Zu Beginn könnte man sich ja eigentlich schon wieder über den ÖPNV in Berlin und die Fähigkeiten der DB auslassen. Aber das lassen wir lieber. Es hat alles wunderbar geklappt, mein +1 habe ich ohne Probleme getroffen und man ist zusammen zum Ramones Museum. Nach einer kurzen Frage an der Bar, wurde der John Allen zu mir gebracht, der kurz etwas Englisch gesprochen hat, wohl aber anhand meiner Worte sofort in das Deutsche wechselte. Und ja, die leicht rauchige Stimme hat er auch, wenn er spricht und live ist der junge Mann allemal einen Besuch wert, auch wenn er auf der Bühne oben steht, ist er einem näher als man denkt.
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Als Einstiegsfrage: Wie lief die Tour bisher?
John: Die Tour war bisher großartig. Joe (Ginsberg) und ich, wir haben eine großartige Zeit und auch relativ viel Publikum, so ca. 80 bis 100 Leute, zwischendurch spielen wir noch ein paar Gartenshows, also spielen wir im Schnitt pro Tag zwei mal. Die Gastfreundlichkeit, die einem entgegen schlägt, die ist großartig und gigantisch gut.
Welcher war denn bisher der beste Ort für euch? Also wo sagt ihr, müsst ihr unbedingt noch mal hin?
John: Die besten zwei Shows mit Abstand waren Berchtesgaden und Oberhausen. Oberhausen am Montag war ... oder war es am Mittwoch?... egal, es war irre, was da abging. Wir hätten nicht damit gerechnet, dass so viele Leute mitsingen. In Berchtesgaden war einfach ein ganz kleiner Club mit einer super niedrigen Decke und es war irre laut und das hat einfach richtig gerockt. Das waren die Highlights auf dieser Tour, auf jeden Fall.
Wenn du sagst mitsingen, wie kommt das? Ich bekam ja das Master.
John: Das Album kommt am 29.08. raus, aber mit dem Label haben wir das abgestimmt, dass wir das auf Tour schon verkaufen können. Das ganze lief über Crowdfunding und die Leute, die da mitgemacht haben, haben das eben schon vorher bekommen.
Also wie Kartoffelsalat für 54.000$?
John: Genau, nur ohne Kartoffelsalat.
Wenn ihr auf Tour seid, gibt es da bestimmte Regeln? Kein Bier, kein Furzen, kein Sex?
John lacht
Ich kenne eine Band aus England, die sagt sich: keine Bierflaschen, sonst bekommt der Fahrer Probleme.
John: Wir hatten bislang keine Probleme und wir haben uns auch nicht auf irgendwelche Regeln geeinigt. Wir haben uns nur versprochen, dass wir uns nicht prügeln und das haben wir auch bisher nicht gemacht.
Obwohl die Musik ja so ein bisschen danach klingt. Also was heißt danach klingt... eher so wie eine kleine Barschlägerei aus den Filmen, die in Alaska spielen.
John: Das ist doch übertrieben. (lacht)
Was war denn eigentlich das krasse Gegenteil zu den guten Shows? Also Orte wo man sich gefragt hat, ob man das überhaupt zum Laufen bekommt, die Leute total schlecht drauf waren oder das Publikum total verrückt war.
John: Die erste Show war in Frankreich in Metz, das war ein wenig komisch, weil auch total wenig Leute da waren. Aber sonst scheint uns die Sonne ausm Arsch. Es macht Spaß, wir werden überall gut angenommen und das ist schon nicht selbstverständlich.
Zum Album: Sophomore, was heißt das für dich? Was heißt das überhaupt? Hab zwar mein Abitur in Englisch gemacht aber das Wort ist mir bisher nirgends untergekommen.
John: Sophomore kommt eigentlich aus dem Griechischen und ist eine Mischung aus Sophos und Moros. Sophos ist jemand, der sehr klug ist und ein Moros ist jemand, der sehr dumm ist.
Also so etwas wie Ying und Yang in einem.
