Sonntag, 26. März 2017

Bloggeburtstag Nummer 5

Seit nun mehr fünf Jahren sind wir, bin ich, hier neben dem Strom. Fünf Jahre voller Erfahrungen und auch Arbeit. Fünf Jahre voller Wow-Effekte und Momente, bei denen man sich fragte, ob das der Künstler oder die Band wirklich ernst meint. Fünf Jahre in denen ich teilweise geflucht habe vor dem Rechner, weil eben dieser (einer ist seit 2006 in meinem Besitz) nicht genau das tat, was ich ihm aufgegeben hatte oder in einer Zeit, in welcher man eben locker einen Kaffee kochen konnte.
Fünf Jahre zwischen derbstem Core und leichterer Popmusik, zwischen Sprechgesang und akustischen Gitarren, von einem Label zumal, von welchem man sowas am wenigsten erwartet hätte. Fünf Jahre zwischen kostenloser Musik von Bandcamp und Jamendo und Musik von den ganz großen Plattenfirmen wie Roadrunner oder den kleinen, feinen Plattenfirmen wie Big Scary Monsters. Hätte mir jemand vor fünf Jahren gesagt, was ich in dieser Zeit alles erleben werde, wen ich alles auf diesem Wege treffen werde, was für kleine Träumchen erfüllt werden, welche Platten ich einmal rezensieren darf, hätte ich ihn wahrscheinlich nicht für voll genommen. Fünf Jahre zwischen dem Suchen nach guter, kostenloser Musik und dem Überfluss.

Dieses Blogjahr brachte nun doch weniger hervor, als vielleicht vermutet. Das hat viele Gründe: Arbeit, Arbeitgeberwechsel, wenig Zeit um Musik zu hören durch andere Hobbies und viele anderer Umstände. Wie ihr jedoch bei den Releases sehen könnt, zu hören gäbe es genug, allein in diesem März mehr als 30 Alben. Pro Tag also mehr als ein Langspieler. Wer sich erinnern kann, die Band Nu-Nation aus St. Petersburg hatte ich interviewt und was soll ich sagen. Dieses Interview schlug ein und bescherte diesem kleinen Ding hier neue Besucherrekorde, zumal der dritte Teil in englischer Sprache immer noch häufig angeklickt wird.

Auf der anderen Seite lief und läuft mir die Zeit davon, ich entdecke neues oder bekomme Rezensionsexemplare, deren Qualität exorbitant gut ist. Dann kommt jemand anderes und auf einmal könnte man drei Reviews schreiben und merkt dann, dass der Release-Termin bereits in der Vergangenheit liegt. Dafür muss ich mich bei den Platten- und Promotionfirmen entschuldigen. Natürlich gilt ihnen auch mein Dank, denn ohne diese kleinen und großen Helden des Business wäre das hier alles vielleicht weniger interessant, auch wenn manche Platten hier ins extremste abdriften. Der Redaktionschef, Hörer und Schreiberling bin immer noch ich, alles in einer Person. Sicher habe ich auch schon ein paar Leute, die eine differenzierte Meinung über Musik haben, gefragt, ob sie vielleicht für diesen Blog schreiben würden wollen. Es traut sich nun mal nicht jeder zu ein paar Zeilen Text zu einem Album zu schreiben, was zumal hier in den Stil passen muss. Bringt ja alles nichts, wenn man dem Text nicht folgen kann, weil die Schreibe uninteressant wirkt.

Wer weiß, wo ich mit dem Ding hier in fünf Jahren stehen werde oder ob ich immer noch neben dem Strom schwimmen werde. Es gibt Blogs, denen ich gefolgt bin und die leider gestorben sind. Dann gibt es Blogs, die unglaublich groß geworden sind, wie das Kraftfuttermischwerk. Natürlich bin ich weiterhin auf der Suche nach guter Musik, immer in der Hoffnung, dass weiterhin gute Musik in meine Postfächer (analog wie digital) trudelt. Natürlich wünsche ich mir, dass mein Blog weiterhin lebt und ich nicht kapituliere. Ich habe ja immer noch ein paar kleine Wünsche, die ich mir erfüllen möchte, sei es ein Interview mit den Deftones oder vielleicht Incubus oder eine Platte von eben diesen Bands, zur Rezension.

