Samstag, 22. September 2018

15. Nachschlag: Slothrust - The Pact (Fleet Union)

Wer rastet, der rostet. Das sagt der Volksmund. Und wenn man ein Faultier ist, ist's mit der Bewegung eh nicht weit her. Wenn man das noch miteinander kombiniert, also Rost und das Faultier, dann steht man eigentlich still. Bei Slothrust aus Boston ist das nicht der Fall. Man zeigt sich auf The Pact sogar recht beweglich und tanzt genretechnisch gleich auf mehreren Feiern.

Hier tropft nicht einfach nur abgefahrener Garage-Rock aus der Platte, auch wenn man sich wünscht, dass es hier etwas mehr davon gäbe und vielleicht auch einen hauch dreckiger. Man kann aber auch 80er Jahre Musik, richtig schön mit Saxophon und fast künstlich klingendem Schlagzeug finden. Auch Folk kann man sich auf seine Fahnen schreiben, denn mit Titel wie The Haunting und Travel Bug kann man sich ordentlich verträumt mit einer Tasse Tee auf die herbstliche Veranda setzen und den letzten Sommer Revue passieren lassen. Im Grunde ist das alles auf dem Mist der Sängerin/Songwriterin/Gitarristin Lea Wellbaum gewachsen. Trotz dem man hier so viele Stilrichtungen über die Membrane hüpfen lässt, kann man nicht behaupten, dass man kein Können hat. Das kann faszinieren, kann aber auch, weil man so viel auf einmal bekommt, nerven. Ein Hörer mag mehr Dreck in den Titeln, ein anderer will mehr Synthies, wie in den 80ern. Ein anderer mag dann den Folk vielleicht doch mehr und raunt furibund, wenn es dann doch zu elektrisch wird. Man kann hier bekannte Genrevertreter anbringen, wie The Pack A.D., Shakey Graves oder Hole.

Das Trio tobt sich auf ihrem 44 minütigen Werk ordentlich aus und hinterlässt Verlangen, zu verschiedenen Stellen zurückzukehren, weil einem das eine Stück oder der eine Stil gefällt. So bedient man natürlich viele. Produktionstechnisch ist hier alles in Ordnung, auch wenn der Gesang ab und an mal kurz hinter den Instrumenten verschwindet. Das Album gibt es seit dem 14.09. und wurde auf Dangerbird Records veröffentlicht. wer interessiert ist, kann das ganze Ding auch auf Bandcamp vollständig streamen und dort seine Lieblinge finden.

Anspieltipps: Planetarium, Travel Bug, Birthday Cake

5/6 Punkten (Herr Ober, da ist kein Haar in der Suppe.)

Slothrust - The Pact
(Quelle: Presskit von Fleet Union)

Freitag, 21. September 2018

9. Rosine der Resultpromotion: Zardonic - Become

Eigentlich sollte man Musik, egal welchen Genres, von der gleichen Seite betrachten, unter den gleichen Gesichtspunkten, die man sich auferlegt hat und versucht stets einzuhalten. Was macht man aber mit einem Album aus einem Genre, wo der Großteil der Musik auf elektrischen Geräten erzeugt sind und somit die Produktionsqualität eher außen vor steht? Lassen wir uns überraschen.

Zardonic, bürgerlich Frederico Ágeda Álvarez, kommt eigentlich aus Venezuela, hat kurz in den USA gewohnt und ist aktuell in Deutschland ansässig. Bereits im Jahre 2015 hat er Antihero auf den Markt gebracht und Musik bekannter Größen wie Nine Inch Nails oder Bullet For My Valentine geremixt.