John: ... genau. Beide Seiten von einer Medaille. Eigentlich bin ich selbst nicht darauf gekommen. Jemand aus Köln hat mit diesen Namen vorgeschlagen. Ich finde es halt schön, dass es beides beleuchtet: man hat schon eben etwas erlebt aber es gibt noch soviel, was man erleben kann und es gibt noch soviel, was vor einem liegt. Auf der einen Seite ist man eben doch schon clever und auf der anderen Seite ist man doch eben noch grün hinter der Ohren.
Das zieht sich auch ein wenig durch's Album. Der erste Titel heißt „New Years Eve“, wo alle total verrückt sind, und dann gibt es eben auch andere Titel, wo es darum geht zu sagen: „Ach, scheiß jetzt drauf, weiter machen.“ Ist diese Grundstimmung, ist das eher so der Hamburger, der sich sagt: „Ach, drauf geschissen.“ ?
John: Nein, gar nicht. Das ist gerade eher meine generelle Grundstimmung. Wo ich mir halt denke, dass ich etwas erreicht habe, wo ich mir nie gedacht hätte, dass ich das je erreichen kann, dass ich in wildfremde Städte gehe und Leute kommen zu meinen Shows, auch nicht in dem Maße. Das erzeugt in mir so eine gewisse Aufbruchstimmung, dass man weiter daran arbeiten sollte, weiter machen sollte. Das sollte in dem Album schon ein wenig raus kommen. Ich habe jetzt so eine gewisse Rastlosigkeit entwickelt, ich will dran bleiben und einfach weitermachen.
Okay. Wo kommt eigentlich dieser Sound her? Ich hab im Blog geschrieben, dass es nach Kanada oder Alaska klingt, nach irgendwelchen abgeschotteten Orten, wo Menschen die Hälfte ihrer Zähne nicht mehr haben und sich schlagen, weil das Bier nicht schmeckt. Kommt der Sound aus dem was du gehört und erlebt hast? Oder ist es einfach so, dass du dich gefunden hast und dir sagst, dass es dir so gefällt und das du in diese Richtung möchtest?
John: Eher letzteres. Ich habe mit Kanada nicht viel am Hut, da muss ich dich leider enttäuschen. Es gibt ja immer so gewisse Songs, die man im Ohr hat, wenn man selbst einen Titel schreibt. Manchmal hat man auch eine bestimmte Instrumentalisierung im Ohr und genau so war das. Zum Beispiel „Rock'n'Roll Romeo“ klingt so ein wenig nach Tom Petty. In der Zeit, wo dieser Song entstanden ist, habe ich relativ viel Tom Petty gehört. Ich habe dann mit meinem Producer geschaut, welche Instrumente Tom benutzt, wie baut er die Songs auf, wie strukturiert er die von den Instrumenten her. Das haben wir versucht ein wenig nach zu bauen. Aber das fertige Stück hat uns dann überhaupt nicht gefallen. Aber aus diesem Grundgerüst haben wir dann eigene Ideen entwickelt. So lief es eigentlich bei vielen Songs, ein Konglomerat aus vielen verschiedenen Einflüssen.
Aber trotzdem hat sich ja eine Hauptrichtung herauskristallisiert, Akustik, deine Stimme, ist trotz des Tees, den du da gerade trinkst, rau. Aber man merkt in den Liedern, dass es immer noch ein Stück weit Rock'n'Roll.
John: Auf jeden Fall. Dann gibt es auch Titel, wie „It's Raining Every Day“, der Song hat halt nur Gesang und Gitarre. Den habe ich mit Absicht so belassen, wie er ist. Er sollte sehr, sehr rau klingen, wie ein Demo, total unbehandelt.
Ich hab Demos gehört, die klingen schlechter als das.
John: Deswegen waren wir auch im Studio. Aber aus Prinzip haben wir den Song ganz einfach gelassen. Wir hätten den auch mit dramatischen Streichern auskleiden können. Aber hier haben wir uns bewusst dagegen entschieden.
