil man am Angfang kaum glauben mag, dass es sich eben genau um diese Worte handelt und nicht einfach irgendetwas englisch Dahingemurmeltes. Instrumental finden wir neben Trompeten und anderen analogen Instrumenten auch elektronische Synthies. Dabei erinnert man sich entfernt an Größen wie Fever Ray, BjörkMy Brightest Diamond und auch Purity Ring. Dadurch wirkt das Werk, welches auf sich auf 35 Minuten abspielt, nicht homogen, eher wie eine kleine Ansammlung von Ideen, die dank der Produktion zu gereiften Titeln heranwachsen können, auch wenn "The Present" komplett mit dem iPhone aufgezeichnet wurde und keine instrumentelle Untermalung erfährt. Ob das selbe Konzept auch bei "Te Procuro" angewendet wurde, ist nicht ganz so klar, trotz oder gerade weil man hier mit einem Klavier arbeitet. Und nach diesen beiden Titeln wird das ganze Tanzbarer, bleibt aber dennoch mystisch. Ob es aber Material gab, welches man noch auf die Platte hätte packen können, weiß man nicht. Ob es dann noch mehr Tanz- und weniger Kopfmusik gegeben hätte, kann man nicht beantworten. Es wäre auf jeden Fall interessanter geworden.

Den Namen "Kind" findet man hier überigens dreimal, nicht nur das Album wurde so benannt, auch der Opener und der letzte Titel heißen "Kind"... auch wenn es am Ende dann doch "2. Kind" heißt. Da Dillon schon seit einigen Jahren in Deutschland lebt und die Sprache spricht, kann man das Wort sowohl auf Englisch als auch auf Deutsch lesen und auch verstehen. Im Bezug zu "Lullaby" wirkt der Albumname, sowie auch die beiden Titel, nochmal ganz anders und verschafft dem doch recht kurzweiligen Langspieler eine zusätzliche Mystik. Erschienen ist das Album am 10.11. auf PIAS Recordings im Vertrieb mit Rough Trade.

Anspieltipps: Sades Fade, Contact Us, Killing Time

5,5/6 Punkten (Drum schlaf auch du.)

Dillon - Kind
(Quelle: Roughttraderecords.com)