Durch die Verwendung von Elementen des Metals und des Rocks, sagt man ihm nach, dass seine Musik eine Mischung aus Slipknot und Skrillex sei. Wer sich im Genre des Drum'n'Bass bewegt, wird aber eher andere Genrevertreter finden. Man könnte an The Prodigy denken, die auch bereits mit E-Gitarren rumgebastelt haben, oder an Sub Focus oder an andere Drum'n'Bass-Größen aus  Down-Under. Aus seiner Heimat bringt er nicht nur sprachliche Einwürfe in sein Musik mit, er verarbeitet auch die Zustände, die in seinem Heimatland herrschen und klagt an. Dies macht er aber nicht allein, er hat allerhand Künstler mit an Bord geholt. Unter anderem Celldweller, The Qemists und Jørgen Munkeby. Durch diese verschiedenen Künstler und den Einsatz der oben schon genannten Elemente, ergibt sich ein Album, welches nicht ganz dem stringenten Faden des Genres folgt. Das mag auf der einen Seite verzücken, auf der anderen Seite kann es zu kleinen Downern kommen, da nicht immer alles Stimmig ist, die E-Gitarre hier und da etwas aufgesetzt im Vordergrund agiert. Die anderen Titel sind solide, druckvolle Kost, mit wabernden Bässen, grollenden Synthies und einer Geschwindigkeit, die bestens für Workouts geeignet ist. Ganze 47 Minuten ist Become lang und wird ab dem 28.09. über eOne Music vertrieben.

Anspieltipps: Revelation, Takeover, Befrore The Dawn

4,5/6 Punkten (Man kann ja auch mal ausgelassen tanzen und headbangen.)

Zardonic - Become
(Quelle: Presskit von Result Promotion)

Freitag, 14. September 2018

Konzertbericht: Deez Nuts + Tobende Ossis + Deluminator (30.08.18 Zum Faulen August, Cottbus

Eine kleine Spätlese.

Es passiert nicht oft, dass die große musikalische Welt sich im relativ kleinen Cottbus, welches auch noch irgendwo im Nirgendwo befindet, trifft. Deez Nuts waren bereits schon mal im Zum Faulen August und haben sich zusammen mit Tobende Ossis und Deluminator am 30.08. wieder hier eingefunden.

Den Anfang machen die Jungs von Tobende Ossis. Die Menge lässt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht so gut bewegen, wie es später der Fall sein sollte. Dennoch ist der Sound richtig gut, man wirft, wie es ich für Hardcore gehört, politische Statements in die Menge, die gegen die rechten Ausschreitungen in Chemnitz gehen. Man wird auch aufgefordert sich in eine kleine Polonaise einzuklinken und bekommt immer wieder ein paar kleine Witze zu hören. Man merkt, die Jungs sind voll bei der Sache und geben einen guten Opener ab.

Tobende Ossis, vor und auf der Bühne.
(Quelle: eigenes Bildmaterial)


Nach einem kurzen Stageover knipsen Deluminator mit einer Mischung aus Stoner, Hardcore und Punk die Lichter aus, nur um ein kleines Feuerwerk auf der Bühne anzuzünden, sinnbildlich versteht sich. Der Sänger springt wie ein Flummi über die Bühne und es wundert einen, dass die anderen Jungs dabei nichts abbekommen. Man könnte die Mannen auch "Die Band Der Oberlippenbärte" nennen, vom Styling her ist alles dabei: einer könnte direkt von QOTSA kommen; der andere ist der echte, dunkle Black-Metaller; zwei Musiknerds, wobei der Drummer immer tiefenentspannt wirkte, und der Flummi am Mikrofon. Auch hier ist der Sound durchweg gut, ein paar echte Fans stehen an der Seite und singen jede Silbe mit. Auch hier versucht man die Menge etwas zu bewegen, macht ein paar schlechte Witze mehr als die Band zuvor, dennoch macht sich eine starke Wärmeentwicklung in der, zugegebenermaßen, kleinen Location bemerkbar.

