Dienstag, 30. März 2021

New Pagans - The Seed, The Vessel, The Roots And All (Big Scary Monsters/Fleet Union)

Frauen und Männer werden in der Gesellschaft seltener gleich behandelt, als es manch einer wahr haben mag. Die Sängerin Lindsey McDougall singt ihrer Band New Pagans genau dagegen an. Nicht nur das sie Schwanger auf der Bühne stand, nein, sie schaffte es mit ihrer Band 2020 ein EP zu veröffentlichen und ein Album aufzunehmen. 

Auf The Seed, The Vessel, The Roots And All geht es um nichts geringeres als Frauenrechte, Inklusion und Gespräche, denen man in den belfaster Öffis heimlich lauschen kann. Nun würde man in der Schule sicher gefragt werden, welches der drei Themen nicht dazu gehört, der Band ist das egal. Musikalisch bewegen wir hier und irgendwo zwischen Grunge, Alternative Rock und stechen hier und da in den Shoegaze ab. Man nimmt sich sogar einige Riffs von den ganz Großen und wandelt diese ab. Die ersten Takte von I Could Die klingen fast wie die ersten paar Sekunden von Black Sabbath's Paranoid. Wer jetzt "Paranoid" nicht kennt, der sollte sich das jetzt aber schleunigst anhören, sonst gibt es hier ganz große Bildungslücken. An sich scheint es, als hätte man viel Zeit gehabt um das Album aufzunehmen. Es gibt verdammt viele Details und Lagen, die Produktion ist außerordentlich gut gelungen. Die Gitarren, es sind zumindest immer zwei zu hören, sind nicht ganz auf Anschlag verzerrt, man kann dennoch gepflegt rocken. Aber auch verträumt im tanzen im Bühnenlicht geht auch, mit geschlossenen Augen versteht sich.

Um das ganze hier zum Ende zu bringen: die Platte ist gut, mit fast 90 Minuten ausgesprochen lang, viele Titel stehen für sich allein, so merkt man, wo man auf der Platte gerade ist. Wie bereits erwähnt, ist die Produktion richtig gut und das Arrangement weiß zu gefallen. 

Release: 19.03.2021
Label: Big Scary Monsters

Anspieltipps: It's Darker, Ode To None, Yellow Room

5,5/6 Punkten (Heidnische Musik mal anders.)

New Pagans - 
The Seed, The Vessel, The Roots And All
(Quelle: Presskit von Fleet Union)

Montag, 22. März 2021

Bloggeburtstag Nummer 9

Neun Jahre ist es also her, als ich hier anfing Musik online zu rezensieren und kostenlose Musik bereit zu stellen. Das erscheint, vor allem seit letztem Jahr, eine unvorstellbar lange Zeit zu sein, aber irgendwie ist sie doch vorüber gegangen. Vor kurzem wurde ich gebeten, ein Video zu schneiden. Da ich natürlich kein Fan der üblichen Radiomusik bin, habe ich meinen Blog durchforstet und bin auf alte Perlen gestoßen, die ich schon fast vergessen hatte. Nach neun Jahren darf das sicher mal passieren, denke ich mal. Obwohl ich mich 2006 noch damit gebrüstet habe, 95 Prozent meiner Musik zu kennen, damals gab es auf dem iPod Classic noch ein Ratespiel dazu. 

Ihr versteht vielleicht, in welcher misslichen Lage ich mich befinde. Obwohl sich der Spaziergang durch die Jahre 2012 und 2013 echt spannend anfühlte. Es kam dieses "Weißt-du-noch"-Gefühl auf. Man erinnerte sich an Orte, an denen man war, Bands die man gesehen und interviewt hatte. Natürlich sah ich auch die Ideen von damals. Ich kann mich natürlich glücklich schätzen, mittlerweile sehr gut mit Musik versorgt zu werden. Dennoch entdecke ich hin und wieder selbst noch neues und kaufe auch immer noch Alben. So auch Aventine der Künstlerin Agnes Obel. Dabei wollte ich eigentlich nur das Kind mit entspannter Musik beschallen und Youtube lief einfach weiter. Ich lag bereits auf dem Bett und lauschte. Ich war fasziniert von der Tiefe der Klänge und der drückenden Stimmung die ihre Musik erzeugte. Die Videos überzeugten mich, mir das Album zu bestellen. Ich hörte es mehrfach im Auto meiner Freundin, auf dem Smartphone und hier am Rechner. Das es hier nie auf dem Blog erschienen ist, tut mir leid (ich habe es ja nun indirekt nachgeholt), manchmal reicht die Zeit halt eben nicht. Ich freue mich, dass ich einen neuen Langspieler erworben hab, auch wenn er über Onkel Amazon geliefert wurde. 

