Posts mit dem Label Interview werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Interview werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Sonntag, 30. Januar 2022

2. Teil des Interviews mit Fritz und Fritz von Rauchen.

Wenn ihr wissen möchtet, warum die Band Rauchen heißt oder warum die Tracks auf Nein sind, wie sie sind, kann hier den ersten Teil des Interviews mit Fritz und Fritz lesen.

--

Rauchen: Fritz Kröbel (bass), Philipp Oppenhäuser (guitar), 
Nadine Jehle - Müller (vocals), Fritz Heidel (drums)
(Quelle: Presskit von Fleet Union)


Die Corona-Geschichte wollte ich eigentlich außen vor lassen, man kommt aber auch nicht drumherum. Was habt ihr für Marotten, wenn es auf die Bühne geht? Was macht ihr oder was lasst ihr lieber sein, damit ihr auf der Bühne richtig funktionieren könnt und keine Fehler macht?

Kröbel: Wir haben schon ewig keine Konzerte mehr gespielt. Eigentlich gehen wir ohne irgendwelche Rituale auf die Bühne. Nadine singt sich nicht mal richtig warm, vielleicht ganz kurz. Ich habe selbst keine Rituale, außer vielleicht zwei, drei Bier zu trinken. 

Heidel: Nadine habe ich sich noch nie Warmsingen hören. 

Kröbel: Die raucht vorher noch eher.

Heidel: Tatsächlich geht sie eher noch mit dem letzten Stummel einer Zigarette zur Bühne. Das ist mein Eindruck. Ich muss mir vor dem Konzert das Biertrinken verbieten. Ich trinke ein paar auf der Bühne, die gehen auch relativ schnell weg, aber mit mehr als einem Bier am Schlagzeug, das macht dem Rest der Band keinen Spaß. Mir doppelt und dreimal so viel, dem Rest halt nicht.

Kröbel: Ich trinke nicht mehr auf der Bühne, das kann ich nicht gut. Ich trinke eher davor und danach.

Ich hatte ne Gruppe interviewt, da hieß es: „Wir können nicht trinken, weil dann unser Timing raus wäre und unsere Songs würden scheiße klingen.“ Die haben viel mit Loops gearbeitet.

Heidel: Ja kenne ich, nur dass ich eben zwei Stöcke in der Hand hab.

Nadine macht sich wirklich nicht ihre Stimme warm? Weil wenn sie so abgeht, macht sie in ein paar Jahren den Oli Sykes von Bring Me The Horizon. Dann sind die Stimmbänder einfach mal durch.

Heidel: Ne, sie hat einfach nur eine saugute Technik. Das muss ja nicht über die Stimmbänder gehen. Du kannst das ja auch eher wie einen Kehlkopfgesang machen, du kannst viel über die Atemtechnik machen, es geht auch über die Mundhöhle, es gibt Leute, die schreien halb aus der Nase. Ich kenne jetzt ihre Technik nicht, aber sie hat eine, bei der sie nicht heiser wird.

Wäre schon krass, wenn sie im Folgesong ne Oktave tiefer sänge. Wer sind die Helden aus eurer Jugend?

Kröbel: (lacht) Da gibt es bandintern große Grabenkämpfe. Nadines und meine Helden sind die Chili Peppers, wir gehen im Sommer, wenn die Jungs hier sind, auch ins Stadion.

Heidel: Die Jugendhelden von Philipp und mir sind Rage Against The Machine. Das sind die beiden Lager, die wir in der Band haben.

Denkt ihr also auch, dass die deren Weltbilder heute immer noch zu euch passen? Bei RATM ist es ja offensichtlich: gegen das Establishment, gegen Cops, die Schwarze niederschießen, gegen Kapitalismus in jeglicher Form. Auf der anderen Seite RHCP.

Kröbel: Sonne, Surfen, jo.

Aber auch der erste Funk. Auf Viva gab es Zeiten, wo noch Musikvideos liefen. Da gab es dann auch RHCP-Videos aus den 80ern, oder frühe 90er.

Heidel: Du meinst da, wo die alle high waren und nie nüchtern.

Waren die das nicht sogar bis Californication?

Kröbel: Ich finde die Songs einfach geil. Die haben sich jetzt auch nicht so viel Sachen geleistet.

Heidel: Die Chili Peppers sind auf jeden Fall keine Corona-Leugner:innen, zumindest nicht, dass ich es wüsste. Die haben sich auch nicht pro-Trump positioniert oder sonst irgendeinen Scheiß von sich gelassen. Die sind jetzt einfach weirde, tätowierte, mittelalte Männer.

Kröbel: Das ist ne Tatsache. Solange Nadine mit mir zu denen aufs Konzert geht, müssen die okay sein.

Was müsste eurer Meinung nach im Osten passieren, damit wir hier in Relation zu euch in Hamburg weltoffener werden und nicht solche zustände haben, wie sie hier gerade zu finden sind? Damit sich das in etwas positives verändert.

Heidel: Ich glaube, dass Problem ist nicht das Hier und Jetzt, sondern die letzten 30 Jahre und der Umgang mit der Wende. Eine BRD hat es einfach nicht hinbekommen Ostdeutschland anzuschließen, sondern systematisch ausgeblutet. Das Problem ist nicht: Wie kann man jetzt das Blatt wenden? - sondern - Wie kann man jetzt Schaden begrenzen.

Kröbel: Ich glaube auch. Beim Abendessen habe ich nen Kommentar gehört, zu dem Fackelaufmarsch in Sachsen. Da ging es auch genau darum. In der DDR gab es bereits diese Tendenzen, diese sind aber rigoros unterdrückt worden. In der Wendezeit meinte ein Ministerpräsident aus Sachsen: „ Es gibt hier kein Problem.“ Mit dieser Geisteshaltung zeigt sich schon, dass man das sehr gern ignoriert hat. Ich finde es aber auch schwierig. Wir sind alle Kids aus dem Westen und ich war Sachsen, ich war mal auf Urlaub, ich war auf Shows, aber ich habe da kaum Bezüge zu. Es schwierig aus meiner Perspektive also etwas darüber zu sagen, was sich ändern muss.

Habt ihr da Unterschiede bei den Menschen oder Gästen auf euren Shows gemerkt? Also zwischen West und Ost? Oder gab es Schnittmengen?

Heidel: Ich habe da keine Unterschiede festgestellt, bei den Leuten mit denen wir ne Show machen.

Kröbel: Wir haben keine großen Unterschiede festgestellt. Außer vielleicht morgens, wenn man zum Bäcker geht. Aber das ist in Mühlheim auch anders als in Hamburg oder in Stuttgart.

Heidel: Dortmund reicht eigentlich schon. Das einzige was mir einfällt, ist das Festival, wo wir im Erzgebirge gespielt haben. Am nächsten Morgen hieß es: schließt gut zu, wenn ihr das Haus verlasst, in dem ihr schlaft, vielleicht kommen Nazis vorbei. Aber das kann die in Dortmund auch passieren. Die Trennung für uns verwöhnte Wessi-Kids, ist eher eine Trennung im Kopf. Für andere Menschen ist das harte Realität: Lohnunterschiede, systematische Benachteiligung, auch der Eltern und Großeltern, einer ganzen Generation. Wir merken selbst aber den Unterschied nicht.

Jetzt sind wir arg in die Politik abgeglitten. An Ende eines jeden Interviews stelle ich in der Regel Spaßfragen, weil die Interviews meist vor den Konzerten sind. Das lockert das Ganze nochmal etwas auf. Seid ihr eher Hunde- oder Katzenmenschen?

Kröbel: Ich definitiv Hund.

Heidel: Bei mir ist es ein Unentschieden, also definitiv beides. Ich habe zwei Karten, finde Hunde aber auch ziemlich stark.

Wobei Katzen ja sehr eigen sind.

Heidel: Ja, sind aber auch ziemlich coole Tiere. Hunde sind auch sehr eigen.

Seid ihr eher die Tee- oder eher die Kaffeetrinker?

Heidel: Kaffee.

Kröbel: Tee.

Erneut ein gespaltenes Lager. Aber wo wir schon bei Getränken sind, was ist euer Lieblingsgetränk? 

Kröbel: Bier.

Heidel: Wahrscheinlich Bier. Momentan alkoholfrei, weil ärztlich verordnet, aber Bier.

Musst du Antibiotika schlucken?

Heidel: Ja, so ist es. Ist leider auch chronisch, passiert.

Was sind eure Lieblingsjahreszeiten?

Heidel: Frühling und Herbst.

Kröbel: Frühling und Sommer.

Also die Zeit, wenn es draußen wieder wärmer wird. Wenn es los geht mit den Festivals und Konzerten und wo man länger draußen sitzen kann.

Kröbel: Ja, so in etwa.

Seid ihr eher Stadt- oder eher Landmenschen?

Kröbel: Stadt.

Heidel: Beides wahrscheinlich. Eher Stadt als Land, aber eher beides. Ruhe ist zwar cool, aber Infrastruktur auch.

Kröbel: Es kann sich ja noch alles ändern, wenn man älter wird. Dann danke ich euch erstmal für eure Zeit, dass ihr hier mit mir das Interview gemacht habt.

Heidel: Danke dir, für das Interview.

