Sonntag, 2. November 2014

1. Teil des Interviews mit den Emil Bulls vom 24.10.2014

Mit diesem Interview ist ein kleiner Traum aus Jugendtagen wahr geworden, wofür ich mich nicht nur bei James und Andy bedanken möchte, sondern auch bei Niko von Monster-Artists, ohne den das Ganze gar nicht erst möglich gewesen wäre. Meine Gedanken dazu gibt es dann im zweiten Teil. Nun erst Mal der erste Teil, über die Emil Bulls, Wikipediageschichten und den Sound der Emil Bulls.

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(V.l.n.r) James Richardson, Christoph von Freydorf, Andy Bock, Stephan Karl
(Quelle: Promopackage von AFM-Records)

19 Jahre zusammen als Band...

Andy: Handgeschrieben? Sexy.

Danke. Nun, 19 Jahre Bandgeschichte  und acht Alben, was hat das mit euch, den Emil Bulls angerichtet?

James:
Was das angerichtet hat? Im Grunde genommen nichts, eher hat es das angerichtet, was es sollte. Wir können irgendwie von unserer Musik leben und nach wie vor unserem Traum hinterher jagen. Das finde ich ganz gut.

Klingt soweit doch ganz gut. Bei euch ging es ja nicht immer bergauf, sondern hier und da auch mal bergab. Auf dem Tourvideo von 2007 ist zu sehen, wie ihr mit dem Zug durch die Alpen fahrt, weil der Sprinter defekt war.


James: Der Sprinter war nicht defekt. Der Fernpass war gesperrt und wir hätten so fünf Stunden mehr für die Strecke gebraucht.In 19 Jahren Bandgeschichte passiert natürlich sehr viel und wir sind mit der Band aufgewachsen und auch erwachsen geworden. Im Endeffekt leben wir das Leben, von welchem viele Hobbybands nur träumen. Wir sind uns dessen auch durchaus bewusst und  glücklich darüber, das wir dieses Privileg haben.

Du (Andy) bist ja nun nicht mehr der Frischling der Band. Damals hab ich euch das erste Mal im Knaack gesehen und Chris Schneider war im Publikum.

Andy: ... und er stand schreiend vor mir.

Du bist ja eher quer eingestiegen, musstest du dich dann darauf einstellen, wie die anderen drauf sind? Also lernen, woran man sieht, dass der andere einen schlechten Tag hat und ob man ihn dann besser nicht anspricht?

Andy: Ja, natürlich. Das ist aber wie in jeder Beziehung: man weiß irgendwann, dass man den jetzt gerade nicht ansprechen kann. Aber die anderen wissen das auch bei mir, dass wenn ich mit meinem Grumpy-Cat-Gesicht herumlaufe, dass mich da keiner anreden brauch. Man stellt schlussendlich sein ganzes Privat- und Berufsleben darauf ein, dass man jetzt in einer Band spielt, wo ein bisschen was geht. Man macht halt noch irgendwie Teilzeitjobs nebenher, die man noch so hin schieben kann, dass man mit der Band weg sein kann. Die Freunde und Freundinnen wissen auch, dass man an den Wochenenden nie da ist, das sind dann eben die Rahmenbedingungen, die man braucht. Man baut sich alles so auf, dass die Band immer Priorität hat und man kann fix eben irgendwo hinfahren. Es ist zwar ein einschneidender Punkt, aber es ist jetzt nicht irgendwie scheiße.

James sagt, ihr könnt davon leben und du sagst, dass du musst nebenbei arbeiten musst?

Andy: Ja, jeder macht so Kleinkram nebenbei.

James: Ich muss dazu sagen, dass wir aus München kommen.

Andy: Und da muss man dann halt eben was nebenher machen, im Backstage hinter der Bar zum Beispiel.

James: Würden wir in Berlin wohnen, könnten wir wahrscheinlich komplett davon leben. Das tun wir nicht, wir lieben unsere Stadt.

Selbst der Herr Cazzato von 4Lyn, die gibt es mittlerweile nun auch nicht mehr, musste nebenbei auch arbeiten. Ich dachte mir: Die verkaufen doch genug Alben, wie kann das sein?

James: Mit Albumverkäufen verdient man sowieso nichts.

Mittlerweile nicht mehr. 70.000 Exemplare von Angel Delivery Service gingen über die Ladentheke und von Sacrifice To Venus habt ihr 20.000 Stück umgesetzt und habt trotzdem eine bessere Platzierung in den Charts.
 
Emil Bulls - Sacrifice To Venus
(Quelle: Promopackage von AFM-Records)



Andy: Man sagt immer, dass der Markt 70 Prozent rückläufig ist, wegen des ganzen Internetscheiß. Deswegen sind wir als Band eigentlich gut am Start, wenn man das so hochrechnet. Wie das Label das wieder runter rechnet, ist das alles super.

Da macht aber auch viel der Underground (EBU) mit.