Ich habe gelesen, dass du Studiert hast. Pädagogik: Englisch und Geschichte. Wie kommt man auf die Idee, sich von einer sicheren Einkommensquelle - Kinder wird es ja weiterhin geben, Lehrer werden auch in Zukunft noch gebraucht – loszueisen, alles über den Haufen zu schmeißen und zu sagen: „Ich mach jetzt Musik und bestreite damit meinen Lebensunterhalt.“
John: Ich arbeite immer noch als Lehrer. Ich habe noch bis Montag Ferien. Wenn einem passiert, was mir jetzt passiert ist, mit dieser ganzen Frank Turner Geschichte, auf einmal steht man vor 1000 Leuten und spielt da irgendwie. Das weckt Begehrlichkeiten, das pusht unglaublich, man will, dass das so weitergeht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, der das erlebt hat, sagt, dass er das nicht mehr möchte, nicht mehr bräuchte, nicht mehr will. Das ist so ein bisschen wie eine Sucht.
Wie siehst du heute auf die Musikindustrie? Hast du da Erfahrungen sammeln können oder hast du schon Geschichten von anderen Musikern gehört, die vor zehn oder fünfzehn Jahren schon im Business waren, die gesagt haben, dass damals alles anders und besser war? Du hast ja selbst erzählt, dass dein Album durch Crowfunding ein Stück weit finanziert wurde, also Produktion und Studiozeit wahrscheinlich auch. Müssen die Menschen anders denken und anders Musik konsumieren, um etwas interessantes zu finden? Ist das alles mit den großen Gehältern, großen Gagen und Labelverträgen, ist diese Zeit vorbei?
John: Ich glaube, dass es früher genauso viele Bands gab, die um ihre Existenz gekämpft haben, wie heute. Man macht aber, meines Erachtens nach, den Fehler, dass man ganz verträumt in die sechziger und siebziger guckt und sagt, dass es da noch gute Musik gab und Bands, die die Zeit überdauert haben und die viel Geld verdient haben. Man vergisst dann aber, dass genauso viele Bands gab, die hinten durch das Raster gefallen sind, weil sie vielleicht einen Hit hatten und dann nichts mehr. Ich glaube auch, dass Web 2.0, Facebook, Twitter immer wichtiger wird und das Bands somit mehr Chancen haben, sich selbst zu vermarkten und ich höre von Bekannten, dass Labels auch finanziell teilweise schwer zu kämpfen haben. Mir fehlt da aber komplett der Einblick. Mein Label ist ein Ein- oder Zweimannbetrieb, Gunner Records, und ich weiß, dass Gunnar damit nicht reich wird.
Das nicht, aber hat jede Menge interessante Bands.
John: Das ist wahr, das ist dann aber auch wieder was anderes. Aber das ist dann aber eben auch ein Business von Idealisten. Das gilt halt für die Indielabels. Ich glaube bei Warner und bei Universal sieht das alles noch ein wenig anders aus.
Ich denke aber, dass auch selbst die mittlerweile zu kämpfen haben.
Was sind deine Pläne für die Zukunft, außer dass du am Montag wieder Kinder unterrichten musst?
John: Spielen, spielen, spielen. Das Album kommt in zwei Wochen raus (Anm. d. Red.: 29.08.14), dann machen wir ein bisschen Promo für das Album. Ich spiele dann in Hamburg im Inn-Store, spiele an Wochenenden zwei, drei kleinere Festivals und dann fangen wir an zu planen für nächstes Jahr und für den Herbst. Zwischendurch werden noch ein paar Gigs eingeschoben. Ziel ist eben, dass das Album in einem gewissen Rahmen eben einschlägt und das wir auf das Album aufbauen können.
Mein Blog wurde mir wegen deines Albums eingerannt. Ich fand es kurios.
John: Das ist auch genial.
Und in zehn, fünfzehn Jahren, heißt es dann: „John Allen auf Tour“, dann aber als Headliner?
John: Das muss ja das Ziel sein irgendwo. Also wenn du ernsthaft Musik machst, dann machst du es ja nicht, weil du es geil findest, vor zehn Leuten zu spielen. Wenn du ernsthaft Musik machst, hast du den Traum, irgend wann mal groß zu sein. Das heißt aber auch nicht, dass Konzerte mit zehn Leuten nicht toll sein können. Ich habe auch schon geile Konzerte mit fünf oder sechs Leuten gehabt. Wenn jemand Musik liebt und ich liebe die Musik, dann ist Vorstellung davon leben zu können natürlich ein Traum. Und wenn man dafür was tun kann, macht man das eben. Ob das dann aber am Ende klappt, oder ob sich das in eine Richtung entwickelt, bei der man sagt, dass es klappen könnte, das steht dann auf einem ganz anderen Blatt. Aber so ein wenig träumen kann man schon. Fest steht auf jeden Fall für mich, dass ich nicht aufhören werde, Musik zu machen. Ob nun in zehn Jahren 2000 Leute meine Musik hören wollen oder nach wie vor 50 oder zwanzig.