Kröbel: Danke, André.

Liebend gerne und es tut mir leid, dass das Internet hier heute so wackelig war. Ich wünsche euch einen angenehmen Abend und vielleicht sehen wir uns auf irgendeinem Konzert in der näheren Umgebung.

Heidel: Voll gerne. Komm vorbei und sag hallo!

Kröbel: Liebend gerne.

Dienstag, 21. Dezember 2021

1. Teil des Interviews mit Fritz und Fritz von Rauchen.

Nachdem ihr hier das Review zu NEIN lesen könnt, habe ich die Chance bekommen zwei Mitglieder der Band via zoom zu interviewen. Ich sprach am 03.12. mit Fritz Kröger, Bassist der Band, und Fritz Heidel, der dort schlägt die Felle. 
--

Rauchen: Nadine Jehle - Müller (vocals), Fritz Heidel (drums), 
Fritz Kröbel (bass), Philipp Oppenhäuser (guitar)
(Quelle: Presskit von Fleet Union)

Was natürlich zuerst ins Auge fällt: der Name der Band. Rauchen. Der Name ist relativ provokativ. In der Schule waren die Raucher früher die Coolen in der Schule, das Marketing hat die Raucher als harte Kerle abgestempelt und in „Stirb Langsam“ sieht man, wie sich Bruce Willis im Flughafenterminal erstmal eine Kippe anzündet. Rauchen ist heutzutage verpönt, Raucher müssen vor die Tür. Woher kommt der Name?

Fritz Kröbel: Ich bin bei der Bandgründung der einzige Nichtraucher gewesen und bin es tatsächlich immer noch. Wir hatten bereits einen englischsprachigen Namen, da haben wir aber noch nichts aufgenommen. Das hat sich dann ein bißchen zerschlagen und aus Mangel an Alternativen und in Hamburg gibt es einen Kiosk, der heißt „Tabakbörse“, danach haben wir auch unsere erste EP benannt. Da haben wir dort immer nach den Proben abgehangen und Bier getrunken. Wir haben damals in einem alten Bunker geprobt, da haben wir es nur eine halbe Stunde drin ausgehalten und sind dann zur Tabakbörse. Unser Gitarrist (Philipp Oppenhäuser) meinte dann irgendwann, lass die Band doch „Rauchen“ nennen, als wir dann alle rauchten, außer mir. Jeder hat dann eine Nacht drüber geschlafen und wir haben dann unsere Telegramm-Gruppe umbenannt in Rauchen und so ist das geblieben. Oder Fritz, hast du da ne andere Geschichte? 

Fritz Heidel: Nadine und ich haben bei dem letzten Interview herausgefunden, dass jeder eine andere Story zu diesem Namen hat. In der Essenz ist es aber genau das: wir saßen irgendwann biertrinkend um die Ecke von unserem Proberaum, weil keiner irgendwie Bock hatte in dem Bunker abzuhängen und dann sagte irgendwer: „Rauchen, ja genau, Rauchen.“ Für manche war das sofort klar, andere mussten noch eine Nacht drüber schlafen und dann ist es das geworden. Es gab da auch erstmal keinen tieferen Sinn, es klang halt cool und dann haben wir entschieden: Das ist es jetzt. 

Die Konstellation auf dem Album hört sich so an, als wurde es aus drei EPs zusammengestellt. Das ist auch unüberhörbar. Warum sind die Brecher alle in der Mitte? Es fühlt sich wie ein Aufstieg an, man schwoft, es ist shoegazig. Dann wird einem direkt in den Nacken getreten, die Nadine rastet vollständig aus und dann geht es später wieder bergab. Wer hatte die Idee? 

Heidel: Die Idee war, dass wir drei EPs rausbringen und dass diese nicht alle gleichzeitig sondern zeitversetzt veröffentlicht werden. Mit ersten EP wollten wir zeigen, dass wir etwas neues gemacht haben. Mit der zweiten EP wollen wir aber die Menschen, die unsere erste EP kennen. Die Reihenfolge auf der Vinyl ist der Reihenfolge des Releases geschuldet. Wir wollten erste was neues rausbringen, dann wollten wir ne EP rausbringen, auf der wir zeigen, dass wir immer noch Krach machen. Und danach, etwas was fernab der ersten und zweiten EP ist. Das ist zumindest unsere Wahrnehmung. 

Meine subjektive Meinung ist, dass EP I und EP III so ein bisschen aneinanderknüpfen. Der Zwischenpart wirkt eher so: „Wir treten euch immer noch kaputt, weil ihr das so wollt.“ 

Heidel: Wenn du das so sagst. 

Ich finde es interessant. Sowas kennt man von Rolo Tomassi oder Employed To Serve. Die Frau am Mikro rastet völlig aus und die Mitglieder steigen mit ein, als wenn es kein Halten mehr gibt. Man hat als Zuhörer nach dem Rand gesucht, wo man mal kurz Luft holen konnte. Bei eurem Album ist das ja gegeben. Man muss aber geistig bei eurem Album dabei bleiben. 

Kröbel: Wenn du es auf Platte hörst, sind die ersten beiden EPs auf der A-Seite und die dritte ist auf der anderen Seite. Wir haben es auch nicht so geschrieben, dass man es hintereinander hören muss. Ich zum Beispiel höre die EPs eher in sich, nicht von EP I bis EP III, sondern eher als einzelne Schritte. Und man muss auch sagen, dass unsere beiden Platten, die wir vorher gemacht haben, sehr ähnlich wie EP II waren. Wir wollten da kurz nochmal hin, dennoch wollten wir auch was anderes wagen. 

Ein Intro erinnerte mich so ein bisschen an einen Rocky-Film. Ihr wechselt dann aber in einen anderen Rhythmus, was dann verwundert. 

Kröbel: Du meinst das Europe-mäßige? 

Heidel: Was so klingt wie I Of The Tiger

Genau. Bei den Texten weiß ich jetzt leider nicht, inwiefern ihr da mitgewirkt habt. Da wird wahrscheinlich eher die Nadine was zu sagen können. Was mir aufgefallen ist: die berechtigte Kritik an der heutigen Gesellschaft. In Monopoly zum Beispiel, wo man selber sagt: „Moment, das geht so nicht, wie es hier gerade läuft.“ Oder auch Schlüsselkind: sie singt scheinbar aus der Sicht eines Mannes und findet es normal. Bei Männern würde man nicht stutzen, bei einer Frau eher schon. Oder ist das mein Missverständnis und mein versautes Denken durch den Deutschunterricht? 

Kröbel: Nadin schreibt eigentlich die Texte, sie hat freie Handhabe. Sie kommt dann mit einem fertigen Text und stellt ihn uns vor. Das Konzept der drei EPs ist, dass sich eine Sache entwickelt. EP I ist eine Momentaufnahme, EP II ist ein Transformationsprozess und EP III ist eine Wunschvorstellung. Da ist „Schlüsselkind“ eine Wunschvorstellung, wie es sein sollte. Dass man als Frau alleine nach Hause gehen kann, ohne das Handy am Ohr zu haben und zu tun als hätte man ein Gespräch. Das ist die Utopie, die angestrebt wird. Fritz, möchtest du dazu noch mehr sagen? 

Heidel: Ja. Die Idee ist in dem Fall, dass es nicht darum geht, wie es wäre, wenn eine Frau das macht, was Männer machen. Bei der dritten EP, zu der „Schlüsselkind" gehört, ist ein positiver Ausblick, eine Utopie. Was würde man als Frau als erstes machen, wenn es keine Typen gäbe. Oder wenn das alles nicht irgendwie scheiße besetzt wäre. Man könnte sich einfach, ohne eine Gefahr zu sehen, in den Park setzen und sich betrinken. Oder einfach so Musik hören und beim Nachhauselaufen keinen Schlüssel in der Hand haben. Die ganzen Situationen, die da beschrieben werden, sollen so gesehen werden, dass man ohne irgendwelche Sorgen oder Hintergedanken nach Hause gehen kann. 

Ist das in Hamburg auch so ein Thema? Ich dachte, dass man da schon etwas weiter ist, als meinetwegen hier im Osten? 

Heidel: Ist das nicht vielleicht eher ein Problem auf der ganzen Welt? 

Ich dachte man wäre da Jahre voraus, als hier in Cottbus, wo ich wohne. Da überlegt man sich: „Oh, die Querschwurbler sind in der Stadt, geh mal lieber nicht vor die Tür.“ In Hamburg oder in Berlin würde ich nie drüber nachdenken. 

Heidel: Da geht es weniger um Nazis als um Männer und generell Gewalt, die von Männern aus geübt wird. Dumm gesagt, kannst du ja mal einen Feldtest und weiblichen Freundinnen vortragen. Du kannst dann ja Fragen: „Läufst du auch manchmal mit einem Schlüssel in der Hand nach Hause, wenn du Angst hast?“ Oder „Tust manchmal so, als würdest du telefonieren, wenn jemand auf deinem Heimweg hinter dir herläuft?“ Das ist egal ob in Cottbus oder sonst woanders auf dieser Welt. Das ist das Patriarchat immer noch ein Ding. Gewalt an Frauen und Einschuss für die Filterung von Frauen in alltäglichen Situationen ist immer noch ein Ding. Die gesamte EP muss aufmerksam gehört werden. Dadurch, dass die Texte auf Deutsch sind, sind sie für uns im deutschsprachigen Raum greifbar. Man kann aber auch an einigen Stellen, wenn man nicht ganz so fit ist, missinterpretierten, wenn man es so will. 