Aktuell gibt es hier, dank Hold Tight PR und Kinda Agency, relativ viel harte Musik. So spülte dann Youtube auch Spiritbox aus Vancouver Island auf meinen Bildschirm und in meine Ohren. Wer sich Holly Roller geben mag, dem sei gesagt, dass das hier nichts für schwache Nerven ist. Dabei erinnerte ich mich wage, dass mir die Band schon mal zwischen die Lauscher gekommen ist. Und das ist nicht mal das härteste, was mir so vor die Füße fällt. Erst letztens bekam ich Pupil Slicers Wounds Upon My Skin als Werbung vor einem Track gespielt. Das erste Mal, dass mir Werbung auf YT getaugt hat. Und die Leute von Hold Tight PR zeigten mir dann noch [•REC] von To The Grave, wobei ich hoffe, dass die Platte rechtzeitig zum Review kommen wird. Wer sich an Frontierer erinnert, die hatten wir hier mal, der kann sich vorstellen, was für ein Gewitter das sein wird. Ihr merkt also, es passiert mir (zum Glück) immer noch, dass ich neue, ansprechende Musik finde.  

Und dann kam es doch dazu, dass ich dieses Musikjahr ein Album rezensiert habe, welches nicht wirklich gut weg kam. Weil es als CD kam, lief es halt länger im Auto. Man konnte sich eine Meinung bilden, hörte die handwerklichen Schwächen heraus, zog Vergleiche um zu merken, dass es nichts Rundes wurde. Meine Devise ist ja eigentlich, dass ich mir sowas erst gar nicht in den Blog stelle, zumal mir die Zeit immer noch zu schade ist. Es ist wie es ist, die Band hat ihre Rezension bekommen und die PR-Agentur war mir dafür auch nicht böse. Man merkte an, dass ich mich damit ausgiebig auseinandergesetzte habe. 

Es gab auch dieses Jahr wieder neue Labels und PR Agenturen, u.A. Rookie Records und Season Of Mist. Ich möchte mich natürlich auch bei den anderen "alten Hasen" bedanken, die mich seit Jahren mit neuer Musik versorgen. Mir ist bewusst, dass euch das Arbeit bereitet, leider kann und werde ich nicht alle Alben rezensieren können, die mir geschickt/angeboten werden. Es gibt auch Künstler, die schon direkt mit mir Kontakt aufgenommen haben. Auch denen sei gesagt/geschrieben, dass ich leider nicht immer direkt Zeit habe, eure Musik zu hören. Das tut mir natürlich auch leid. 

Das Musikjahr hier Neben dem Strom ist vorüber. Ein Jahr ohne Konzerte, ihr wisst warum. Das ist natürlich schade, da man nicht direkt mit den Musikern in Kontakt treten kann und nicht spüren kann, was die Musik mit einem anrichtet. Den Künstlern und der Maschinerie dahinter geht natürlich auch Geld flöten, dennoch sind 2020 viele Alben entstanden, weil man eben Zeit gefunden hat und die moderne Technik es möglich macht, dass man sich große Datenmengen zuschicken oder auch mal im Stream miteinander musizieren kann. 