Keiner wird wissen wo man in fünf Jahren sein wird, die letzten fünf waren aufregend und auch aufreibend. Aber ohne das ganze, was passiert ist, die durchgemachten Nächte, die Zeit vor den Bildschirmen, das Hetzen durch die Stadt (meist Berlin) um einen Interviewtermin rechtzeitig zu erreichen, ohne das ganze wären wir hier heute nicht an dieser Stelle und ich vielleicht nicht der, der ich heute bin.


Picture taken from my Instagram.

Mittwoch, 22. März 2017

Die 20. Fleet Union: Sorority Noise - You're Not As ____ As You Think

"Du bist nicht so ____ wie du denkst." Diese Aussage kann sich jeder zurechtlegen wie er oder sie mag. Das Quartett Sorority Noise kommt aus Connecticut und haben nun ihren dritten Langspieler auf den Markt beworfen. Dabei wird man zu beginn sofort von einer Gitarre begrüßt. Der Gesang ist am Anfang träge und der Text, dass man nur 8 Stunden in der gesamten Woche geschlafen hat, erschreckt. Im nächsten Moment wird man jedoch von einer unglaublichen Wucht erschlagen, bestehend aus so vielen Schichten an Instrumenten, dass man meint, den Knoten platzen zu hören, der sich aufbaut. Und das ist erleichternd.

Der Sänger und Gitarrist packt dich hier an den Stellen die am meisten schmerzen. Seien es Menschen, die plötzlich aus deinem Leben verschwinden oder die Familie und Freunde, die sich in alle vier Winde zerstreut haben. Jeder kennt dieses Gefühl, gerade gebraucht zu werden, aber nicht weg zu können, da einem sonst keiner den Kühlschrank füllt oder gar die Miete zahlt. Und da ist sie wieder, diese Wucht. Musikalisch ist das wie ein starker Wellengang, mit ruhigen Tälern und zerberstenden Spitzen. Man kann headbangen aber auch sinnieren, den Text zerflücken um dann im nächsten Moment dann doch wieder freudestrahlend die Nackenmuskulatur zu strapazieren, aber nicht vergessen, am nächsten Tag musst du wieder funktionieren, sei es auf Arbeit, im Freundeskreis oder innerhalb der heimischen vier Wände. Und dabei scheint es, als winken einem ein paar Bekannte zu, die man irgendwo anders vielleicht mal gehört haben könnte. Car erinnert an Jessie's Girl von Rick Springfield. Wer Dave Grohl's Film Sound City gesehen hat, wird einige Parallelen erkennen.

Dass dieses Album nur innerhalb von zehn Tagen aufgenommen wurde, hört man ihm nicht an. Erschienen ist der halbstündige Wellenritt durch alle möglichen Emotionen am 17.03. auf Big Scary Monsters und kann auf deren Youtube- und Bandcampaccount gestreamt und gekauft werden.

Anspieltipps: No Halo, Disappeared, Where Are You

5,5/6 Punkten (Dancing with tears in my eyes.)

Sorority Noise - You're Not As ____ As You Think
(Quelle: Presskit von Fleet Union)

Montag, 13. März 2017

Pias 5: Sailor & I - The Invention Of Loneliness

Allem Anschein nach sind skandinavische Künstler, die elektronische Tanzmusik produzieren, anders drauf, als so manches Pendant aus Zentraleuropa. Wie sonst würde man den Sound von Röyksopp oder Björk erklären können? Der Künstler Alexander Sjödin kann ohne weiteres in diese Riege gezählt werden. Unter dem Künstlernahmen Sailor & I, veröffentlicht er sein erstes Album "The Invention Of Loneliness".  Er beschreibt es als zwei Seelen in einem Körper, die ständig im Kampf gegeneinander sind. Das Teufelchen und das Engelchen, welche abwägen, ob man nun die nächste Party aufsuchen sollte oder doch vielleicht eher ins Bett geht, um am nächsten Tag fit auf der Arbeit zu sein.