 Kröbel: Die Texte sind aber mit Absicht so. Aber das ist nicht das erste Mal, dass wir Fragen zu „Schlüsselkind“ bekommen haben. Aber darum geht es auch. Unsere ersten EPs waren noch sehr eindeutig, ist es hier ein bisschen mehr Platz für Interpretation. Man fällt nicht direkt mit der Tür ins Haus.

Stellt euch vor, eure Texte würden in hundert Jahren im Deutschunterricht behandelt. 

Heidel: (lachend) Cool wäre es, aber ich denke mal, dass die was Besseres zu lesen haben als unsere Musik.

Wenn man aber überlegt, was so im generischen Radio, in der UKW-Landschaft so läuft, ist das recht eintönig und echt zu beliebig. Mir sind Texte, die zum Nachdenken einlädt oder Musik, die aus dem Rahmen fällt, lieber. 

Heidel: Das ist ja vollkommen verständlich. Die Idee von Radio ist ja meistens irgendwie Hintergrundgeplänkel. Es wird aber auf der anderen Seite einfach das bedient, was Menschen hören wollen. Und wenn Menschen in diesem Moment irgendetwas Belangloses hören wollen, dann wollen sie das wohl hören. Und das ist ja vollkommen ok. 

Kann aber auch dazu führen, dass man irgendwann irrelevant wird, weil der Sound out ist. 

Heidel: Das ist ja auch Teil des Geschäfts. Wenn die Teil der Musikbranche bist und damit irgendwie Kohle machen willst, dann musst du dich an den Käufer:innen orientieren. 
 
Kröbel: Stell die vor, wir würden im Radio laufen. 

Heidel: Wenn wir im Radio liefen, wäre das cool. Aber stell dir mal vor, die Leute würden sagen, ihr seid radiotauglich. Dann wäre das halt so. 

Es gibt hier einen Radiosender in der Region, radioeins, der ist auch eher für Musiknerds gedacht. Da könnte man euch spielen, zumindest die shoegazigen Sachen. Die anderen wären etwas out of place, aber das ist schon gut. Wo wir gerade dabei sind. Wer kam auf die Idee, Shoegaze hineinzumischen. 

Kröbel: Ich fand es lustig, dass du Shoegaze gesagt hast. Wir haben jetzt schon sehr viel gehört: Postpunk, Grunge, alles mögliche. Ganz allgemein kann man sagen, dass es schwer einzuordnen ist, was es denn ist. Shoegaze kommt hier und da vielleicht hin, aber ich bin auch der einzige in der Band, des das ansatzweise hört. Grundsätzlich haben wir bei Null angefangen und wir haben uns am Anfang auch gesagt, dass wir was neues machen wollen. Wir wollten weg von dem klassischen Geballer, was wir gemacht haben. Wir haben dann, dank Corona, sehr viel Zeit im Proberaum verbracht. Vor allem auch zu dritt mit unserem Gitarristen Philipp. Der hat viele neue Pedals und unser Schlagzeuger (Fritz Heidel) hat viele Riffs und Songideen mit reingebracht. So haben wir dann einfach gebastelt und am Ende ist das dabei herausgekommen. Das betrifft aber alle drei EPs. Wir haben die Stücke durcheinander geschrieben, als fließender Prozess. 

Jetzt kommt ein kleiner Bruch: 
Habt ihr sowas Day-Jobs, wo dann vielleicht die Inspiration und Ideen für die Songs herkommen? 

Heidel: Die Inspiration für die Musik ziehe ich aus allem anderen, außer der Arbeit. Ich weiß nicht, ob das bei dir anders ist Fritz. 

Kröbel: Bei den Texten, ohne da jetzt zu viel zu sagen, zieht die Nadine da sehr viel aus der Arbeit. Wir müssen das jetzt aber nicht weiter vertiefen. Es ist aber recht unterschiedlich, wo wir unsere Interpretationen herbekommen. Arbeit ist ja auch ein Thema auf der EP. Wenn du die Monotonie anhörst, da geht es um die Monotonie der Arbeitswelt. 

… und dass dein Boss nicht dein Freund ist. Schmerzliche Erfahrungen durfte ich damit schon machen. 

Heidel: Wer nicht? Wer nicht? 

Aber ist das dann eher so ein amerikanisches Ding? Man ist 9 to 5 auf Arbeit, macht noch ein paar Überstunden und geht dann noch mit dem Betrieb in ne Bar? In meinem alten Betrieb kannte ich ein paar Leute, mit denen man auch abends einen trinken hätte gehen können, aber doch nicht mit dem ganzen Betrieb. 

Heidel: Ne, locker nicht. Es kommt auch drauf an, wo du arbeitest und wie. Natürlich kannst du nicht immer mit allen Menschen, aber je nachdem wo du arbeitest, kannst du mit dem Großteil der Leute gut und gern noch ein Bier trinken. Ich habe bis Corona in der Life-Musik-Branche gearbeitet und hab immer noch mit Philipp zusammen eine kleine Managementagentur. Wenn wir da noch life unterwegs gewesen sind und ne Tour gemacht haben, haben wir dann abends am Bus noch ein Bier getrunken. Das gehört einfach dazu, ist aber auch dem Job un dem Arbeitsumfeld geschuldet. In meinem jetzigen Job würde ich das nicht machen, denke ich.

Donnerstag, 8. März 2018

2. Teil des Interviews mit Margrét Rán von Vök

Wenn ihr mehr darüber erfahren wollt, was Margrét Rán über ihre Band Vök denkt, was sie von Island hält und was ihr Lieblingsbuch ist, solltet ihr unbedingt den ersten Teil des Interviews lesen. Außerdem erhaltet ihr hier die Referenz zu den Gilmore Girls.

--

Was vermisst du am meisten, wenn du auf Tour bist? 

M: Ich vermisse mein Stammcafé. Das ist in meiner Heimatstadt Hafnarfjörður, wo ich dann normalerweise jeden Tag bin. Das fehlt mir gerade.

Kennst die Luke's Diner von den Gilmore Girls? 

M: Nein, aber ich vermisse das Café und natürlich meine Familie und meine Freunde. Und mir fehlt mein Bett.

Ist das Leben in Island nicht sehr teuer? 

M: Es ist sogar sehr teuer, wenn man dort einkaufen geht. Als wir nach Europa gekommen sind, haben wir nur gelacht als wir die Preise hier gesehen haben. In Island kann man nicht wirklich viel anbauen, dennoch gibt es einiges an Gemüse, was dort wächst.

Bei Vök ist jeder ein Tischtennismeister
(Quelle: Presskit von Nettwerk)

Was war das schrägste oder schlimmste, was bisher auf Tour passiert ist? 

M: Lass mich mal überlegen. Ich wurde krank und habe einfach zwanzig Stunden am Stück geschlafen. Ich konnte meine Augen einfach nicht mehr offen halten und hatte keine Energie mehr um weiterzumachen. Ich hab dann also diese zwanzig Stunden geschlafen, das war großartig. Das lustigste Erlebnis hatte ich in Italien. Wir haben eine kleine Tischtennismeisterschaft in einem unserer Hotelzimmer veranstaltet, geschlagene drei Stunden lang.

Habt ihr irgendwelche Regeln wenn ihr auf Tour seid? Wie: Kein Bier im Van oder Fahrer darf am Abend keinen Alkohol trinken? 

M: Wir halten gerne alles professionell. Es mag für einige sicher normal sein, ein oder zwei alkoholische Getränke zu sich zu nehmen, aber es ist wie Arbeit. Also trinken wir keinen Alkohol und nehmen keine Drogen.

Also kein Rock'n'Roll Lebensstil im Van? 

M: Manchmal veranstalten wir sowas wie die Tischtennismeisterschaft. Man muss sich ja auch mal entspannen können. Man kann nicht einfach die ganze Zeit funktionieren, wenn man einen Monat auf Tour geht. Auf dieser Tour gibt es vier Tage frei und da können wir nicht die ganze Zeit betrunken sein. Das funktioniert zumindest nicht für mich und meine Bandmitglieder.

Ist Alkohol bei euch auch so teuer, wie in all den anderen skandinavischen Ländern?

M: Es ist teuer, vor allem wenn du in eine Bar gehst und ein Bier vom Fass nimmst. Da sind dann mal eben umgerechnet zehn Euro weg. Wir haben zwar auch Happy Hours, dennoch ist das ganze ziemlich kostspielig.

Was denkst du aktuell über die Musikindustrie? 

M: Es ist schwer, aber da muss man eben durch um zu überleben und dabei zu sein. Ich hatte ja vor dem hier keine Ahnung, wie es sein würde. Ich zeige unseren Fans gerne, was wir machen und das ganze drumherum. Und ich denke, dass das alles von den sozialen Medien zusammengehalten wird.

Was steckte hinter der Idee, eure beiden EP's Tension und Circles auf Soundloud zu laden. Es ist ziemlich einfach diese EP's den ganzen Tag zu streamen, ohne das einem dabei langweilig wird. 

