Sonntag, 31. Dezember 2017

Jahresende, was kommt? (2017 Edit)

"Alle Jahre wieder." Das könnte nun der geneigte Leser, der hier öfter mal vorbeiguckt und liest, meinen. Dennoch hat sich unter diesem Thema eine kleine Tradition eingeschlichen, um das aktuell zwar noch laufende Jahr zu resümieren. Ein Leitsatz oder eher Erkenntnis, hat sich zum Ende dieses Jahres eingeschlichen.

Ich wurde auf Arbeit gefragt, warum ich soviel über den Weltraum und Musik weiß, jedoch in keinem beider Teilgebiete professionell tätig bin. Meine Fähigkeiten sind meinen Passionen nicht gewachsen, sprich: Auch wenn ich liebend gerne wüsste, wie es ist auf der ISS (oder eher doch durch die ISS?) zu schweben, so reicht mein Ausbildungsgrad nicht mal im Ansatz dazu, dass ich jemals dort oben "landen" könnte. Ähnlich verhält es sich mit der Musik. Ich spiele zwar etwas Gitarre, höre liebend gern Musik und habe auch eine Meinung dazu. Diese könnt ihr eben seit fünf Jahren und knapp neun Monaten auch mitlesen, nur habe ich leider keine journalistische Ausbildung genossen. Auch bleibt mir durch mein Praktikum bei ROME SDS der Gedanke, dass aus Spaß Ernst werden könnte und aus Ernst dann Stress. Und Stress mit Musik zu verbinden, nun das würde ich, aus einem rein subjektiv betrachteten Standpunkt, gern vermeiden. Dennoch träume ich davon sagen zu können, dass ich von meiner Passion leben kann. Dies bleibt nur den wenigsten vergönnt. Vielleicht gehört das auch zum Erwachsenwerden dazu, dass man sich eben mit solchen Dingen abfindet, auch wenn das traurig klingen mag. Durch die Arbeit, die Hobbies und andere Verpflichtungen fehlt eben die Energie und das Selbstvertrauen, alles in Plan A zu investieren und über Plan B gar nicht erst nachzudenken. Auch habe ich Verantwortung, nicht nur gegenüber mir, auch gegenüber anderer Personen, die mir sehr wichtig sind, auch wenn diese mir immer zusagt, dass ich mein Studium abschließen soll. Natürlich wollen wir auch die ganz wichtigen Institutionen erwähnen, denen man entweder Geld schuldet oder denen man jeden Monat etwas von seinem Geld abgeben muss.

2017 durfte ich aber auch ein paar Konzerte besuchen, wobei das von Jinjer sich am meisten eingeprägt hat. Dennoch habe ich nun nicht unbedingt mehr Zeit für die Musik als sonst auch, zumal ich beim Radeln auf der Straße seit Jahren keine Musik mehr höre. Sicherheit hat nun mal Vorrang und so wie die meisten Fahrzeugführer heutzutage unterwegs sind, muss man um so mehr auf "Ablenkung" verzichten. Einen kleinen, persönlichen Rekord kann ich dieses Jahr dennoch verbuchen: Ich bin 200km Rad gefahren, an einem Tag, beim Spreewaldmarathon. Und dabei hatte ich weniger Probleme mit den Muskeln denn mit Übelkeit und schmerzenden Knien. In den letzten Wochen war so viel los, da geriet die Fortbewegung auf dem Zweirad leider ins Hintertreffen, sogar soweit, dass einige fragten, ob ich faul geworden bin. Aber wie bereits im letzten Jahr beschrieben:  hätte man die doppelte Zeit des Tages zur Verfügung, würde man eben alles das schaffen und machen können, was man wöllte und sich vorgenommen hat. Versteht mich nicht falsch: 2017 war kein schlechtes Jahr. Wir haben zuhause ein Ritual eingeführt um uns am Ende des Jahres vor Augen zu führen, dass das Jahr nicht schlecht war... zumindest haben wir Erinnerungsstützen, die uns zu den Highlights des Jahres führen.