Keine Gesichter zu erkennen, Deluminator
(Quelle: eigenes Bildmaterial)

Dann, der Moment auf den alles gewartet haben. Die vier Jungs aus Down Under betreten die Bühne, durch die Menschen vor eben dieser und die wilden Bewegungen wird es immer wärmer. Man knüppelt direkt los, es gibt hier und da ein paar kurze Sätze in Publikum. Getrunken wird, trotz der enormen Wärme, wenig. Der Sound ist basslastiger, die Gitarre kommt nicht mehr so klar hervor. Dennoch wird man mitgerissen und freut sich auf jeden Song der gespielt wird. Ab und an darf auf die Meute im Pit ein paar Laute ins Mikrofon geben, da man sich der Tatsache bewusst ist, dass alle textsicher sind. Doch dann, völlig unvermittelt, stürmt ein Roady durch die Menge und macht dem Drummer einen Weg frei. Der hat sich, wahrscheinlich durch die anhaltende, mittlerweile fast unerträglich Hitze, übergeben und hinterließ hier und da ein paar große Pfützen Erbrochenes. Man darf nicht vergessen, dass er da hinter den anderen Bandmitgliedern im Sitzen Leistungssport macht und keinen Luftzug abbekommt. So wurde das Konzert sprichwörtlich abgebrochen.

Deez Nuts drehen frei.
(Quelle: eigenes Bildmaterial)

Auch wenn die Location recht klein ist, war der Sound außerordentlich gut. Die Stimmung war ausgelassen und keiner hat irgendein böses Wort verloren oder hat sich unangemessen benommen. Das Ende des Abend kann mit Sicherheit als Anekdote eingehen, die man den eigenen Sprösslingen irgendwann erzählen kann. "Ich habe gesehen, wie der Drummer von Deez Nuts ein Konzert 'abgebrochen' hat."

Mittwoch, 5. September 2018

Die 35 Fleet Union: Young Mountain - Lost Tree

Trotz ihres noch recht jungen Alters, hat die Band Young Mountain schon recht viele Besetzungswechsel hinter sich gebracht. Selbst nach dem Release von Lost Tree hat der Bassist die Band wieder verlassen. Unter welchen Umständen verrät der Pressetext von Fleet Union leider nicht.

Die Band selbst kommt aus Göteborg, dennoch spielt man eben nicht diese Schule. Man ist viel diverser als das Video zu Vacant Eyes zuerst vermuten lässt. Auf den acht Titel dieses Albums findet man eigentlich alles: vom bluttropfenden Black Metal, über den hippen Indie-Rock bis zur Ballade fast alles, was das Herz begehrt. Das ist insofern interessant, da sich die Band mit diesem Album ein Konzept übergestülpt hat, denn er geht hier um Identitätsstörung.Wenn man sich dieses Konzept beim Hören des Langspielers vor Augen hält, ergibt die, teilweise echt krude wirkende Mischung, Sinn.

Denn es gibt krasse Sprünge zwischen dem tieftraurigen und fröhlich anmutenden Songs. The Sun Is Away bietet nach Asunder, To Each Other den krassesten Wechsel, hierzu tanzen oder am Ende in Erinnerungen schwelgen. Denn danach gibt es mit /////////////// direkt einen auf den Kopf, um zwischenzeitlich zu kuscheln. Der Titelname kann verwirren, vielleicht steht das für eine Sprachlosigkeit, für das Gefühl einer Machtlosigkeit, das was passiert, wenn man etwas getan hat, wogegen man, dank dieses blöden Fakts, dass Zeitreisen unmöglich sind, nichts mehr ausrichten oder es gar zurücknehmen kann. Genauso könnte es sein, dass man diese Sprachlosigkeit erfährt, wenn man mit etwas konfrontiert wird, was einen völlig aus der Bahn wirft. Hatte ich erwähnt, dass die Band es hier ganz schön bunt treibt? Es fasziniert immer wieder, wenn man sich der Musik völlig hingibt, man landet mal sanft gebettet in einem dicken Kissen, ein anderes Mal trifft man hart auf dem Boden auf und wird von allen Seiten angeschrien, getreten und geschlagen.  Dieses Potpuri an dunkelbunten Songs misst 42 Minuten und ist acht Titel lang. Die Produktionsqualität ist ausgezeichnet, auch wenn der ein oder andere Anstoß an der Positionierung des Sängers im akustischen Raum finden könnte. Ab dem 07.09. wird das Album auf Through Love Records. Wer nicht warten kann, kann das Album bereits auf Bandcamp streamen und für einen frei wählbaren Preis erwerben.