M: Ich habe absolut keine Ahnung. Natürlich benutzen wir Soundlcoud und das alles ist kostenlos. Aktuell wollen wir eher zu Spotify, damals war Soundcloud der heiße Scheiß, als wir unsere erste EP veröffentlicht haben.

Also ist der heiße Scheiß gerade Spotify? 

M: Japp.

Wirklich? 

M: Japp. 

Ich hab in einem Interview von einer Band erfahren, dass aus dieser Plattform direkt ein neues Genre resultierte: Spotify-Musik. Denn man muss den Zuhörer innerhalb der ersten dreißig Sekunden einfangen. 

M: Ich denke, dass das zur Zeit der einzige Weg ist, bezahlt zu werden. Natürlich wird man auf Bandcamp und ähnlichen Seiten auch bezahlt, das meiste kommt dennoch von Spotify.

Verändert das deine Herangehensweise, neue Musik zu schreiben und zu spielen? Oder denkst du eher, dass du dieser Formel nicht folgen musst und dein eigenes Ding durchziehen kannst? 

M: Natürlich will man, dass die Leute dein Zeug hören, wenn du aber so an das Schreiben und Spielen herangehst, verlierst du deine Daseinsberechtigung. Du willst deine eigene Marke setzen und alles nach deinem eigenen Gusto machen. Ich bin nie so herangegangen: 'Ich muss das noch interessanter machen:'

Und das Plattenlabel hat nicht dagegen?

M: Nein, nicht wirklich. Ich hatte Glück mit ihnen [Record Records und Nettwerk], sie sind eine richtig gute Gemeinschaft und ich merke, dass sie uns bei allem sehr gut unterstützen. Es sind gute Menschen und das merke ich auch. Da habe ich schon andere, schlimmere Geschichten von Bands gehört, die bei einem Plattenlabel unterschrieben haben.

Ich danke dir dafür, dass du dir die Zeit genommen hast. 

Am Ende jedes Interviews stelle ich noch ein paar einfache Fragen, um auch die Stimmung etwas aufzuheitern. 

Magst du eher Katzen oder eher Hunde. 

M: Katzen, definitiv Katzen.

Was ist dein Lieblingsgericht? 

M: Lachs.

Nur Lachs? 

M: Nein, mit gekochtem Gemüse.

Sehr gesund. Ich denke mal, dein Lieblingsgetränk ist Kaffee? 

M: Ja, ich liebe guten Kaffee.

Was ist dein Lieblingsalbum oder deine Lieblingsplaylist? 

M: Ich denke Portishead mit Dummy.

Was ist dein Lieblingssong? 

M: Der erste, der mir einfällt ist Teardrop von Massive Attack.

Gut, dann danke ich dir für deine Zeit. 

M: Ich danke dir.

2nd part of the interview with Margrét Ran from Vök

If you would like to know what Margrét thinks about Vök, Iceland and what her favorit book is than you may read the first part of the interview. And by the way, in this part you will get the reference to the Gilmore Girls. 

--

What do miss most when you are on tour?

M: I miss my coffee place. There is a coffee place in my home town Hafnarfjörður where I usually go to every day. And I miss it.

Do you know Luke's Diner from the Gilmore Girls

M: No. But, I miss the coffee, I miss of course my friends and family and I miss my bed. 

Isn't it expensive to live in Iceland? 

M: It is very expensive when you go out and buy some stuff. When we go to Europe we are just laughing about the prices. Because there isn't growing much in Iceland but we have a couple of vegetables.

Ping Pong champions all the way: Vök
(Source: Nettwerk's presskit)

What was the weirdest or worst thing that happened on tour yet? 

M: Let me think. The worst thing is that I got sick on tour and I slept 20 hours on that day. I couldn't keep my eyes open and I had no fuel left to go on further. So I slept for 20 hours and that was amazing. And the funniest thing was in Italy. We had a little Ping Pong championship for 3 hours in a little hotel room and it was amazing.

Do you have any rules when you are on tour? Like no beer bottles in the van or the driver is not allowed to drink at all. 

M: We like to keep things professional. It's okay for people to get one or two drinks, but it is like work. So we don't drink or do drugs.

So no rock'n'roll lifestyle in the van? 

M: We sometimes do things like the Ping Pong party. I mean, you have to have a little bit of fun. You can't function the whole time if you are on a month tour. On this tour we have four days of. We can't be drinking all the time that doesn't work, at least not for me and my other bandmates.

Is alcohol also expensive like in any other Scandinavian country? 

M: It is expensive especially in bars when you buy it on tap, it is like ten euros. But we do have some happy hours, but it is still expensive.

What do you think about the music industry today? 

M: It's hard and tough game, but you have go through it to survive or to be able to be in it. I had no idea that it was like it is. I love to show our fans what we're doing and everything and I think that social media is taking hold of everything.

 What was the idea behind putting your first two EP's Tension and Circles on Soundcloud? It is easy to stream these EP's the whole day and not being bored. 

M: I don't know. Of course we use Soundcloud and everything is there for free. We want to use Spotify right now, but back then Soundcloud was the hot thing when we first put out our EP.

So the hot thing right now is Spotify? 

M: Yes.

Really?

M: Yes.

I've talked to a band and they've told me that this platform has created a whole new genre called “Spotify-Music”. Because to catch the listener during the first thirty seconds. 

M: But I mean, that's the only way to get paid. I mean you can get paid on Bandcamp and stuff like that but the most comes from Spotify.

Does this change your style of writing and creating new music? Or do you think that you don't have to follow this formula and do your own thing? 

M: Of course you want people to listen to your stuff, but if your writing is like this you're losing what your purpose is. You want to have your own creative music style and own ways. I haven't been writing like that: 'I have to make it more interesting right now.'

And the record label is okay with that? 

M: Yes, kind of. I am really happy about them [Record Records and Nettwerk], there are a really good community and it feels like they are supporting us very good and they are good people and I can feel that. I've heard many harsh stories from people signing to a label. 

So thank you for your time and as usual, I would like to ask you some easy questions to cheer up the mood a little bit.

 Are you more a cat or a dog person? 

M: Cat. Definitely cat.

What is your favourite dish? 

M: I love salmon.

Just pure salmon? 

M: No, with boiled vegetables.

Very healthy. I guess your favourite drink is coffee? 

M: Yes love good coffee.

What is your favourite album or playlist? 

M: I guess Portishead Dummy.

What is your favourite song of all time? 

M: The first that comes into my mind is Teardrop by Massive Attack.

Thank you very much your time. 

M: Thank you.

Dienstag, 6. März 2018

1. Teil des Interviews mit Margrét Rán von Vök

Bereits auf dem Weg nach Berlin wurde ich angerufen, dass die Band sich 20 Minuten verspäten würde. Final waren es 30, aber das lag am Verkehr der Stadt. Zuerst haben Margrét und ich darüber gesprochen, wie ich auf diese Band gestoßen bin (es war ein Werbevideo von 66° North) und ich fragte sie, was ihr Lieblingsgetränk und ihr Lieblingssänger ist. Und nein, Margrét kennt die Gilmore Girls nicht.

--

Magst du dich vielleicht vorstellen?

Margrét: Mein Name ist Margrét Rán und ich bin die Sängerin der Band Vök aus Island. Ich spiele auch ein paar Instrumente, aber das werde ich nicht ausbreiten... oh und ich bin mit der Lead-Sänger. Ich spiele das Keyboard, den Bass und die Gitarre.

Was bedeutet dir Vök, der Name der Band oder das Projekt?

M:
Was es mir bedeutet? Interessante Frage. Natürlich bedeutet die Band mir sehr viel, sie ist eine Familie für mich. Das Projekt läuft nun schon fünf Jahre und es wächst seit dem stetig. Es ist wie Arbeit aber auch ein Baby.

Was inspiriert dich neue Musik und Texte zu schreiben?

M: Auf Tour sein inspiriert mich sehr. Ich bekomme da viele Ideen und ich glaube auch, wenn wir zuhause sind. Wir haben ziemlich mieses Wetter in Island und das kann manchmal sehr inspirierend sein. Und das auf eine komische Art und Weise.

Wirklich? Wenn man sich Dokus über Island anschaut, sieht man nur gutes Wetter, vielleicht etwas Schnee, vielleicht ist es auch kalt, aber es gibt überall glückliche Menschen.

M: Oh Gott, wie haben ohne Ende schlechtes Wetter. Man muss den Wettergott förmlich anbeten um etwas Sonne abzubekommen. Es kann aber auch schön sein und kalt und verschneit, aber der Wind ist das Schlimmste an Island. Urlaub machst du in Island am besten im Sommer.

V.l.n.r.: Einar, Margrét und Andri
(Quelle: Presskit von Nettwerk)

Sind das eigentlich primär deine Ideen hinter den Liedern und Texten oder gibt das eher einen regen Austausch zwischen dir und deinem Saxofonspieler Andri?

M: Manchmal tauschen wir Ideen aus, aber primär sind es meine Ideen. Ich fange einen Beat an oder eine Melodie und bringe das dann mit ins Studio.

Wird es dieses Jahr noch ein neues Album geben?

