Drei Studioalben und ein Live-Album, welches man in verschiedenen Ausführungen kaufen konnte, haben die Mannen um Ben Kowalewicz bisher zustande gebracht. Nicht zu vergessen die CD unter dem Namen „Pezz“. Nun kommt das vierte Studioalbum daher & man durchbricht einige Regeln bzw. Gewohnheiten, die man von Billy Talent gewöhnt war. Angefangen bei der Namensgebung. Das Album heißt nicht, so wie man es erwarten würde 4, IIII, IV oder FOUR, nein man hat hier nun wirklich einen Namen für das Album gefunden. „Dead Silence“, Todesstille. Vielleicht das, was man von Billy Talent dachte, nachdem man das dritte Album auf den Markt gebracht hatte und man irgendwann nichts mehr von ihnen wahrgenommen hat. Zumindest suggeriert mir das meine Filterblase so. In dieser Zeit, zwischen III und Dead Silence ist auch einiges passiert. Aaron Solowoniuk, der seit einigen Jahren mit multipler Sklerose leben muss, wurde am offenen Herzen operiert. Man hat sich in der Zeit, zwischen diesen beiden Alben, ein eigenes Studio zusammengezimmert und den Gittarero Ian D’Sa an die Knöpfe gelassen, um der Platte ihren Sound zu verleihen. Man merkt nicht nur an der Namensgebung, dass sich einiges getan hat. Dead Silence wirkt ruhiger als die Vorgänger, leider ging dabei auch das signifikante, ich nenne es mal „Geek-Geschrei“, von Ben verloren. Man merkt nun aber auch, dass er richtig gut singen kann, gut konnte er auch vorher, aber diesmal wirkt alles viel ausgereifter, wie in „Stand Up And Run“ welches sich mit so angenehmen Harmonien und fast hymnenartigen Gesang in das Gehör schleicht. Aber nun einmal von vorne.
Dead Silence beginnt mit einem leisen Ticken und akustischen Gitarren, was ich selbst von Billy Talent nicht gewöhnt bin. Der Gesang erinnert hier an einen leisen Marsch und man hat sogar Bläser und Streicher angeheuert, um dem ganzen etwas, ja fast mittelalterliches zu verleihen. In derselben Klanghöhe geht es weiter, mit dem schon bereits bekannten „Viking Death March“ welches glorreich an solche Singles wie „Red-Flag“ anknüpfen kann. Dieser Song hat der Band ja eine riesige Heerschar an Fans beschert. „Surprise Surprise“ verknüpft alte Billy-Talent-Tugenden mit neuen wuchtigen Gitarren. Und man baut sogar politische Kritik ein. Man höre nur auf den Satz „It’s hard to save a dollar, the way the world runs“. Also neue Winde im Lager von Billy Talent. “Runnin’ Across The Tracks” knüpft an ähnliche Zeiten an, Ben darf hier mal schreien, wie früher. Der Gesang ist hier recht vielfältig, dank Ians Arbeitseifer. Der Rhythmus, der das Album durchzieht, bleibt auch bei „Love Was Still Around“ erhalten. Man kann sogar ein leises Ticken wie im Intro erahnen. Mit „Stand Up And Run“ folgt einer meiner Lieblingsstücke im Gesamtkonzept „Dead Silence“. Eine schöne Hymne/Ballade/Halbballade, mit welcher man sicher ganze Stadien in Bewegung versetzen kann. Die Gitarren sind hier nicht allzu verzerrt und man singt in Tonlagen, die einem fast die Freudentränen in die Augen treiben lassen.
„Crooked Minds“ klingt nach den alten Billy Talent, die ihren eigenen Sound manifestieren mussten und noch etwas staccato-haft klingen. Was alle Songs gemein haben, zumindest fast alle, ist ein Soli, so wie in den späten 80ern bzw. frühen 90ern. Ich bin zwar kein großer Fan davon, aber zurzeit spielen das alle, also kommt man da nicht dran vorbei. „Man Alive!“ packt noch mal ne Schippe drauf und hat das Anrecht, das neue „Red-Flag“ zu werden; geht ab wie die Katze von Schmitt. Die Drums sind ordentlich und auch die Gitarren überzeugen auf ganzer Länge. Ein Partykracher.
Bei „Hanging by a Thread“ hat man sich ganz alten Werkzeugen bedient, die man fast genauso auf anderen Alben der Kanadier findet, sogar fast in selber Melodie-Abfolge. Aber nun gut, nach 4 Alben kann das passieren und man erwartet solche Spielereien ja fast auf jeder neuen Platte.
„Cure The Enemy“ ist zwar langsamer, aber dafür umso härter in den Gitarren, zumindest im Refrain, die Stimmen sind wieder gut aufeinander angepasst.
„Don’t Count On The Wicked“, eines der wuchtigeren Titel des neuen Silberlings. Man beschäftigt sich auch unter anderem mit der Erkrankung des Drummers. Man traut sich sogar mal den Verstärker ne Stufe härter zustellen, mal Richtung Metal. Wenn Ian weiter so experimentiert mit der Gitarre und den ganzen Peddals, die man so bekommen kann, freue ich mich jetzt schon auf die neue Platte, die, so will es die Regel, in 3 Jahren erscheinen wird. Wenn nicht, wäre ich fast enttäuscht, man kann ja seinen eigenen Sound behalten, aber irgendwann kann man einem dann Stagnation vorwerfen.
„Show Me The Way“ und „Swallowed Up By the Ocean“ sind mit die schwächsten Titel der Platte. Der erste wirkt leicht einfallslos und, was ich nicht wirklich mag, wenn man hört, dass man an nem E-Piano werkelt, wie das Intro von „Swallowed Up By The Ocean“. Tut mir leid, dafür gibt’s keine gute Note meine Herren. Nach Streichern und Bläsern im ersten Titel, so etwas abzuliefern - passt nicht. Und dann kommt schon der Titel, der dem Album den Namen „Dead Silence“ verpasst hat. Eigentlich fast unüblich. Er klingt wie ein reitendes Pferd, immer noch mehr nach vorne, immer schneller, im „BT-Style“ halt. Und dann fragst du dich: „Soll ich jetzt Repeat drücken?“ Wenn du dich in die Platte hören willst, ja. Sonst eher nicht.
Alles im Allen muss ich sagen, dass dieses Album sich erst nach 3- oder 4-maligen Hören in mein Gehör gespielt hatte. Ich erwisch mich hier und da, wie ich mitsinge und hab auch einige Lieblingstitel, wie „Stand Up And Run“. Ich hoffe, dass ihnen die Kreativität nicht ausgehen wird, sie aber auch nicht solche Fehltritte wie Dredg oder die Red Hot Chili Peppers machen werden, denn Elektro auf BT, das würde nicht funktionieren.
Es sind ein paar Stadion-Hymnen auf der Scheibe, man könnte meinen, man wird ein wenig zu 30 Seconds to Mars, dank der vielen „Ohhh-Ohhh-Ehhh-Ihh-Ehh-Ohhh-Ohhh’s“, aber lassen wir das. Beim nächsten Album dürfen sie gerne wieder ein Stück härter sein oder mehr solche Werke schaffen, wie „Stand Up And Run“
Billy Talent - Dead Silence |
1 Kommentar:
Glückwunsch zur 100!
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