Anspieltipps: The Sun Is Away, Vacant Eyes, Lost Tree

5,5/6 Punkten (Die letzten Tage brechen an, an denen man den Sommer am See noch riechen kann.)

Young Mountain - Lost Tree
(Quelle: Presskit von Fleet Union)

Sonntag, 2. September 2018

Die 34 Fleet Union: Wayste - The Flesh And Blood

Schon die erste EP aus dem Jahre 2016 hat nicht nur mich sondern auch viele andere Seiten, Zeitschriften und vor allem Menschen begeistert. Nicht umsonst taucht die EP No Innocence in den Top Ten des selben Jahres Neben dem Strom auf.

In diesen zwei Jahren hat sich einiges getan, man beherrscht auf The Flesh And Blood neben derbem Gebretter nun auch die leicht stilleren Klänge, obwohl der Gesang immer noch am Anschlag hängt. Thematisch geht es nach wie vor um die Gesellschaft und um die christlich konservativen Werte. Das einzige, was sich geändert hat, ist die Produktionsqualität. Man einige hat einige Regler so gedreht, dass der Bass nicht mehr so scheppert, das Konzept klingt jetzt runder, bauchiger, voller und harmonischer (auch wenn die Band mir das vielleicht übel nehmen könnte). Einerseits ist das schade, weil man genau das als Alleinstellungsmerkmal hätte verwenden können, andererseits kann man sich nicht so festnageln lassen. Dennoch ist man unverkennbar, wild, hat den Sludge, Doom und Hardcore nicht abgelegt, man spannt nur mehr Bögen und lässt sie zum passenden Zeitpunkt losschnellen. Verteilt auf 12 Titel wird der Ritt durch die Platte interessanter, der Zuhörer wird nun gefordert, man versteckt sich mit queren Gitarrenriffs irgendwo, erschüttert das Mark mit blankem Geschrei und lässt den Zuhörer zu keinem Augenblick in Ruhe. Elder ist eben das Stück, was als ziemlich versoffen und verzweifelt klingende Ballade durchgehen könnte. Dennoch wird diese Platte die Gemühter spalten, einige werden diese Musik gar, auch nach der ersten heftigen EP, als Lärm abtun.

Die Wahl der Titelnamen kann einen aber auch überraschen. So nennt man den Opener hier gleich mal I And You. Dabei nennt sich der Esel doch immer zu erst oder irre ich mich? Andere Titel wie Holy Smoke oder Pious Brother stoßen einen direkt mit der Nase auf das heiße Thema des Tracks. Und die Buchstabentauscherei bei Sever And Serve, was dann übersetzt soviel heißt wie "Trennen und Dienen", regt zum Nachdenken an.

Ganze 37 Minuten ist Fleisch und Blut lang und begeistert auf ganzer Länge, da man sich treu geblieben ist und dennoch weiterentwickelt hat. Ab dem 07.09. gibt es die Platte auf Through Love Records und kann ab da dann auch vollständig auf Bandcamp gestreamt und gekauft werden (zu einem frei wählbaren Preis). Hörbar sind bisher Mourn und Holy Smoke, wobei es zu ersterem ein Video gibt.

Anspieltipps: The Great Disguise, Chosen, Snake Oil

Ohne Frage 6/6 Punkten (Ist ja nicht alles schlecht, was aus Sachsen kommt.)

Wayste - Flesh And Blood
(Quelle: Bandcamp.com)