Auf dem Silberling tummeln sich, verteilt auf 62 Minuten, zehn Titel. Das ist schon mal mehr, als man auf manch aktuellen Alben anderer Genres findet. Man muss dem Mann auch zugute halten, dass er das Ding im Alleingang durchgezogen hat. Er eröffnet mit Black Swan recht opulent und verspricht dem Zuhörer eine aufregende Reise durch eine Welt voller Gegensätze. Beats, die zum Tanzen einladen, stehen hier im Gegensatz zu Texten wie "I wanna run, but my body's frozen". Die Landschaften, die durch die Synthies geschaffen werden, wirken opulent und sind in allen Aggregatszuständen vorhanden, zwischen weit offen und bedrückend eng geht es durch das Gemüsebeet der skandinavischen EDM. Chameleon ist hier ein wunderbares Beispiel für eben diese Vielfältigkeit, wobei das auch einer der besten Tracks des Albums ist. Auf die Länge gesehen ist es dann aber doch schade, dass man sich verläuft, nach halt sucht, nach einem Orientierungspunkt, wo man gerade ist. Hier hilft nur der Blick auf die Karte, was hier in dem Moment das Booklet der CD ist. Zwar erfährt man bei genauem Hinhören an einigen Stellen ein paar mehr Details, die ganz großen Aha-Erlebnisse wollen aber nicht so zünden. Vielleicht liegt das auch an diesem Zwiespalt, man will viel erzählen, verhaspelt sich und bleibt in den Details stecken um dann den roten Faden zu verlieren. Die Idee, Gefühle auf Dancebeats zu packen, ist nicht schlimm. Aber man hätte sicher mehr draus machen können, das Album vielleicht einen Hauch kürzer halten, etwas flotter voranschreiten können. Sicher verpasst man dann hier und da etwas am Wegesrand, aber dafür kann man das Album dann auch öfters hören. Das Album erschien bereits am 24. Februar.

Anspieltipps: Black Swan, Chameleon, Flickering Lights

4/6 Punkten (Na, hat sich hier etwa jemand verlaufen?)

Sailor & I - The Invention Of Loneliness
(Quelle: jpc.de)

Samstag, 4. März 2017

Die 19. Fleet Union: Leoniden - Leoniden

Leoniden, wer bei diesem Namen an einen Trümmerhaufen im Weltall denkt, liegt nicht vollständig falsch. Leoniden, das sind fünf Jungs aus dem hohen Norden Deutschlands. Das Quintett bringt jedoch, anders als gedacht, nicht das schlechte Wetter mit. Es ist eher eine warme Dusche voll Sonnenschein und einer Priese "Ich will raus hier". Zumindest klingt der Opener Nevermind so. Wie sonst soll man solche Textzeilen wie "I got a situation, I'm living in a place that fucks me up" sonst interpretieren? Dabei klingt die instrumentelle Untermalung komplett konträr zu dem Gesungenen, als wöllte man seine Depriphase mal eben wegfeiern. Der nachfolgende Track 1990 ist der Brüller schlechthin, da der Refrain bereits mit mehr Stimmen gesungen wird, als es eigentlich Mitglieder in der Band gibt.

Dabei stellt man sich stets die Frage, ob die Musik nun Pop ist oder noch Rock oder doch schon Indie? Das weiß das Quintett nur selbst. Man schafft ein paar Brüche, da man mit den Openern gut anrollt, um dann auf einmal Kuschelmusik vom Band zu lassen. Das hat diese Band aus Bayern aber auch drauf und ist um einiges wuchtiger. Die Jungs bleiben ihrer Komplexität treu, frickeln hier und da, spielen kurz mal dissonant und schaffen dann wieder Pop-Landschaften. Das hält den Zuhörer am Ball und lässt immer wieder den Blick auf das Musikabspielgerät wandern, damit man sich seinen neuen Lieblingstitel auch beim Namen merkt, falls die Gruppe mal fragen sollte, was man denn so als Zugabe spielen sollte. Erschienen ist der Sternschnuppenschauer am 24.02. auf Two Peace Signs Records 

Anspieltipps: Nevermind, 1990, Storm

5/6 Punkten (Gerne mehr Geballer, gerne weniger Kuscheln)

Leoniden - Leoniden
(Quelle: Presskit von Fleet Union)