Dann heißt es irgendwann: John Allen in der O2-World oder John Allen in der Zitadelle Spandau.
John: Das glaube ich nicht.
Wie bei Mumford & Sons geht es bei musikalisch dir ja grob in die selbe Richtung.
John: Mumford & Sons haben eine Band. Ich glaube schon, dass es für eine Band mit einem gewissen Kickstart deutlich einfacher ist als für einen Solokünstler. Eine gute Band macht aus, ob nun 500 oder 1000 Leute zu deiner Show kommen. Das ist alles echt noch Zukunftsmusik. Im Moment bin ich echt glücklich darüber, wie es gerade läuft. Es läuft wirklich richtig gut. Mit dem ganzen Projekt habe ich vor etwas mehr als eineinhalb Jahren angefangen und jetzt spiele ich hier mit Joe Ginsberg in Berlin und es werden wohl um die hundert Leute kommen. Als ich im März mit einem Kumpel, Ghost Of A Chance, hier zusammen war, waren auch um die achtzig Leute da. Also was will ich denn mehr im Moment? Ich sehe eine Progression, ich sehe eine Entwicklung, ich sehe dass das Publikum größer wird und ich sehe, dass es dem Publikum in der Regel gefällt. Und genau das genieße ich in diesem Moment gerade wirklich sehr. Wenn es so weiter geht, wäre das toll. Und wenn es so bleibt, wie es ist, dann hab ich immer noch richtig viel Spaß dabei.
Zum Ende eines jeden Interviews, frage ich immer ein paar Randomsachen.
Katze oder Hund?
John: Hund. Ganz einfache Sache: Meine Eltern hatten seit dem ich klein war Hunde und nie irgendwelche Katzen.
Morgen oder Nachtmensch?
John: Nachtmensch. Definitiv.
Bist du eher der Kaffee- oder Teetrinker?
John: Ich trinke überhaupt keinen Kaffee, wenn dann eher Tee.
Ist das das Norddeutsche in dir?
John: Überhaupt nicht. Ich vertrage ihn einfach nicht. Ich übergebe mich nach einem Kaffee regelmäßig.
Was ist dir Lieber: Touren oder Aufnehmen?
John: Touren, definitiv. Aufnehmen ist total spannend, Aufnehmen macht Spaß, Aufnehmen ist verdammt harte Arbeit, aber es ist toll zu sehen, wie etwas entsteht. Und das Touren ist dann das Lobabholen dafür. Es ist zwar auch anstrengend, aber es gibt halt nichts besseres, als abends auf der Bühne zu stehen und Applaus zu bekommen. Ich sehe hier, wie die Leute hier sitzen und sich auf das Konzert freuen und das ist eben irre.
Ich hab gehört, dass die Berliner ein bisschen eigen sein sollen und nach zwei, drei Mal gelangweilt sind.
John: Meine Erfahrungen mit Berlinern, und das sage ich jetzt nicht nur, weil wir in Berlin sind: Die besten Shows hatte ich hier und im Kölner Raum. Also Köln, Düsseldorf, Oberhausen. Die Ecke, da hatte ich bisher meine besten Soloshows.
Letzte Frage: Singst du unter der Dusche?
John (lacht): Gelegentlich schon, ja.
Ist das dann eher der Frank Sinatra oder ...
John: Das ist wohl eher davon abhängig, was ich gerade höre. Mein letztes Duschsong war „Into The Great White Open“ von Tom Petty heute Morgen. Das liegt aber auch daran, dass Joe Ginsberg den auf der Tour ab und an gecovert hat, deswegen hatte ich den so im Ohr.
Du stehst übrigens nicht vorne am Eingangsschild.
John: Ich bin ja auch nur Support.
