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Das Intro des Albums zeigt genau, wo es hingehen wird. Es geht tief in den Kaninchenbau, sehr tief. Und hier warten nicht nur brachiale Gitarrenwände auf den Zuhörer, sondern auch mächtig fiese elektronische Spielereien und ein Gesang, der alles zwischen schwerem Keifen und Klarheit beherrscht. Man hat über die Jahre aber auch gelernt, dass ruhigere Töne überaus unheimlich und bedrückend wirken können und Kinderstimmen sowieso. Wie Jami Morgan vor ein paar Jahren in einem Interview mit Loudwire sagte: die Musik, die die Band macht, soll Schmerzen verursachen. Das Album schmerzt an vielen Stellen. Man merkt, das alles ständig vor dem oder am Ausrasten ist, man will den Musikern in diesem Moment, während das Album läuft, nicht im Dunkeln begegnen.
Hier trifft klassischer Hardcore, Metal und elektronisches Zeug aufeinander, man erzeugt so einen signature Sound. Egal wo man im Album ist, man weiß, dass man Code Orange auf den Ohren hat und jeder einzelne Ton einen tiefer in das dunkle Loch zieht. Diese Entwicklung, welche die Band über die Jahre hinweg durchgemacht hat, passt ihnen wie maßgeschneidert. Andere Gruppierungen versuchten bereits Ähnliches und verkauften sich damit oder scheiterten kläglich. Bei Underneath zeigt sich, wie man es schaffen kann, dass Samples und Keyboards den eigenen Sound noch unerbittlicher erscheinen lassen können.
Thematisch wird man mit den wildesten Ängsten konfrontiert. Man bekommt gesagt, dass man eigentlich gar nichts von dem Gegenüber wissen möchte, sondern Dank der sozialen Medien, eher am projizierten Abbild desjenigen interessiert ist. Ob die Person vielleicht ein paar Probleme hat, die in den sozialen Medien nicht auftauchen, will man erst gar nicht wissen.
Dass das eigene Umfeld nicht gut ist, wird genauso thematisiert wie die ewige Frage nach der eigenen Existenz. Dass sich die Band hier viele Gedanken macht, wie man das darstellt, zeigt sich in den aufwendig produzierten Videos, welche sich perfekt für das Musikfernsehen eignen würden, auch wenn diese Bilder vielleicht erst spät abends gezeigt werden dürften. Die Videos sind teilweise recht blutig, passen aber zur Musik. Und selbst die extra erstellte Internetseite zum Album ist ein geniales Gimmick und rundet das Paket ab.
Nach dreizehn Titeln und einem Intro ist man durch den ganzen Kaninchenbau geschlichen um ja nicht irgendwelche Aufmerksamkeit zu erregen, wie in Horrorfilmen oder Thrillern eben. Die Reise lohnt sich aber immer wieder, da man stetig neue Facetten entdeckt oder einfach nur die brachiale Gewalt spüren möchte. Leute, denen das gewöhnliche Radio gefällt, werden sich hier nicht wohlfühlen, für die ist Underneath aber auch nicht gemacht. Es ist für Menschen, die Metal, Hardcore und andere härtere Gangarten verstehen und sich ebenso über Experimente freuen wie über einen Schlag ins Gesicht, metaphorisch gesehen.
Release: 13.03.2020
Label: Roadrunner Records
Anspieltipps (eigentlich jeder einzelne Titel): Swallowing The Rabbit Whole, In Fear, Autumn And Carbine
ganz klar 6/6 Punkten (Das Machbare ausreizen und trotzdem Kunst erschaffen.)
Code Orange . Underneath (Quelle: Artistpage von Roardrunner Records) |
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