Natürlich möchte ich mich 2018 unbedingt mehr bewegen. 2018 möchte ich auch mehr Musik hören und rezensieren, mehr mit Freunden unternehmen. Mein Schlafrhythmus ist leider auch nicht der beste. Dennoch weiß man nie, was im neuen Jahr passieren wird, wem man über den Weg laufen wird, wo man landen wird, welch außergewöhnlichen Ereignisse sich abspielen werden oder ob man dann doch im Hamsterrad gefangen bleibt. Ob und was ich hier verändern werde, weiß ich aktuell nicht, vielleicht ein kleiner Glossar zu den Themen, die ich hier abgreife oder ein kleiner Steckbrief zu den Promofirmen und Labels, die man hier findet. Wer weiß. Und wer weiß, vielleicht kommt hier dann wieder mehr als im Vorjahr, wer auf das Archiv blickt, wird sehen was ich meine.

Und da ich ich bin, gibt es noch etwas Kostenfreies auf die Ohren. Das Geld geht in diesem Monat bekanntlich für Geschenke, Kalorien und Feuerwerkskörper drauf. Der Ein oder Andere könnte sich an Violet7rip erinnern, den ich hier mal hatte. Witch House ist eine Musikrichtung, von der ich einfach nicht wegkomme, aber auch hier gibt es auf Bandcamp recht viel Mist. Der Junge sticht immer wieder positiv heraus und ballert ordentlich nach hinten raus. Der Bass drückt und flattert fast, so tief ist er und dennoch geht hier nicht alles nach Schema-F vor. Zum 29.12. hat er eine kleine Sammlung unveröffentlichter Tracks auf Bandcamp geladen, die ihr euch für einen Preis laden könnt, den euer Haushaltsbudget zulässt. Quasi ein Geschenk von ihm.

Anspieltipps: Untitled II, Untitled IV, Untitled VI

Violet7rip - Unreleased
(Quelle: Bandcamp.com)

Donnerstag, 28. Dezember 2017

Teil 2 des Interviews mit Kid Dad vom 12.12.2017

Nachdem wir im ersten Teil des Interviews erfahren haben, was die Musiker von Kid Dad für Einflüsse haben und wie genau sie ihre Musik definiert haben möchten, geht es nun im zweiten Teil darüber, was die Jungs über die Musikindustrie denken. Viel Spaß beim Lesen und vielleicht auch Schmunzeln.

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Als relativ junge Band, wie ist eure Sicht auf die Musikindustrie?

Max: Wir hören im Bus aktuell ganz viel Radio. Das kommt uns schon zu den Ohren raus.

Warum macht man dann so was?

Marius: Wir werden durch technische Schwierigkeiten dazu gezwungen, dass wir unsere eigenen Musikgeschmack nicht frönen können.

Habt ihr kein Tapedeck oder einen USB-Anschluss?

Max: Es gibt einen CD-Spieler, der nach drei Songs qualmt.

Michael: Deswegen können wir nur Radio hören.

Max: Wir suche alle fünf Minuten einen neuen Radiosender, deshalb ist das ganz lustig. Wir finden es aktuell ziemlich scheiße, was so läuft.

Michael: Es klingt alles sehr gleich und auch sehr berechnend.

Max: Und jeder Sender spielt innerhalb der nächsten zwanzig Minuten Ed Sheeran.

Marius: Was richtig grausam ist, dass das Album ausstirbt. Taylor Swift zieht es noch gnadenlos, es wird sich aber immer mehr auf Singles konzentriert, auf diese „Dreißig-Sekunden-Spotify-Songs“. Das heißt, in den ersten dreißig Sekunden musst du gecatched werden, sonst wird der Klick nicht gezählt. Und so wird praktisch ein neues Genre erschaffen, Spotify-Musik. Es geht einfach darum, in irgendwelchen Playlists zu landen und dabei wird auf das Album geschissen. Es ist viel besser, wenn man sein ganzes Herzblut in das ganze Album steckt, anstatt sich nur einem Song anzunehmen, der vielleicht Hitpotential hat. Das steht mir bis oben. Das ist aber genau das, was mich aktuell an der Musikindustrie stört, das liegt aber auch daran, dass ich eher der CD-Hörer bin. Ob es irgendwann wiederkommt, das weiß ich nicht, ich jedoch höre am liebsten die ganze CD. Ich skippe auch keine Songs, ich gebe mir das Album. Es gab eine Zeit, da habe ich auf Spotify nur das konsequent gestreamt, was ich auch auf CD hatte. Irgendwann bin ich dann auch dem verfallen, andere Musik zu hören, was ich nicht besitze. Ich sehe aber schwarz, ehrlich gesagt.