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Nach dem Konzert hat mich eine junge Dame angesprochen, die während des Konzerts mit ihrer Spiegelreflex aufgefallen ist. Sie hat mir angeboten, Bilder von ihr auf meinen Blog zu hieven. Ich möchte hier an dieser Stelle Adina Scharfenberg sehr dafür danken.
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Als Einstiegsfrage: Wie lief die Tour bisher?
John: Die Tour war bisher großartig. Joe (Ginsberg) und ich, wir haben eine großartige Zeit und auch relativ viel Publikum, so ca. 80 bis 100 Leute, zwischendurch spielen wir noch ein paar Gartenshows, also spielen wir im Schnitt pro Tag zwei mal. Die Gastfreundlichkeit, die einem entgegen schlägt, die ist großartig und gigantisch gut.
Welcher war denn bisher der beste Ort für euch? Also wo sagt ihr, müsst ihr unbedingt noch mal hin?
John: Die besten zwei Shows mit Abstand waren Berchtesgaden und Oberhausen. Oberhausen am Montag war ... oder war es am Mittwoch?... egal, es war irre, was da abging. Wir hätten nicht damit gerechnet, dass so viele Leute mitsingen. In Berchtesgaden war einfach ein ganz kleiner Club mit einer super niedrigen Decke und es war irre laut und das hat einfach richtig gerockt. Das waren die Highlights auf dieser Tour, auf jeden Fall.
Wenn du sagst mitsingen, wie kommt das? Ich bekam ja das Master.
John: Das Album kommt am 29.08. raus, aber mit dem Label haben wir das abgestimmt, dass wir das auf Tour schon verkaufen können. Das ganze lief über Crowdfunding und die Leute, die da mitgemacht haben, haben das eben schon vorher bekommen.
Also wie Kartoffelsalat für 54.000$?
John: Genau, nur ohne Kartoffelsalat.
Wenn ihr auf Tour seid, gibt es da bestimmte Regeln? Kein Bier, kein Furzen, kein Sex?
John lacht
Ich kenne eine Band aus England, die sagt sich: keine Bierflaschen, sonst bekommt der Fahrer Probleme.
John: Wir hatten bislang keine Probleme und wir haben uns auch nicht auf irgendwelche Regeln geeinigt. Wir haben uns nur versprochen, dass wir uns nicht prügeln und das haben wir auch bisher nicht gemacht.
Obwohl die Musik ja so ein bisschen danach klingt. Also was heißt danach klingt... eher so wie eine kleine Barschlägerei aus den Filmen, die in Alaska spielen.
John: Das ist doch übertrieben. (lacht)
Was war denn eigentlich das krasse Gegenteil zu den guten Shows? Also Orte wo man sich gefragt hat, ob man das überhaupt zum Laufen bekommt, die Leute total schlecht drauf waren oder das Publikum total verrückt war.
John: Die erste Show war in Frankreich in Metz, das war ein wenig komisch, weil auch total wenig Leute da waren. Aber sonst scheint uns die Sonne ausm Arsch. Es macht Spaß, wir werden überall gut angenommen und das ist schon nicht selbstverständlich.
John Allen 16.08.14 im Ramones Museum (Quelle: AS Pictures) |
Zum Album: Sophomore, was heißt das für dich? Was heißt das überhaupt? Hab zwar mein Abitur in Englisch gemacht aber das Wort ist mir bisher nirgends untergekommen.
John: Sophomore kommt eigentlich aus dem Griechischen und ist eine Mischung aus Sophos und Moros. Sophos ist jemand, der sehr klug ist und ein Moros ist jemand, der sehr dumm ist.
Also so etwas wie Ying und Yang in einem.
John: ... genau. Beide Seiten von einer Medaille. Eigentlich bin ich selbst nicht darauf gekommen. Jemand aus Köln hat mit diesen Namen vorgeschlagen. Ich finde es halt schön, dass es beides beleuchtet: man hat schon eben etwas erlebt aber es gibt noch soviel, was man erleben kann und es gibt noch soviel, was vor einem liegt. Auf der einen Seite ist man eben doch schon clever und auf der anderen Seite ist man doch eben noch grün hinter der Ohren.