Im Februar 2020 hatte ich mir ein MacBook Air 2018 zugelegt, da es bei Cyberport mit 256GB im Angebot war und ich davor schon mehr als 2 Jahre auf die mobilen Geräte von Apple geschaut hatte. Die  Erfahrungen, die ich vor ein paar Jahren an einem iMac machte, vor allem wegen des Workflows und der Tastatur, überzeugt hat. Und was soll ich sagen: bis auf die Zicken mit den Dongles, kann ich mich nicht beschweren. Hin und wieder schneide ich damit sogar Videos. Die Tastatur hat mich auch nicht hängen lassen, auch wenn die Geräte aus der Zeit dafür bekannt sind. Das Tippgefühl ist ein anderes, es wirkt aber hochwertiger als jede Tastatur, die man für PCs bekommt. Manch einer mag es dekadent finden, ich hingegen habe es bisher nicht bereut, auch wenn der Anschaffungspreis schon noch etwas happig war. Es gab natürlich auch eine Lernkurve, aber vieles erscheint unter MacOS logischer als unter Microsofts Windows oder irgendeiner Linux-Distribution. Man nehme nur die Tastenkürzel für das ø

Nächstes Jahr um die Zeit ist der Blog dann eine Dekade alt. Wer weiß, was in dieser Zeit passieren kann und wird. Vielleicht habe ich irgendwann mehr Zeit dafür. Es gibt immer noch Monate, wo hier viel passiert, aber auch Zeiten, wo hier tote Hose ist. Man ist halt kein Student mehr und für mehr als nur die eigene Nase verantwortlich. In diesem Sinne: Haltet durch, lasst euch nicht unterkriegen, auch wenn es aktuell wieder den Anschein macht, als dass eine Minderheit es schafft, dass wir uns alle wieder einsperren und mit mehr Einschränkungen leben müssen. 

Drei im Bild, nur zwei sind zu sehen.
(Quelle: eigenes Bildmaterial)

Dienstag, 16. März 2021

Azgard - At The Break Of The Day (Bandcamptage)

Stellt euch vor, ihr habt eine Band, seid lokal erfolgreich und schafft es sogar ein respektable Musik aufzunehmen. Ein paar Tracks und ein Album schafft man auch. Und dann wird es ruhig, ein Mitglied verkauft sogar sein Equipment, weil das Geld knapp wurde. So geschah es bei der der Band Azgard aus Ternopil.

Die Ukrainer spielen auf ihrem Album At The Break Of The Day eine respektable Mischung aus Metalcore, Deathcore und etwas Black Metal. Eigentlich suchte ich nach Musik für ein Video, welches ich schneiden sollte. Metal passte nicht wirklich unter das Bildmaterial, aber dennoch war ich glücklich über den Fund. Ihr erhaltet 18 Titel für einen Preis, der euch gerade passt. Die letzten Titel sind eigentlich die ersten Songs nur ohne Gesangsspur. Wer also mit den Shouts nichts anfangen kann, kann zu Track 10 skippen und sich den reinen Instrumentalität hingeben. Einzig das Drumset klingt nach einem Computer, das ist bei dem Preis aber sicher zu Verschmerzen. 

 Anspieltipps: Farewell, Blind, Evil Is Coming

Azgard - At The Break Of The Day
(Quelle: Bandcamp.com)

Es ist eh alles recht brutal und laut hier.

Samstag, 13. März 2021

Bound In Fear - Eternal EP (Unique Leader Records/Hold Tight PR)

"How Low Can You Go?" fragte sich einst Ludacris. Bei der EP Eternal der Band Bound In Fear geht es aber weniger um eine Körperhaltung denn um extrem tief gestimmte Gitarren. Die Vielsaiter sind gar so tief gestimmt, dass der Bass sich förmlich den Platz im Gesamtkonstrukt erkämpfen muss. Wenn man es sich dann auch noch vorstellt, wieviele Saiten das sind, dann zieht der Bass ganz klar den Kürzeren. Dazu gesellen sich noch synthetische Klänge und schon ergeben sich riesige, unbezwingbare Soundwände.

Wie der Name der Band verrät, geht es um Ängste und was sie mit einem machen. Die Band will einem aber auch mitteilen, dass man damit nicht alleine ist. Jeder trägt sein Päckchen mit sich und es ist vollkommen in Ordnung, wütend, sauer oder traurig zu sein. Und jeder hat auch seine Eigenart, damit umzugehen. Tracks wie My Mind, My Prison stehen genau dafür. Man nimmt textlich aber auch kein Blatt vor den Mund. Es geht teilweise echt blutig zu, man wird an den Boden getackert, es gibt Blut, enge Räume ohne Türen und Fenster und Menschen, die einen nicht nur physisch quälen. 