M: Definitiv. Wir suchen gerade nach dem richtigen Sound und dem richtigen Produzenten. Wir suchen nach dem Sound, den wir gerade spielen und wollen, denn Entwicklung ist gut für uns. Wir wollen den nächsten Schritt wagen und nicht im selben Soundgewand hängen bleiben. Für mich ist das sehr wichtig.

Wird es dann immer noch den warmen Klang der ersten EP's und des Albums geben?

M: Ja natürlich. Die neuen Klänge sind sogar noch wärmer.

Unterscheidet sich die isländische Musikszene von der in Europa?

M: Ich glaube, dass sie kleiner ist, weil auch die Gemeinschaft kleiner ist. Wir sind 300.000 Leute auf einer kleinen Insel und jeder kennt jeden. Vielleicht ist es hier in Deutschland oder sogar Europa viel härter.

Also kennst du sogar die Mitglieder von Sólstafir?

M:
Nun, ich kenne sie nicht direkt, ich habe mit ihnen aber schon geredet.

Was machst du, wenn du nicht gerade auf Tour bist oder an neuer Musik schreibst? Hast du einen Job?

M: Ich arbeite für die Firma Össur. Wir stellen Prothesen her und das gefällt mir. Und wenn ich gerade nicht an neuer Musik sitze, fahre ich gerne Ski, mache Sport oder lese Bücher.

Was ist dein Lieblingsgenre?

M:
Ich liebe Selbsthilfebücher. Eines meiner Lieblingsbücher ist Die subtile Kunst, des Daraufscheißens. Ich liebe es einfach.

Könnte auch ein Buch von Corey Taylor sein. Was für Musik hörst du oder hast überhaupt Zeit dazu?

M: Ich höre mir wirklich alles an. Aber wenn ich gerade nicht in der Stimmung bin, inspiriert zu werden und einfach nur genießen will, höre ich Billy Holliday und kubanische Musik, das beruhigt mich sehr. Ich habe eine riesige Playlist, die ich dann anschmeiße. Sonst höre ich noch Portishead, Massive Attack und anderes Zeug aus den Neunzigern.

Hörst du dir Musik mittlerweile anders an als in der Zeit vor Vök? Hast du eine andere Blickweise darauf?

M:
Ich analysiere höllisch viel, wenn ich auf Konzerte gehe und selbst wenn ich daheim Musik höre. Aber deswegen höre ich in den eigenen vier Wänden auch gerne Musik aus den 30er und 40er Jahren. Das analysiere ich gar nicht sondern genieße es einfach. Vielleicht liegt es daran, dass ich gar nicht diese Art von Musik mache.

Warum nicht? Vielleicht als Projekt nebenher?

M: Ja, vielleicht. Es ist wirklich gut sagen zu können: 'Oh, diese Snare klingt echt gut.'

Es war schwer in den 30er und 40er Jahren Musik aufzunehmen. Aber es klingt alles herzerwärmend und manchmal klingt es wie Weihnachten.

M: Genau.

--

Im zweiten Teil des Interviews erzählt mir Margrét ein paar Geschichten aus ihrem Touralltag und was sie am meisten vermisst.

1st part of the interview with Margrét Ran from Vök


First of all, I was called during my way to Berlin. The band would be 20 minutes late. All in all it was 30 minutes because of the traffic in the city. At first we spoke about how I've discovered the band (it was a commercial video for thebrand 66° North) and what the favourite beverage of the singer is. And no, Margrét doesn't the Gilmore Girls.


Could you please introduce yourself?

Margrét: My name is Margrét Rán and I'm the singer from Vök from Iceland. I play a couple of instruments but I'm not gonna mention... oh, and I am the lead singer. I do the keyboard, the bass and the guitar.

What does Vök, the name of the band or the project mean to you?

M:
Mean to me? That's an interesting question. First of all it means a lot to me. It's kind a kind of a family to me. It is a five year old project and it has been growing for five years. It is a sort of a business and a baby.

What inspires you to write new music and lyrics?

M:
It really inspires me when we are on the road. I get lots of creative ideas there and I guess when we are at home. We have major depressing weather and that can be sometimes madly inspiring. In a weird way.

Really? When I see a documentation about Iceland, there is always good weather, maybe some snow, maybe it's cold, but there are always happy people.

M: Oh god, we have loads of bad weather. You have to pray to the weather god to have sun. It can be really beautiful and cold and snowy, but the wind is the worst part about Iceland. For vacation it is better to come in the summer time.

F.r.t.l.: Einar, Margrét and Andri
(Source: Nettwerk's presskit)

So there are your ideas on the songs and lyrics or do bounce your ideas of with your saxophone player Andri?

M: Sometimes we bounce ideas of. But usually it is me and my ideas. I start with a beat and a melody and I take that to the studio.

Will there be new record this year?

M: Yes definitely. We're trying to find the right sound and producer. We're looking for the sound we want to make now because it is good for us to evolve, to make the next step and not just get stuck in one sound scape. That is very important to me.

Will there still be the warm sound from your first EP's and the record?

M:
Yes, of course. The new sounds are actually warmer.

Is the Icelandic music scene different from the European one?

M: I think the main part is smaller because of the small community. We are 300,000 people living on a small island and everybody knows each other. And maybe it's harder here in Germany or even Europe.

So you know all the band members of Sólstafir?

M:
Well, I don't know them, but I've talked to them.

What are you doing when you're not travelling or writing music? Do you have a day job?

M:
I actually work at company called Össur. We're making prosthetics and I find it quiet exiting. When I'm not writing or working I like to ski, I exercise, I read books.

What is your favourite genre?

M:
I''m all into self care books. I really love The subtle art of not giving a fuck. I like it. 

Could be a book from Corey Taylor. What kind of music are you listening to? Or is there no time for listening to some music?

M:
I literally listen to everything. But when I don't want to be inspired and enjoy it, I listen to Billy Holiday and Cuban Music, because this is really calming to me. I have long playlist that I put on. Otherwise I like to listen to Portishead and Massive Attack and all that stuff from the 90's.

Do you have a different point view of into music at this moment referring to the time before Vök? Do you listen in a different way to music?

M: I analyse a lot like when I go to a concert and even when I am listening to music at home. But that's why I like listening to 30's and 40's music, I don't analyse that. I just enjoy it. I don't analyse it because I'm not making this kind of music.

Why not? Maybe as a side project?

M: Yes, maybe. It is really good to be like: 'Oh, this snare sounds amazing.

It was hard to record music back in the 30's and 40's. But it is heart warming and sometimes it sounds like Christmas.

M: Exactly.

--

In the second part Margrét and I will talk about touring and what she misses the most.

Donnerstag, 4. Januar 2018

Teil 3 des Interviews mit Kid Dad vom 12.12.2017

Im letzten Teil frage ich, wie immer eigentlich, ein paar einfache Dinge, der Stimmung halber. Dennoch wurde es tiefgründiger. Im Vorherigen Teil ging es schon tiefgründig her, als wir über die Musikindustrie, Spotify und qualmende CD-Player gesprochen. Wer mehr erfahren möchte, muss einfach nur hier klicken.

--

Am Ende jedes Interviews frage ich immer ein paar Randomsachen, um die Stimmung etwas zu lockern. Was war bisher euer kuriosestes Tourerlebnis? Sowas, woran ihr euch noch in fünfzehn Jahre erinnern werdet.

Max: Auf unserer ersten Tour waren wir mit einem PKW und einem Anhänger unterwegs. Der PKW durfte mit dem Anhänger nur 80km/h fahren.

Marius: Der PKW ist in diesem Gespann aber 130 gefahren.

Max: Wir sind auf jeden Fall durch Bayern gefahren und da war vor uns ein Auto mit dem Hinweis, dass wir ihm doch folgen sollen... leider nicht auf Instagram. Da gab es dann 230€ Strafe plus Punkte und einem Monat Fahrverbot.

Marius: Das ist unser erstes Tourjahr, deswegen haben wir wahrscheinlich auch noch nicht so viel zu erzählen.

Martin: Wir waren schon viel auf Tour, aber abgesehen, dass wir ab und an ein bisschen zu spät kommen, ist noch nicht so viel schief gegangen.

Immer drei gegen einen, egal wie. Kid Dad aus Paderborn.

Also ist auf dem Weg hier her alles gut gegangen und seid rechtzeitig angekommen?

Alle unisono: Viel zu früh.

Mögt ihr eher Katzen oder Hunde?

Marius, Martin und Michael: Hunde

Max: Katzen.

Martin: Max, du bist raus. Aber das ist meistens so, dass das Verhältnis bei drei zu eins liegt.

Marius: Das stimmt, dass ist das Kurioseste bei uns in der Band.

Martin: Das ist immer so. Egal worum es geht, einer hat immer eine andere Meinung als die anderen drei.

Okay. Singt ihr unter der Dusche?

Alle außer Michael: Ja

Und was gibt es dann zu hören? Arien oder von allem etwas?

Martin: In der Regel, das was ich beim Duschen höre. Wenn ich irgendwie Musik an habe, dann singe ich da mit.

Marius (singt): Rain drops are falling on my head.

Max: Ich habe letztens YMCA unter der Dusche gesungen.