Das zieht sich auch ein wenig durch's Album. Der erste Titel heißt „New Years Eve“, wo alle total verrückt sind, und dann gibt es eben auch andere Titel, wo es darum geht zu sagen: „Ach, scheiß jetzt drauf, weiter machen.“ Ist diese Grundstimmung, ist das eher so der Hamburger, der sich sagt: „Ach, drauf geschissen.“ ?
John: Nein, gar nicht. Das ist gerade eher meine generelle Grundstimmung. Wo ich mir halt denke, dass ich etwas erreicht habe, wo ich mir nie gedacht hätte, dass ich das je erreichen kann, dass ich in wildfremde Städte gehe und Leute kommen zu meinen Shows, auch nicht in dem Maße. Das erzeugt in mir so eine gewisse Aufbruchstimmung, dass man weiter daran arbeiten sollte, weiter machen sollte. Das sollte in dem Album schon ein wenig raus kommen. Ich habe jetzt so eine gewisse Rastlosigkeit entwickelt, ich will dran bleiben und einfach weitermachen.
Okay. Wo kommt eigentlich dieser Sound her? Ich hab im Blog geschrieben, dass es nach Kanada oder Alaska klingt, nach irgendwelchen abgeschotteten Orten, wo Menschen die Hälfte ihrer Zähne nicht mehr haben und sich schlagen, weil das Bier nicht schmeckt. Kommt der Sound aus dem was du gehört und erlebt hast? Oder ist es einfach so, dass du dich gefunden hast und dir sagst, dass es dir so gefällt und das du in diese Richtung möchtest?
John: Eher letzteres. Ich habe mit Kanada nicht viel am Hut, da muss ich dich leider enttäuschen. Es gibt ja immer so gewisse Songs, die man im Ohr hat, wenn man selbst einen Titel schreibt. Manchmal hat man auch eine bestimmte Instrumentalisierung im Ohr und genau so war das. Zum Beispiel „Rock'n'Roll Romeo“ klingt so ein wenig nach Tom Petty. In der Zeit, wo dieser Song entstanden ist, habe ich relativ viel Tom Petty gehört. Ich habe dann mit meinem Producer geschaut, welche Instrumente Tom benutzt, wie baut er die Songs auf, wie strukturiert er die von den Instrumenten her. Das haben wir versucht ein wenig nach zu bauen. Aber das fertige Stück hat uns dann überhaupt nicht gefallen. Aber aus diesem Grundgerüst haben wir dann eigene Ideen entwickelt. So lief es eigentlich bei vielen Songs, ein Konglomerat aus vielen verschiedenen Einflüssen.
Aber trotzdem hat sich ja eine Hauptrichtung herauskristallisiert, Akustik, deine Stimme, ist trotz des Tees, den du da gerade trinkst, rau. Aber man merkt in den Liedern, dass es immer noch ein Stück weit Rock'n'Roll.
John: Auf jeden Fall. Dann gibt es auch Titel, wie „It's Raining Every Day“, der Song hat halt nur Gesang und Gitarre. Den habe ich mit Absicht so belassen, wie er ist. Er sollte sehr, sehr rau klingen, wie ein Demo, total unbehandelt.
Ich hab Demos gehört, die klingen schlechter als das.
John: Deswegen waren wir auch im Studio. Aber aus Prinzip haben wir den Song ganz einfach gelassen. Wir hätten den auch mit dramatischen Streichern auskleiden können. Aber hier haben wir uns bewusst dagegen entschieden.
Ich habe gelesen, dass du Studiert hast. Pädagogik: Englisch und Geschichte. Wie kommt man auf die Idee, sich von einer sicheren Einkommensquelle - Kinder wird es ja weiterhin geben, Lehrer werden auch in Zukunft noch gebraucht – loszueisen, alles über den Haufen zu schmeißen und zu sagen: „Ich mach jetzt Musik und bestreite damit meinen Lebensunterhalt.“
John: Ich arbeite immer noch als Lehrer. Ich habe noch bis Montag Ferien. Wenn einem passiert, was mir jetzt passiert ist, mit dieser ganzen Frank Turner Geschichte, auf einmal steht man vor 1000 Leuten und spielt da irgendwie. Das weckt Begehrlichkeiten, das pusht unglaublich, man will, dass das so weitergeht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, der das erlebt hat, sagt, dass er das nicht mehr möchte, nicht mehr bräuchte, nicht mehr will. Das ist so ein bisschen wie eine Sucht.