Andy:
Total. Die sind da sehr engagiert und wir sind auch froh, dass wir die haben und das ist unbezahlbar.

Die Emil Bulls heute, was würden die den Emil Bulls von vor 19 Jahren sagen?


James lacht

Würden die denen von einem bestimmten Label abraten oder von einem bestimmten Einkauf?


James: Das ist eine echt schwierige Nummer. (denkt nach) Ich finde, dass wir alles relativ richtig gemacht haben, es gab halt einfach so ein paar Punkte, wo man sich ein paar Gedanken mehr machen hätte können, wo man sich mehr hätte anstrengen können. An sich war alles, was wir gemacht haben, das hat auch unserer Gitarrist Moik gestern gesagt, das hat einfach alles in die Zeit gepasst, zu der Reife, die wir damals hatten. Es war alles richtig so, es gab halt so ein paar Dinge...

Stell dir halt vor, du siehst dein 19 Jahre jüngeres Ich, du sagst zu ihm: „Ein Satz, danach bin ich weg.“ Dieser wichtige Satz, was würdest du ihm da mitgeben?

Andy: Ich würde sagen: „Guck mich an, wird alles gut.“

(alle lachen)

Wenn man der Wikipedia glauben darf, wart ihr alle Chorknaben.


James: Die Chorknabensache... Christoph hat irgendwann mal in einem Chor gesungen, keine Ahnung, was das für ein Chor war. Ich hab mal in einem Tölzer Knabenchor gesungen, bis ich elf war, der war in München. Das war's auch eigentlich, wir haben auch nicht zusammen im Chor gesungen und wir waren auch nicht im Kirchenchor oder sonst was.

Das heißt, die Wiki lügt.

James: Wenn man es genau nimmt, lügt sie. An sich hat das keiner von uns so genau genommen. Wir haben halt mal in einem Chor gesungen und wie es der Journalismus so wollte, wurde das hochstilisiert. Das hat aber nichts mit unserer Band oder sonst irgendwas zu tun, also wirklich gar nicht.

Hätte ja sein können, dass ihr euch da zusammengeschlossen habt. Nach dem Motto: Lass mal lieber nen Bass und eine Gitarre nehmen.

James: Eigentlich gar nicht, wir haben uns über einen Fußballverein kennengelernt. (alle lachen)

Also muss die Geschichte muss umgeschrieben werden. 


Bei dem aktuellen Album habt ihr mit dem Produzenten zusammengearbeitet, der auch Enter Shikari's Alben produziert hat, das hört man auch hier und da. Wenn man überlegt, The Black Path war der Befreiungsschlag, dann kam der Phoenix, der so ein wenig weicher war und danach kam der Ozean. Schließlich habt ihr euch einen anderen Produzenten ausgesucht, gab es dann auch andere Ideen und andere Songstrukturen  als bei den anderen Alben?

Andy: Ja. Der Dan ist ein wahnsinnig lieber Freak was Instrumente betrifft und ein Wahnsinnsgitarrist. Er hat dem Moik und mir da sehr geholfen und uns ein paar Kniffs mitgegeben, die man so nicht immer mitbekommt.
 

Behind The Sun ist auf G gestimmt, wenn ich mich nicht täusche. Auf der Gitarre hat mich das schon gewundert, weil meine auf Drop-A gestimmt ist.

Andy: Damit hatte der Dan jetzt nicht viel zu tun, das kam eher vom Jamie.

James: Ich hab auch alles, bis auf das Schlagzeug, gespielt. 

Auf jeden Fall ist es verdammt deep, am Anfang denkt man, dass ein richtiger Abriss kommt.

James:
Ursprünglich hatte ich gedacht, dass es im Studio ein wenig schwieriger wird aber der Dan, der Freak, der ja ein richtig virtuoser Gitarrist ist... der ist überhaupt an allen Saiteninstrumenten und am Schlagzeug richtig gut, der hat das sogar gestimmt... es ist einfach alles richtig gut und schnell von der Hand gegangen, vor allem soundtechnisch. Wir sind alle sehr zufrieden, vor allem die Saitenfraktion, es ist einfach der Wahnsinn. Dan hatte auch ganz gute Ideen, was Songstrukturen anging, da wo wir nicht mehr weiter gekommen sind.

Aber warum ist auf dem Ding eine Ballade geworden?

James: Bei „Behind The Sun“ war das echt...

Es ist ein richtig guter Titel, ein Spalter, der auch innerlich total schizophren wirkt, auf der einen Seite richtig dunkel und böse und auf der anderen Seite das total weiche, liebliche. Im Hintergrund bollert es noch und vorne Singt Christ, das ist der Hammer.

James: Der Song ist so krass Emil Bulls... wir haben uns beim Songwriting gedacht, dass wir auch mal andere Stimmungen ausprobieren könnten. Dann stimmen wir halt mal runter. Ich hab mich daheim hingesetzt, runter gestimmt und das war wirklich die erste Idee, die ich darauf hatte. Von der Inspiration her sollte das keine Ballade werden. Aber mir war sofort klar, dass Christoph da drauf singen wird.

