Sonntag, 30. Januar 2022

2. Teil des Interviews mit Fritz und Fritz von Rauchen.

Wenn ihr wissen möchtet, warum die Band Rauchen heißt oder warum die Tracks auf Nein sind, wie sie sind, kann hier den ersten Teil des Interviews mit Fritz und Fritz lesen.

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Rauchen: Fritz Kröbel (bass), Philipp Oppenhäuser (guitar), 
Nadine Jehle - Müller (vocals), Fritz Heidel (drums)
(Quelle: Presskit von Fleet Union)


Die Corona-Geschichte wollte ich eigentlich außen vor lassen, man kommt aber auch nicht drumherum. Was habt ihr für Marotten, wenn es auf die Bühne geht? Was macht ihr oder was lasst ihr lieber sein, damit ihr auf der Bühne richtig funktionieren könnt und keine Fehler macht?

Kröbel: Wir haben schon ewig keine Konzerte mehr gespielt. Eigentlich gehen wir ohne irgendwelche Rituale auf die Bühne. Nadine singt sich nicht mal richtig warm, vielleicht ganz kurz. Ich habe selbst keine Rituale, außer vielleicht zwei, drei Bier zu trinken. 

Heidel: Nadine habe ich sich noch nie Warmsingen hören. 

Kröbel: Die raucht vorher noch eher.

Heidel: Tatsächlich geht sie eher noch mit dem letzten Stummel einer Zigarette zur Bühne. Das ist mein Eindruck. Ich muss mir vor dem Konzert das Biertrinken verbieten. Ich trinke ein paar auf der Bühne, die gehen auch relativ schnell weg, aber mit mehr als einem Bier am Schlagzeug, das macht dem Rest der Band keinen Spaß. Mir doppelt und dreimal so viel, dem Rest halt nicht.

Kröbel: Ich trinke nicht mehr auf der Bühne, das kann ich nicht gut. Ich trinke eher davor und danach.

Ich hatte ne Gruppe interviewt, da hieß es: „Wir können nicht trinken, weil dann unser Timing raus wäre und unsere Songs würden scheiße klingen.“ Die haben viel mit Loops gearbeitet.

Heidel: Ja kenne ich, nur dass ich eben zwei Stöcke in der Hand hab.

Nadine macht sich wirklich nicht ihre Stimme warm? Weil wenn sie so abgeht, macht sie in ein paar Jahren den Oli Sykes von Bring Me The Horizon. Dann sind die Stimmbänder einfach mal durch.

Heidel: Ne, sie hat einfach nur eine saugute Technik. Das muss ja nicht über die Stimmbänder gehen. Du kannst das ja auch eher wie einen Kehlkopfgesang machen, du kannst viel über die Atemtechnik machen, es geht auch über die Mundhöhle, es gibt Leute, die schreien halb aus der Nase. Ich kenne jetzt ihre Technik nicht, aber sie hat eine, bei der sie nicht heiser wird.

Wäre schon krass, wenn sie im Folgesong ne Oktave tiefer sänge. Wer sind die Helden aus eurer Jugend?

Kröbel: (lacht) Da gibt es bandintern große Grabenkämpfe. Nadines und meine Helden sind die Chili Peppers, wir gehen im Sommer, wenn die Jungs hier sind, auch ins Stadion.

Heidel: Die Jugendhelden von Philipp und mir sind Rage Against The Machine. Das sind die beiden Lager, die wir in der Band haben.

Denkt ihr also auch, dass die deren Weltbilder heute immer noch zu euch passen? Bei RATM ist es ja offensichtlich: gegen das Establishment, gegen Cops, die Schwarze niederschießen, gegen Kapitalismus in jeglicher Form. Auf der anderen Seite RHCP.

Kröbel: Sonne, Surfen, jo.

Aber auch der erste Funk. Auf Viva gab es Zeiten, wo noch Musikvideos liefen. Da gab es dann auch RHCP-Videos aus den 80ern, oder frühe 90er.

Heidel: Du meinst da, wo die alle high waren und nie nüchtern.

Waren die das nicht sogar bis Californication?

Kröbel: Ich finde die Songs einfach geil. Die haben sich jetzt auch nicht so viel Sachen geleistet.

Heidel: Die Chili Peppers sind auf jeden Fall keine Corona-Leugner:innen, zumindest nicht, dass ich es wüsste. Die haben sich auch nicht pro-Trump positioniert oder sonst irgendeinen Scheiß von sich gelassen. Die sind jetzt einfach weirde, tätowierte, mittelalte Männer.

Kröbel: Das ist ne Tatsache. Solange Nadine mit mir zu denen aufs Konzert geht, müssen die okay sein.

Was müsste eurer Meinung nach im Osten passieren, damit wir hier in Relation zu euch in Hamburg weltoffener werden und nicht solche zustände haben, wie sie hier gerade zu finden sind? Damit sich das in etwas positives verändert.