John Allen 16.08.14 Ramones Museum Berlin (Quelle: AS Pictures) |
Wie siehst du heute auf die Musikindustrie? Hast du da Erfahrungen sammeln können oder hast du schon Geschichten von anderen Musikern gehört, die vor zehn oder fünfzehn Jahren schon im Business waren, die gesagt haben, dass damals alles anders und besser war? Du hast ja selbst erzählt, dass dein Album durch Crowfunding ein Stück weit finanziert wurde, also Produktion und Studiozeit wahrscheinlich auch. Müssen die Menschen anders denken und anders Musik konsumieren, um etwas interessantes zu finden? Ist das alles mit den großen Gehältern, großen Gagen und Labelverträgen, ist diese Zeit vorbei?
John: Ich glaube, dass es früher genauso viele Bands gab, die um ihre Existenz gekämpft haben, wie heute. Man macht aber, meines Erachtens nach, den Fehler, dass man ganz verträumt in die sechziger und siebziger guckt und sagt, dass es da noch gute Musik gab und Bands, die die Zeit überdauert haben und die viel Geld verdient haben. Man vergisst dann aber, dass genauso viele Bands gab, die hinten durch das Raster gefallen sind, weil sie vielleicht einen Hit hatten und dann nichts mehr. Ich glaube auch, dass Web 2.0, Facebook, Twitter immer wichtiger wird und das Bands somit mehr Chancen haben, sich selbst zu vermarkten und ich höre von Bekannten, dass Labels auch finanziell teilweise schwer zu kämpfen haben. Mir fehlt da aber komplett der Einblick. Mein Label ist ein Ein- oder Zweimannbetrieb, Gunner Records, und ich weiß, dass Gunnar damit nicht reich wird.
Das nicht, aber hat jede Menge interessante Bands.
John: Das ist wahr, das ist dann aber auch wieder was anderes. Aber das ist dann aber eben auch ein Business von Idealisten. Das gilt halt für die Indielabels. Ich glaube bei Warner und bei Universal sieht das alles noch ein wenig anders aus.
Ich denke aber, dass auch selbst die mittlerweile zu kämpfen haben.
Was sind deine Pläne für die Zukunft, außer dass du am Montag wieder Kinder unterrichten musst?
John: Spielen, spielen, spielen. Das Album kommt in zwei Wochen raus (Anm. d. Red.: 29.08.14), dann machen wir ein bisschen Promo für das Album. Ich spiele dann in Hamburg im Inn-Store, spiele an Wochenenden zwei, drei kleinere Festivals und dann fangen wir an zu planen für nächstes Jahr und für den Herbst. Zwischendurch werden noch ein paar Gigs eingeschoben. Ziel ist eben, dass das Album in einem gewissen Rahmen eben einschlägt und das wir auf das Album aufbauen können.
Mein Blog wurde mir wegen deines Albums eingerannt. Ich fand es kurios.
John: Das ist auch genial.
Und in zehn, fünfzehn Jahren, heißt es dann: „John Allen auf Tour“, dann aber als Headliner?
John: Das muss ja das Ziel sein irgendwo. Also wenn du ernsthaft Musik machst, dann machst du es ja nicht, weil du es geil findest, vor zehn Leuten zu spielen. Wenn du ernsthaft Musik machst, hast du den Traum, irgend wann mal groß zu sein. Das heißt aber auch nicht, dass Konzerte mit zehn Leuten nicht toll sein können. Ich habe auch schon geile Konzerte mit fünf oder sechs Leuten gehabt. Wenn jemand Musik liebt und ich liebe die Musik, dann ist Vorstellung davon leben zu können natürlich ein Traum. Und wenn man dafür was tun kann, macht man das eben. Ob das dann aber am Ende klappt, oder ob sich das in eine Richtung entwickelt, bei der man sagt, dass es klappen könnte, das steht dann auf einem ganz anderen Blatt. Aber so ein wenig träumen kann man schon. Fest steht auf jeden Fall für mich, dass ich nicht aufhören werde, Musik zu machen. Ob nun in zehn Jahren 2000 Leute meine Musik hören wollen oder nach wie vor 50 oder zwanzig.