Marius beginnt zu singen und alle stimmen ein: And shower to the left, and shower to the right, and don't forget the willy.

Dry the willy to the beat.

Welches Relikt der Vergangenheit hättet ihr gerne miterlebt?

Michael: Michael Jackson

Marius: Die Besiedlung Amerikas.

Das ist schon ganz schön weit weg.

Marius: Ja danke. Oder den letzten Ausbruch des Yellowstone. Auf jeden Fall die Besiedlung Amerikas, weil es mich unheimlich interessiert, wer zuerst da war. Vor allem auch, wie die da hin gekommen sind.

Martin: Ich hätte gerne in einer Blase, in der mir nicht passieren kann, Deutschland zur Zeit des zweitens Weltkriegs miterlebt.

Warum jetzt gerade diese Zeit?

Martin: Weil ich es sehr interessant finde. Diese Zeit und den ganzen Nazischeiß, das finde ich recht interessant. Du willst halt in dieser Zeit nicht gelebt haben, aber es ist wirklich interessant, wenn Leute, die in dieser Zeit gelebt haben, davon erzählen.

Marius: Oder die Zeit, wo das Feuer erfunden wurde. Das erste Feuer, vom Menschen.

Max: Bei mir wäre es 1989, der Fall der Mauer. Was muss das für eine geile Stimmung für die Leute aus dem Osten gewesen sein?

Ich habe es so erlebt: Meine Mutter hat mir einen Pullover angezogen, es lag kein Schnee, dennoch starteten Silvesterraketen in den Himmel.

Marius: Du warst am Start?

Ich war fünf Jahre alt.

Max: Ich stelle es mir geil vor. Wenn du jahrelang von oben gesagt bekommst, dass das der Klassenfeind ist und du von dem ja nichts kaufen sollst und deine Freunde sagen, dass das der geilste Shit auf der anderen Seite ist. Und dann geht auf einmal dieses Tor auf und du kannst rüber ohne, dass dich jemand abknallt. Das hätte ich gerne mitbekommen, so wie auch die Massenproteste, wo die die Mauer einreißen.

Martin: Ich wäre gern dabei gewesen, als „Mans Not Hot“  produziert wurde.

Wer?

Michael: Das ist ein virales Video von Big Shaq.

Marius: Der singt immer komisch.

Michael: Ich hab den Rap geübt, deswegen kann ich ihn mittlerweile.

Und was ist dein Relikt, was du gerne mitbekommen hättest?

Marius: Ich glaube, ich hätte gerne irgendeine Tour von Michael Jackson mitbekommen.

Na dann danke ich euch für eure Zeit und freue mich auf euren Auftritt. 

Donnerstag, 28. Dezember 2017

Teil 2 des Interviews mit Kid Dad vom 12.12.2017

Nachdem wir im ersten Teil des Interviews erfahren haben, was die Musiker von Kid Dad für Einflüsse haben und wie genau sie ihre Musik definiert haben möchten, geht es nun im zweiten Teil darüber, was die Jungs über die Musikindustrie denken. Viel Spaß beim Lesen und vielleicht auch Schmunzeln.

--

Als relativ junge Band, wie ist eure Sicht auf die Musikindustrie?

Max: Wir hören im Bus aktuell ganz viel Radio. Das kommt uns schon zu den Ohren raus.

Warum macht man dann so was?

Marius: Wir werden durch technische Schwierigkeiten dazu gezwungen, dass wir unsere eigenen Musikgeschmack nicht frönen können.

Habt ihr kein Tapedeck oder einen USB-Anschluss?

Max: Es gibt einen CD-Spieler, der nach drei Songs qualmt.

Michael: Deswegen können wir nur Radio hören.

Max: Wir suche alle fünf Minuten einen neuen Radiosender, deshalb ist das ganz lustig. Wir finden es aktuell ziemlich scheiße, was so läuft.

Michael: Es klingt alles sehr gleich und auch sehr berechnend.

Max: Und jeder Sender spielt innerhalb der nächsten zwanzig Minuten Ed Sheeran.

Marius: Was richtig grausam ist, dass das Album ausstirbt. Taylor Swift zieht es noch gnadenlos, es wird sich aber immer mehr auf Singles konzentriert, auf diese „Dreißig-Sekunden-Spotify-Songs“. Das heißt, in den ersten dreißig Sekunden musst du gecatched werden, sonst wird der Klick nicht gezählt. Und so wird praktisch ein neues Genre erschaffen, Spotify-Musik. Es geht einfach darum, in irgendwelchen Playlists zu landen und dabei wird auf das Album geschissen. Es ist viel besser, wenn man sein ganzes Herzblut in das ganze Album steckt, anstatt sich nur einem Song anzunehmen, der vielleicht Hitpotential hat. Das steht mir bis oben. Das ist aber genau das, was mich aktuell an der Musikindustrie stört, das liegt aber auch daran, dass ich eher der CD-Hörer bin. Ob es irgendwann wiederkommt, das weiß ich nicht, ich jedoch höre am liebsten die ganze CD. Ich skippe auch keine Songs, ich gebe mir das Album. Es gab eine Zeit, da habe ich auf Spotify nur das konsequent gestreamt, was ich auch auf CD hatte. Irgendwann bin ich dann auch dem verfallen, andere Musik zu hören, was ich nicht besitze. Ich sehe aber schwarz, ehrlich gesagt.

Auch wenn es heißt, dass die Plattenverkäufe wieder vor den mp3s liegen?

Marius: Ich glaube aber nicht, dass die Hippster ewig bleiben. Vinyl ist gerade cool, Kassetten auch, aber ich bezweifle, dass es in zehn Jahren auch so sein wird. Vielleicht kommen die CDs auch irgendwann, vielleicht wird dann auch irgendwann mp3 cool.

Michael: Das was im aktuellen Jahr verkauft wurde, im Vergleich zum Vorjahr, das ist fast nichts.

So lange, bis der CD-Player qualmt. Kid Dad aus Paderborn.
(Quelle: Facebookpage der Band)

Die Emil Bulls haben im Interview auch gesagt, dass man immer weniger Plattenverkäufe braucht, um einen Gold- oder Platinstatus zu erreichen, als vielleicht vor zehn oder fünfzehn Jahren. Also wenn ihr jetzt eine Platte auf den Markt bringt, welche dann ordentlich gehypt wird.

Marius: Man spürt schon, dass die Bands nicht so viel verkaufen. Die Festival- und Konzerttickets werden immer teurer, da sie immer mehr Livegage brauchen um die mangelnden CD-Verkäufe zu kompensieren. Das Brot für die Arbeit kommt dann eher durch die Spotify-Abonenten rein. Als kleine Band, die 0,01 Cent für jedes mal Abspielen bekommt. Oder du bist voll Indie und sagst dir, dass alles durch den Verkauf von Platten, CDs und Kassetten hereinkommen muss. Aber das ist hart, da halte ich nicht viel davon.

Das heißt, dass es sich auch nicht lohnt auf Plattformen wie Bandcamp oder Soundcloud zu gehen? Bei Bandcamp bleibt von jedem verkauften Song oder Album relativ viel bei den Künstlern.

Marius: Das ist das coole an Streamingdiensten: du lernst viele unbekannte Künstler kennen. Aber die mittelgroßen Künstler leiden leider unter diesem System.

Max: Es lohnt sich, dass man auf solchen Plattformen vorhanden ist, so das man existiert, damit die Leute einen hören können. Man geht aber in dieser schieren Masse einfach unter. Es ist keine Herausforderung auf Spotify, iTunes oder anderen Diensten seine Musik zu haben.

Es gibt Dienste, die gegen Geld deine Musik bei den Streamern hochladen.

Marius: Wie bei SpinUp, das sind zehn Klicks und du kannst deinen Song hochladen. Die Bibliothek von Spotify ist endlos, gefühlt zumindest.

In zehn, fünfzehn Jahren macht ihr dann trotzdem noch als Kid Dad Musik und seid auf Tour?

Martin:
Wenn wir nicht mit 27 sterben, dann machen wir das auf jeden Fall noch.

Marius: Solange wir es uns noch leisten können Musik zu machen, machen wir das auch. Heutzutage kostet es mehr als das es was einbringt. Wenn wir mit Null aus dieser Tour rausgehen, dann haben wir schon viel Glück. Der Van kostet unglaublich viel, wir verkaufen jetzt ein paar CDs und einzelne Shirts. Aber im Grunde ist das ein teurer Spaß, das ist wie Golfsport.

--

Wie üblich für diesen Blog, frage ich am Ende des Interviews die ganzen Randomgeschichten ab, für diese Band aber natürlich in etwas geänderter Form.

Samstag, 23. Dezember 2017

Teil 1 des Interviews mit Kid Dad vom 12.12.2017

Als ich bereits im Oktober davon gelesen habe, dass Razz nach Cottbus kommen würden, war ich völlig aus dem Häuschen. Weil es eine relativ bekannte, gute Band ist und die kommt mal eben in die Stadt, in der ich Wohne. Also fragte ich bei Fleet Union wegen eines Interviewtermins an. Die wiesen mich darauf hin, dass sie nicht für die Interviewvergaben von Razz verantwortlich sind, mir jedoch ein Interview mit der Vorband Kid Dad anbieten können. Da diese Band erst ein paar Tage zuvor einen Hype durch Visions erfahren hatte, zögerte ich nicht lange und sagte zu.