Heidel: Ich glaube, dass Problem ist nicht das Hier und Jetzt, sondern die letzten 30 Jahre und der Umgang mit der Wende. Eine BRD hat es einfach nicht hinbekommen Ostdeutschland anzuschließen, sondern systematisch ausgeblutet. Das Problem ist nicht: Wie kann man jetzt das Blatt wenden? - sondern - Wie kann man jetzt Schaden begrenzen.

Kröbel: Ich glaube auch. Beim Abendessen habe ich nen Kommentar gehört, zu dem Fackelaufmarsch in Sachsen. Da ging es auch genau darum. In der DDR gab es bereits diese Tendenzen, diese sind aber rigoros unterdrückt worden. In der Wendezeit meinte ein Ministerpräsident aus Sachsen: „ Es gibt hier kein Problem.“ Mit dieser Geisteshaltung zeigt sich schon, dass man das sehr gern ignoriert hat. Ich finde es aber auch schwierig. Wir sind alle Kids aus dem Westen und ich war Sachsen, ich war mal auf Urlaub, ich war auf Shows, aber ich habe da kaum Bezüge zu. Es schwierig aus meiner Perspektive also etwas darüber zu sagen, was sich ändern muss.

Habt ihr da Unterschiede bei den Menschen oder Gästen auf euren Shows gemerkt? Also zwischen West und Ost? Oder gab es Schnittmengen?

Heidel: Ich habe da keine Unterschiede festgestellt, bei den Leuten mit denen wir ne Show machen.

Kröbel: Wir haben keine großen Unterschiede festgestellt. Außer vielleicht morgens, wenn man zum Bäcker geht. Aber das ist in Mühlheim auch anders als in Hamburg oder in Stuttgart.

Heidel: Dortmund reicht eigentlich schon. Das einzige was mir einfällt, ist das Festival, wo wir im Erzgebirge gespielt haben. Am nächsten Morgen hieß es: schließt gut zu, wenn ihr das Haus verlasst, in dem ihr schlaft, vielleicht kommen Nazis vorbei. Aber das kann die in Dortmund auch passieren. Die Trennung für uns verwöhnte Wessi-Kids, ist eher eine Trennung im Kopf. Für andere Menschen ist das harte Realität: Lohnunterschiede, systematische Benachteiligung, auch der Eltern und Großeltern, einer ganzen Generation. Wir merken selbst aber den Unterschied nicht.

Jetzt sind wir arg in die Politik abgeglitten. An Ende eines jeden Interviews stelle ich in der Regel Spaßfragen, weil die Interviews meist vor den Konzerten sind. Das lockert das Ganze nochmal etwas auf. Seid ihr eher Hunde- oder Katzenmenschen?

Kröbel: Ich definitiv Hund.

Heidel: Bei mir ist es ein Unentschieden, also definitiv beides. Ich habe zwei Karten, finde Hunde aber auch ziemlich stark.

Wobei Katzen ja sehr eigen sind.

Heidel: Ja, sind aber auch ziemlich coole Tiere. Hunde sind auch sehr eigen.

Seid ihr eher die Tee- oder eher die Kaffeetrinker?

Heidel: Kaffee.

Kröbel: Tee.

Erneut ein gespaltenes Lager. Aber wo wir schon bei Getränken sind, was ist euer Lieblingsgetränk? 

Kröbel: Bier.

Heidel: Wahrscheinlich Bier. Momentan alkoholfrei, weil ärztlich verordnet, aber Bier.

Musst du Antibiotika schlucken?

Heidel: Ja, so ist es. Ist leider auch chronisch, passiert.

Was sind eure Lieblingsjahreszeiten?

Heidel: Frühling und Herbst.

Kröbel: Frühling und Sommer.

Also die Zeit, wenn es draußen wieder wärmer wird. Wenn es los geht mit den Festivals und Konzerten und wo man länger draußen sitzen kann.

Kröbel: Ja, so in etwa.

Seid ihr eher Stadt- oder eher Landmenschen?

Kröbel: Stadt.

Heidel: Beides wahrscheinlich. Eher Stadt als Land, aber eher beides. Ruhe ist zwar cool, aber Infrastruktur auch.

Kröbel: Es kann sich ja noch alles ändern, wenn man älter wird. Dann danke ich euch erstmal für eure Zeit, dass ihr hier mit mir das Interview gemacht habt.

Heidel: Danke dir, für das Interview.

Kröbel: Danke, André.

Liebend gerne und es tut mir leid, dass das Internet hier heute so wackelig war. Ich wünsche euch einen angenehmen Abend und vielleicht sehen wir uns auf irgendeinem Konzert in der näheren Umgebung.

Heidel: Voll gerne. Komm vorbei und sag hallo!

Kröbel: Liebend gerne.