Nach fünf Titeln ist der Spuk vorüber und man lässt sich dazu hinreißen, sich noch eine Runde zu geben, auch wenn der Gesang stellenweise unverständlich ist oder einfach nur ins schweinische Grunzen verfällt. Aber man wollte alles austesten, was im Deathcore und Metal geht und das hat man erreicht. Wie eingangs beschrieben, gibt es hier große Soundwände und eine erdrückende Stimmung, da muss man dem Produzenten und Mixer mal auf die Schulter klopfen... oder gleich abschlagen? 

Release: 12.03.2021
Label: Unique Leader Records

Anspieltipps: My Mind, My Prison; Left To Drown

5/6 Punkten (Wie dick können Gitarrensaiten eigentlich werden?)

Bound In Fear - Eternal EP
(Quelle: Presskit von Hold Tight PR)

Montag, 1. März 2021

Die Kombinaten - Lautwort (Valve Records/Bangup Bullet)

Der ein oder andere von euch wird sicher mal den Kochlöffel geschwungen haben. Man kommt irgendwann an den Punkt des Abschmeckens und merkt, egal was man hinzugibt, das Mahl will einfach nicht gelingen. Im Englischen sagt man: "I can't put the finger on it." So verhält es sich mit der Platte "Lautwort" der Band Die Kombinaten

Die vier Mitglieder kennen sich seit Jahren, da sie alle in der Band Lax Alex aktiv sind. Das könnte ein guter Startpunkt sein, denn Erfahrungen hat man genug sammeln können. Dann schiebt man die CD in den Player und denkt sich im ersten Moment, dass man eine Platte der Chili Peppers hört. Bis dann die Trommeln einsetzen, da merkt man, das hier irgendetwas anders ist. Und wenn der Gesang dann hinzukommt, ist alles klar. Dann hört man sich die Platte an, wir finden zwölf Titel, verteilt auf 40 Minuten, und wundert sich, was fehlen könnte. Man wird dieses Gefühl nicht los. Die Texte mögen ernsterer Natur sein, es werden ein paar lustige Bilder gezeichnet, aber man wird den cringe factor nicht ganz los. Es klingt manchmal so, als wäre der Punk, der 1981 Steine auf Polizisten geworfen hat, alt geworden. Er wohnt nun mit Kind und Kegel in einer Doppelhaushälfte mit einem schönen Vorgarten in einem ruhigen Vorort. Vielleicht kommt daher der Titel "Geerdet".

Der Gesang liegt direkt im Ohr, ihm fehlt es aber an Bums oder Hall. Man hätte auch etwas mehr gröhlen können, Punk darf/muss rotzig sein. Das klingt hier hin und wieder so, als hätte man dem Punk die Zügel angelegt und ihn erzogen... leider. Vielleicht wollte man auch mehr Funk als Punk spielen. Dazu klingt auch alles sehr flach, es gibt keine Gitarrenwände, keine Aufregung, kein Kratzen in der Stimme oder einen Ausraster. Man hätte ein paar mehr Tiefen einbauen können, etwas Bauchigkeit im Klang. Die Platte könnte ohne Weiteres auf einer entspannten Gartenparty im Sommer, so Corona es will, im Hintergrund laufen und niemand würde sich daran stören oder aufmerken und fragen, wer das sei. Man schafft es aber dennoch, fiese Ohrwürmer in die Hirnwindungen zu schrauben. Man findet dies befremdlich, da von der Platte eigentlich nicht ganz so viel hängen bleibt. 

In solch schweren Zeiten eine Platte zusammen zu zimmern, dass schafft nicht jeder. Das kostet natürlich Geld, aber auch Blut, Schweiß und Energie. Man hat sich sicher auch Mühe gegeben, aber hinten rum fehlt irgendwie etwas. Dieses Etwas, was einen vom Hocker reißt, bei dem man nicht mehr runter kommt und jedem von dem Album erzählen will. 

Release: 12.03.2021
Label: Valve Records

Anspieltipps: Klagenfurt, E - Mail aus Hongkong, Visionen

2,5/6 Punkten (Darauf erstmal ein paar Hühnerherzen.)

Die Kombinaten - Lautwort
(Quelle: Mix1.de)