--

Frage Nummer eins: Kid Dad. Wo kommt der Name her und warum dieses Konträre, da Kid und Dad zwei Generationen sind?

Marius: Der ursprüngliche Gedanke war, dass Menschen gewisse Charakterzüge eher Erwachsenen zuweisen und andere Charakterzüge eher Kindern. So wie man zu Kindern sagt: „Du kannst das noch nicht.“ Oder „Du darfst das noch nicht, weil du noch nicht erwachsen bist.“ Und zu Erwachsenen sagt man: „Du darfst dich nicht so verhalten, du bist kein Kind mehr!“ Und wir wollten dieses Spalten zwischen Kind und Erwachsenem aufheben. Das war der ursprüngliche Gedanke. Mittlerweile steht der Name eigentlich nicht mehr für ein bestimmtes Programm. Wir haben ihn halt, haben ihn lieben gelernt und stehen dazu. Wir haben jetzt damit keine bestimmte Message. Für uns klang es im ersten Moment cool und deswegen haben wir das so gelassen.

Und wer ist genau Kid Dad?

Max: Max, ein Name mit „M“. Ich spiele Bass und bin als letztes dazugekommen. Das war im Mai 2016. Martin hatte mich irgendwann mal angerufen, hatte vorher schon mit ihm studiert und ihm erzählt, dass ich Bass spiele. Dann ist ihm irgendwann der Bassist abgesprungen. Er hatte mich an einem Samstagnachmittag angerufen und mich gefragt ob ich vorbeikommen will. Hab gemeint: „Jo.“ Hab mich dann geduscht, ganz wichtig. Dann hab ich mich in den Zug von Bielefeld nach Paderborn gesetzt und bin eineinhalb Stunden durch die Gegend gegurkt. Hab da zwei Songs ein bisschen gelernt. Am Tag danach, bin ich nochmal hin und ab da war ich irgendwie schon dabei.

Und du bist?

Marius: Ich bin Marius, ich bin der Sänger und spiele Gitarre und habe die Band im Prinzip mit Michi und Martin gegründet.

Michael: Ich bin Michi, Michael. Den Marius habe ich im Studium kennengelernt und spiele in der Band Schlagzeug. Er hatte damals einen Drummer gesucht, 3 oder 4 Monate, bevor Max dazukam, war ich bei einer Probe dabei und hab mir das ganze mal angehört. Ich hatte auch nichts besseres vor. Da ich zu dieser Zeit auch nichts besseres vor hatte und die Jungs schon zu der Zeit cool drauf waren, haben wir uns gesagt, dass wir Musik machen müssen und haben angefangen Songs zu schreiben. Und da entstand schon der Plan, dass wir etwas aufnehmen wollen.

Martin: Tja, was soll ich erzählen. Ich hab mit dem Marius schon 2011 Musik gemacht. Das war aber nicht so gut. Deswegen haben wir dann diese Band gegründet, weil wir eben dachten, dass es besser wäre.

Die Band mit den vier "M": Michael (d), Martin (g,v), Marius (g,v) und Max (b)
(Quelle: Pressefoto der Band)

Aber wenn ich das richtig mitbekommen habe, werdet ihr gerade richtig gehypt. Die Visions  schreibt sogar über euch, wenn ich das richtig mitbekommen habe.

Martin: Ja und das ist besser als damals.

Marius: Wir gehen das jetzt auch ernsthafter an.

Als Heimatort habt ihr Paderborn auf Facebook angegeben. Was macht man in Paderborn, wenn man nicht gerade Musik macht?

Max: Studieren.

Marius: Studieren oder Christ sein.

Ach ist das der „Bible Belt“ von Nordrhein Westfalen.

Marius: Paderborn ist das reichste Erzbistum in Europa.

Michael: Gefühlt, gehört jedes zweite Gebäude in Paderborn der Kirche. Ich bin aus Stuttgart zum Studieren nach Paderborn gezogen. Wir alle studieren aktuell Populäre Musik und Medien und diesen Studiengang gibt es nur dort.

Das heißt, mit Paderborn verbindet ihr eher den klassischen Katholizismus?

Marius: Ja, da ist alles ziemlich konservativ. Es gibt eine kleine Hardcoreszene, aber sonst gibt musikalisch nicht wirklich viel. Es gibt einen Club, in dem mal Itchy aufgetreten sind, aber das war's auch. Ganz früher haben mal BadReligion in einer Bar gespielt aber das ist auch schon eine Weile her. Ansonsten haben wir keine große Szene in Paderborn und deswegen versuchen wir es über die Stadtgrenzen hinaus.

Wenn ihr studiert, seid ihr alle über 18. Ihr wirkt noch relativ jung.

Maruis: Danke, wir sind so um 21, 22 Jahre alt. Da kannst du noch gar nicht wissen, was du willst.

Im Promo-Text über euch geht es primär darum, dass ihr über Depressionen redet, schreibt, singt und auch mit eurer Single verbildert. Ist das generell eure Grundstimmung, gibt es persönliche Bezüge oder sind das Sachen, die ihr von Extern aufnehmt?

Marius: Eigentlich wird sich in der Masse schon, in der Gesellschaft wird sich schon um Depressionskranke gekümmert. Bei uns dreht es sich nicht nur um Depressionen sondern um Gefühlsregungen aller Art. Wir drücken durch unsere Musik sehr gut aus, was wir fühlen. Da ist mal was schlechtes und mal was gutes dabei. Dementsprechend sind die Songs auch ganz verschieden, es geht um innere Probleme, an die man sich nicht ran traut, über ganz normale Themen wie Sex oder Drogen. Wir sind jetzt nicht so die Rock'n'Roll Band, wo sich jeder vor der Show nochmal eine Line zieht. Bei uns geht es viel mehr um Gefühle. Wir singen zwar viel über Drogen, dass heißt aber nicht, dass wir Drogen verherrlichen oder zwingend Drogen nehmen. Manche Gefühlslagen lasse sich nicht anders beschreiben, da steht der Vergleich mit Drogen eher im Raum. Man kann sich so extrem fühlen ohne Drogen zu nehmen und das wird in den Texten leider häufig missverstanden. Prinzipiell geht es da um unsere Gefühle.

Wenn man sich eure Singles anhört, spielt ihr ja primär Rock und Grunge. Eure Inspirationsquellen sind, laut Facebook , Oasis und Nirvana? Warum so ein altes, betagtes Genre? Warum seid ihr nicht auf den Hypetrain um Metalcore aufgesprungen?

Max: Das ist die Musik, mit der wir aufgewachsen sind. Unsere Eltern haben das schon gehört, wir halt auch. Musikalisch wurden noch nicht in der Zeit groß, wo du kurz auf Spotify warst und einmal durch die Bibliothek gescrollt hast. Wir konnten nur aus dem CD-Regal was aussuchen und dann hast du das genommen was da war. Und das, was dir am meisten gefallen hat, ist hängen geblieben. Alleine durch die Beschäftigung mit der Musik und seit dem wir das ernst nehmen, hören wir auch mehr und auch andere Musik. Das geht dann von Radiohead über …

Marius: ...Rage Against The Machine, Beatles, Mozart. Wir sind jetzt nicht so in einer Musikrichtung festgefahren, die wir spielen.

Max: Das was wir spielen, ist das, womit wir aufgewachsen sind. Uns ist es auch nicht wichtig, irgendein Hype-Genre aufzugreifen und zu sagen, dass wir das jetzt machen um damit Geld zu verdienen. Wir wollten was machen, womit uns auch selber wohlfühlen und denken, dass das cool ist. Wir sehen da auch Entwicklungsmöglichkeiten und können etwas damit anfange.

Marius: Wir wollen auch was eigenes kreieren, nicht einfach nur Garage-Rock. Wir wollen uns da nicht einschränken. Wir finden es super, dass wir zu keiner anderen Band perfekt als Support passen. Wir sind fast immer das Kontrastprogramm und versuchen eine eigene Marke zu schaffen und das ist viel persönlicher und langfristig macht das glücklicher. Vor allem wenn man sich nicht direkt für eine Schiene entscheidet. Das ist zum Beispiel sehr Roughness von Rage Against The Machine, Nirvana. Beim Songwriting inspiriert mich Radiohead sehr stark, weil die sich einfach keine Grenzen und Regeln setzen und selber weiterentwickeln ohne Ende und trotzdem noch sehr viel mit Dynamik spielen und sich in keine Schublade stecken lassen.

Martin: Irgendwie jeder hat sein Lieblingsgenre und dadurch werden die Songs, die wie erarbeiten, von verschiedenen Richtungen beeinflusst.

Also könntet ihr einfach eine Platte auf dem Markt bringen, wie das aktuelle Albumvon LIRR.?

Martin: Ungefähr. Es vielleicht nicht so krass, wie bei LIRR.

Marius: Das ist auch viel spannender, als wenn sich jeder Song aus drei Akkorden bildet und irgendwie die gleiche Dynamik und das gleiche Tempo hat. Das ganze Laut-Leise und diese ganzen Extreme, das reizt uns. Im Set gibt es auch Passagen, wo ganz ganz Leise auf ganz ganz Laut folgt und das sind auch ganz genau unsere Stärken.