Dann heißt es irgendwann: John Allen in der O2-World oder John Allen in der Zitadelle Spandau.
John: Das glaube ich nicht.
Wie bei Mumford & Sons geht es bei musikalisch dir ja grob in die selbe Richtung.
John: Mumford & Sons haben eine Band. Ich glaube schon, dass es für eine Band mit einem gewissen Kickstart deutlich einfacher ist als für einen Solokünstler. Eine gute Band macht aus, ob nun 500 oder 1000 Leute zu deiner Show kommen. Das ist alles echt noch Zukunftsmusik. Im Moment bin ich echt glücklich darüber, wie es gerade läuft. Es läuft wirklich richtig gut. Mit dem ganzen Projekt habe ich vor etwas mehr als eineinhalb Jahren angefangen und jetzt spiele ich hier mit Joe Ginsberg in Berlin und es werden wohl um die hundert Leute kommen. Als ich im März mit einem Kumpel, Ghost Of A Chance, hier zusammen war, waren auch um die achtzig Leute da. Also was will ich denn mehr im Moment? Ich sehe eine Progression, ich sehe eine Entwicklung, ich sehe dass das Publikum größer wird und ich sehe, dass es dem Publikum in der Regel gefällt. Und genau das genieße ich in diesem Moment gerade wirklich sehr. Wenn es so weiter geht, wäre das toll. Und wenn es so bleibt, wie es ist, dann hab ich immer noch richtig viel Spaß dabei.
Zum Ende eines jeden Interviews, frage ich immer ein paar Randomsachen.
Katze oder Hund?
John: Hund. Ganz einfache Sache: Meine Eltern hatten seit dem ich klein war Hunde und nie irgendwelche Katzen.
Morgen oder Nachtmensch?
John: Nachtmensch. Definitiv.
Bist du eher der Kaffee- oder Teetrinker?
John: Ich trinke überhaupt keinen Kaffee, wenn dann eher Tee.
Ist das das Norddeutsche in dir?
John: Überhaupt nicht. Ich vertrage ihn einfach nicht. Ich übergebe mich nach einem Kaffee regelmäßig.
Was ist dir Lieber: Touren oder Aufnehmen?
John: Touren, definitiv. Aufnehmen ist total spannend, Aufnehmen macht Spaß, Aufnehmen ist verdammt harte Arbeit, aber es ist toll zu sehen, wie etwas entsteht. Und das Touren ist dann das Lobabholen dafür. Es ist zwar auch anstrengend, aber es gibt halt nichts besseres, als abends auf der Bühne zu stehen und Applaus zu bekommen. Ich sehe hier, wie die Leute hier sitzen und sich auf das Konzert freuen und das ist eben irre.
Ich hab gehört, dass die Berliner ein bisschen eigen sein sollen und nach zwei, drei Mal gelangweilt sind.
John: Meine Erfahrungen mit Berlinern, und das sage ich jetzt nicht nur, weil wir in Berlin sind: Die besten Shows hatte ich hier und im Kölner Raum. Also Köln, Düsseldorf, Oberhausen. Die Ecke, da hatte ich bisher meine besten Soloshows.
Letzte Frage: Singst du unter der Dusche?
John (lacht): Gelegentlich schon, ja.
Ist das dann eher der Frank Sinatra oder ...
John: Das ist wohl eher davon abhängig, was ich gerade höre. Mein letztes Duschsong war „Into The Great White Open“ von Tom Petty heute Morgen. Das liegt aber auch daran, dass Joe Ginsberg den auf der Tour ab und an gecovert hat, deswegen hatte ich den so im Ohr.
Du stehst übrigens nicht vorne am Eingangsschild.
John: Ich bin ja auch nur Support.
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Nach dem Konzert hat mich eine junge Dame angesprochen, die während des Konzerts mit ihrer Spiegelreflex aufgefallen ist. Sie hat mir angeboten, Bilder von ihr auf meinen Blog zu hieven. Ich möchte hier an dieser Stelle Adina Scharfenberg sehr dafür danken.
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