„Pants Down“ ist einer der Favoriten ist ja einer der besten Tracks des Albums. Aber warum die Ballade danach? Man ist total heiß und aufgepumpt und dann kommt dieses „Loch“. Wer hat sich das ausgedacht? Das ist eher ein Absturz, denn eine Achterbahnfahrt.

James: Für uns ist das gar nicht so, auch für mich persönlich. Ich brauche das auch so. Die Setlist von der Platte ist halt auch gut: die ersten drei Songs bolzen voll rein, volle Breitseite und genau an diesem Punkt will ich halt persönlich was haben, was sagt: „Jetzt komm erst mal runter.“ Das Album davor ist ja genauso. 




Emil Bulls - Pants Down (Musikvideo)

Wenn man sich „The Black Path“ anhört, da geht es ja nur voran, da gibt es immer auf die Zwölf. Das war auch der erste Aha-Moment, wo man sich bereits schon gefragt hatte, was mit den Bulls passiert ist, wo die denn geblieben sind. Und dann kommt ihr mit dem Video zu The Most Evil Spell rum und haut die mp3 raus. Das ganze Album war so hart, gefühlt zumindest.

James: Bei der Black Path... das sehe ich gar nicht so. Pledge Allegiance To The Damned finde ich zum Beispiel genau so wie I Wanna Feel You.

Andy: Ich verstehe schon was du meinst. „I Wanna Feel You“ hat halt viel mehr Pop-Touch, als „Pledge Alegiance“, auch von den Playbacks her. „I Wanna Feel You“ kannst du auch mit einer Akustikgitarre spielen, das hat ein ganz anderes Gewandt.

James: Auf jeden Fall, aber das ist aber auch der Punkt. Die Emil Bulls wollen sich nicht limitieren lassen. Die Emil Bulls haben sich nie limitieren lassen, lassen sich nicht limitieren und werden sich auch nie limitieren. Ich hab gestern auch gesagt, dass wir unser eigenes Songwriting haben, wo auch solche Songs auftauchen. Nur bei uns gibt es nicht die Frage, ob so ein Titel auf eine Platte kommt, sondern welcher.
„I Wanna Feel You" hatte ursprünglich auch kein so poppiges Gewandt, das wird dann einfach so, wenn man auch versucht, alles aus den Songs heraus zu holen.

Seit „Phoenix“ bist du ja mit in die Produktion involviert, gefühlt haben sich seit dem weitaus mehr Soli breit gemacht. Auf der Venus scheinen die aber nicht mehr so aufzufallen.

Andy: Ich habe nie mehr als drei oder vier Soli auf der Platte. Ich persönlich sehe mich auch eher als Lead-Gitarrist und ich steh auch voll drauf. Ich darf Soli machen, weil die Jungs sehen, dass ich das gut mache. Den taugt's dann auch voll und ich denke nicht, dass wir uns da jetzt überfrickeln. Es sind manchmal auch C-Teile dabei, wo bei vielen Bands ein Beat-Down kommt, das bietet sich da auch durchaus an. Aber hier sag ich mir, dass man da auch ein Solo drauf spielen kann, da das die Qualität der Band und der Musik massiv steigert und nicht die ganze Zeit Nu-Metal, die ganze Zeit in Drop-Stimmung bis zum Dritten Bund, Soulfly knallt. Der typische Anti-Gitarrensound ist nun mal Nu-Metal, ich will da nicht lästern, aber das kann ich nach einem Jahr im Kindergarten spielen. Es ist nicht böse gemeint, aber es gibt halt Referenzen. Der Dan hat uns freien Lauf gelassen und jeder durfte seinen Part anbringen, so auch ich mit den Soli. Wenn es sich angeboten hatte, hieß es: „Bocko, mach mal was drauf!“ Und wenn es beschissen war, ist es direkt wieder raus geflogen.

James: Man muss auch dazu sagen, dass es eigentlich keine so starke Neuerung war. Wir hatten auch schon vorm Andy Soli in den Titeln, nur waren die halt mehr versteckt. Unser alter Gitarrist war auch eher der Typ, der das so geschrieben hat. Soli hatten für uns schon immer klar einen Platz in unserer Musik und als der Andy eingestiegen ist, haben wir uns eigentlich keine Gedanken darüber gemacht. Man schreibt dann einfach einen Song und wenn man da Platz für ein Solo hat und sich auch vorstellen kann, dass das auch geil klingen könnte, dann plant man das direkt auch so ein.

Andy: In „Cocoon“ da hat der Chris ein ziemlich langes Solo hin gezaubert.

James:
Und seit dem unser DJ raus ist, haben wir natürlich noch mehr Platz für Soli. 


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Und wenn ihr wissen wollt, was James und Andy über Katzen und Hunde denken, warum sie die Akustik-Platte von Korn nicht mögen und woran man eine AC/DC-Single erkennt, müsst ihr hier klicken.

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