Also das was aus den 90ern kommt.

Marius: Da achten wir gar nicht darauf, das wir klingen wollen, wie irgendjemand anderes. Wir machen das, was wir wollen und gucken drauf, was dabei rum kommt. Laut-Leise-Laut-Leise gab es bereits im Barock.

--

Im zweiten Teil erfahrt ihr dann mehr über die Sicht der Band auf die Musikindustrie und Spotify.

Dienstag, 24. Oktober 2017

Teil 3 des Interviews mit Behead The Broken Queen vom 15.10.2017

Wenn ihr wissen wollt, wie Behead The Broken Queen zu ihrem Namen gekommen sind, was sie von Genres halten und wo man überall ihren Merch finden kann, solltet ihr hier klicken. Wenn ihr jedoch mehr darüber erfahren wollt, was sich in der Szene gerade tut und wie es um die EP steht, dann klickt hier. Nun denn, kommen wir zum großen Finale, mit einer großartigen Band.

--

Wo kommt aber der Trend her, dass die Leute lieber in den Club gehen und da feiern, anstatt zum Konzert zu gehen und Stress abzubauen?

Murat: Ich kann mir gut vorstellen, dass die Leute damals nur eine Szene dazugehören wollten, weil es was eigenes war, weil es bunte Haare gab, weil es Tunnel gab, weil es Tattoos gab und dann gemerkt haben: „OK, die Musik passt mir doch nicht so.“

Nils: Viele junge Menschen hören auch solche Musik, vor allem wenn man die Pubertät durchmacht. Da verändert man sich ziemlich oft. Das passiert auch im persönlichen Umfeld, wo die Leute dann einfach diese Musik nicht mehr hören. Ich muss auch zugeben, dass ich selbst nicht mehr soviel hartes Zeug höre.

Simon: Ich muss zugeben, dass er das sogar ziemlich oft hört.

(Alle lachen.)

Nils: Schon noch oft, ja, aber nicht mehr so oft wie früher. Früher war ich eher der Groupie, da hatte ich meine Bands, da kannte ich jeden Songtext, da kannte ich jede Band, habe mich wirklich extrem auf die Konzerte gefreut, war total aufgeregt. Mittlerweile bin ich aus der Sache herausgewachsen und guck mir nur noch ein paar Sachen an, aber die Leidenschaft dahinter fehlt.

Sind deswegen Bring Me The Horizon weicher geworden?

Murat:
Weil es mehr Leute anspricht.

Nils: Sie sind halt kommerzieller geworden. Wir wollen diese Schiene nicht gehen, wollen aber ein bisschen eingängiger werden, aber nicht so, wie es BMTH gebracht haben. Wir bleiben schon unserem Stil treu, egal ob das Konzerte und Leute zieht oder nicht. Primär geht es uns um den Spaß. Wir sind ja auch nicht Fame, wir sind eine lokale Band, die vielleicht ihren Ruf in Berlin hat, sowie auch in Cottbus und vielleicht in ein oder zwei anderen, kleinen Städten.

Murat: Ich denk, dass merkt man auch daran, dass es uns fast acht Jahre gibt, mit Nils etwas mehr als zwei Jahre, wir haben nie darüber nachgedacht uns aufzulösen. Hier und da gibt es mal einen Disput, weil der eine die Musik machen will und der andere eine andere Musik. Wir sind schon eher eine Familie.

Nils: Das beste Beispiel war mein Eintritt in die Band. Die Jungs haben mich natürlich auch vorher schon ein wenig interviewt und haben gefragt, was ich denn privat Höre. Da habe ich Beatdown gesagt und die haben mich dann mit verachtenden Blicken angesehen. Aber mittlerweile gibt es in jeder Probe mindestens einen Beatdown-Jam, da habe ich mit der Zeit auch meine Finger im Spiel. Es ist schwierig, dass was du schreibst zu trennen von dem, was du gerade privat feierst. Es ist schwer sich zu reflektieren, nur weil man ein Genre oder einen Musiker feiert. Man muss dann von einem Genre zum anderen hüpfen und es ist schwierig zu fünft auf einen Nenner zu kommen. Es ist wie eine Beziehung: man muss daran arbeiten.

Murat: So komisch es auch klingt, es ist wirklich so.

Nils: Du musst es ja irgendwie jedem Recht machen, du willst ja nicht, dass irgendwer dabei steht und eigentliche gar keinen Bock auf die Sache hat. Letztendlich kommen wir immer irgendwann auf den gleichen Nenner.

Auch wenn Sie hier recht ernst gucken, eigentlich sind sie ganz nett.  Behead The Broken Queen.
(Quelle: Promo-Ordner der Band auf Facebook)

Das heißt, fünf oder zehn Jahre später immer noch BBQ...

Murat: … immer noch keine EP.

(Alle lachen.)

Das müsst ihr selbst wissen, ob ihr dann einfach einzelne Stücke ins Netz stellt und die gut versteckt.

Simon: Unsere EP kommt demnächst auf jeden Fall raus, das steht fest. „Prophets“ wird sie heißen.

Murat: Da ja bald Weihnachten ist, können wir sie auch „Spekulatius“ nennen.

Nils: Wir haben für das Album danach ein Konzeptalbum vorgesehen. Sagt dir die Band Tell You What Now was? Die wollten dieses Jahr eigentlich auf dem Full Force spielen. Der Gitarrist ist ein Kumpel von uns, mit dem sind wir in Kontakt getreten und haben schon ein paar Mal mit ihm geprobt. Des Spaßes halber haben wir angefangen einen Song zu schreiben, vielleicht wird da auch was draus. Vielleicht wird es auf ein reines BBQ-Ding. Müssen wir halt abwarten, aber wir haben eine Idee für eine Konzept-EP. Wir wissen, welches Thema wir behandeln wollen, es soll selftitled sein. Dabei soll es um eine Königin gehen, die sich bestimmten Dingen entgegenstellen muss, die mit Persönlichkeitsstörungen zu kämpfen hat und letztendlich geköpft wird, wie unserer Name es sagt. Die EP soll dann den Werdegang zum Köpfen erzählen. Die Idee gefällt uns allen, bisher haben wir aber noch nicht wirklich viel dazu geschrieben. Es kann auch was komplett was anderes werden, aktuell sind wir da sehr offen. Beim Proben wollen wir auch weg von den Konzerten, weg von der alten Setlist und hin zu neuem Songwriting. Wir als Band brauchen auch einfach einen frischen Wind, weil wir seit Jahren immer das gleiche Zeug spielen und das brennt einen so langsam aber sicher aus.

Murat: Irgendwann stagnierst du.

Nils: Und das haben wir alle gemerkt. Wir wollen nun einfach unser Ding durchziehen, was das aber werden wird, kann man so genau nicht sagen.

Man muss dann auch überlegen, ob das alles auch live dann funktioniert. Meistens ist das eine reine Kopfsache für die Fans. Man versucht eine Geschichte zu erzählen und mittendrin jemand aus dem Publikum den Faden verliert und abschaltet.

Nils: Abgesehen, dass mich eh kein Schwein versteht.

(Alle lachen.)Nils: Live mit der Akustik ist immer so eine Sache.

Murat: Ich finde, dass es live egal ist, ob du eine Geschichte erzählst, solange die Leute die Musik feiern. Da geht es eher um was anderes.

Nils: Da geht es dann eher um die Stimmung, um die Bewegung, um die Leute, die Spaß haben. Und zuhause können sich die Leute mit den Lyrics zusammen und dem ganzen Konzept auseinandersetzen. Es wird auch genug Leute geben, die nicht verstehen, was auf der EP passiert. Es gibt dann aber auch die, die sich Gedanken machen und die Lyrics durchlesen, sich mit den Aussagen von Bands beschäftigen. Die erste Fraktion hört es einfach, weil es geil klingt.

Murat: Oder sie hören uns gar nicht.

Gut, kommen wir langsam zum Abschluss. Da mache ich es kurz und knapp, Sebastian hat ja schon die Runde hinter sich (Er wurde bereits am Nachmittag befragt, mit seiner anderen Band Dispray).

Hund oder Katze?

Murat: Hund. Beides... eigentlich Hund. Ich mag Tiere generell, aber wenn ich entscheiden müsste, dann definitiv für den Hund.

Nils: Hund, Hund, Hund, Hund.

Simon: Ich habe einen Hund, ich will einen Hund.

Tee oder Kaffee?

Murat:
Kaffee.

Nils: Kaffee.

Simon: Kaffe, all the way.

Sebastian: Tee … Schwarztee mit Milch.

Duschen oder Baden?

Murat:
Duschen.

Nils: Duschen.

Simon: Duschen.

Sebastian: Duschen.

Murat: Dann sind wir uns ja alle einig.

Lieblingsgetränk?

Murat:
Wasser

Nils: Ganz langweilig: Wasser.

Simon: Ich sag auch Sprite.

Sebastian: Energy.

Egal welche Marke?

Sebastian: Rockstar.


Damit schließen wir das ganze ab, ich wünsche euch eine gute Heimfahrt und freue mich auf die kommende EP.