Auch wenn es heißt, dass die Plattenverkäufe wieder vor den mp3s liegen?

Marius: Ich glaube aber nicht, dass die Hippster ewig bleiben. Vinyl ist gerade cool, Kassetten auch, aber ich bezweifle, dass es in zehn Jahren auch so sein wird. Vielleicht kommen die CDs auch irgendwann, vielleicht wird dann auch irgendwann mp3 cool.

Michael: Das was im aktuellen Jahr verkauft wurde, im Vergleich zum Vorjahr, das ist fast nichts.

So lange, bis der CD-Player qualmt. Kid Dad aus Paderborn.
(Quelle: Facebookpage der Band)

Die Emil Bulls haben im Interview auch gesagt, dass man immer weniger Plattenverkäufe braucht, um einen Gold- oder Platinstatus zu erreichen, als vielleicht vor zehn oder fünfzehn Jahren. Also wenn ihr jetzt eine Platte auf den Markt bringt, welche dann ordentlich gehypt wird.

Marius: Man spürt schon, dass die Bands nicht so viel verkaufen. Die Festival- und Konzerttickets werden immer teurer, da sie immer mehr Livegage brauchen um die mangelnden CD-Verkäufe zu kompensieren. Das Brot für die Arbeit kommt dann eher durch die Spotify-Abonenten rein. Als kleine Band, die 0,01 Cent für jedes mal Abspielen bekommt. Oder du bist voll Indie und sagst dir, dass alles durch den Verkauf von Platten, CDs und Kassetten hereinkommen muss. Aber das ist hart, da halte ich nicht viel davon.

Das heißt, dass es sich auch nicht lohnt auf Plattformen wie Bandcamp oder Soundcloud zu gehen? Bei Bandcamp bleibt von jedem verkauften Song oder Album relativ viel bei den Künstlern.

Marius: Das ist das coole an Streamingdiensten: du lernst viele unbekannte Künstler kennen. Aber die mittelgroßen Künstler leiden leider unter diesem System.

Max: Es lohnt sich, dass man auf solchen Plattformen vorhanden ist, so das man existiert, damit die Leute einen hören können. Man geht aber in dieser schieren Masse einfach unter. Es ist keine Herausforderung auf Spotify, iTunes oder anderen Diensten seine Musik zu haben.

Es gibt Dienste, die gegen Geld deine Musik bei den Streamern hochladen.

Marius: Wie bei SpinUp, das sind zehn Klicks und du kannst deinen Song hochladen. Die Bibliothek von Spotify ist endlos, gefühlt zumindest.

In zehn, fünfzehn Jahren macht ihr dann trotzdem noch als Kid Dad Musik und seid auf Tour?

Martin:
Wenn wir nicht mit 27 sterben, dann machen wir das auf jeden Fall noch.

Marius: Solange wir es uns noch leisten können Musik zu machen, machen wir das auch. Heutzutage kostet es mehr als das es was einbringt. Wenn wir mit Null aus dieser Tour rausgehen, dann haben wir schon viel Glück. Der Van kostet unglaublich viel, wir verkaufen jetzt ein paar CDs und einzelne Shirts. Aber im Grunde ist das ein teurer Spaß, das ist wie Golfsport.

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Wie üblich für diesen Blog, frage ich am Ende des Interviews die ganzen Randomgeschichten ab, für diese Band aber natürlich in etwas geänderter Form.

Samstag, 23. Dezember 2017

Teil 1 des Interviews mit Kid Dad vom 12.12.2017

Als ich bereits im Oktober davon gelesen habe, dass Razz nach Cottbus kommen würden, war ich völlig aus dem Häuschen. Weil es eine relativ bekannte, gute Band ist und die kommt mal eben in die Stadt, in der ich Wohne. Also fragte ich bei Fleet Union wegen eines Interviewtermins an. Die wiesen mich darauf hin, dass sie nicht für die Interviewvergaben von Razz verantwortlich sind, mir jedoch ein Interview mit der Vorband Kid Dad anbieten können. Da diese Band erst ein paar Tage zuvor einen Hype durch Visions erfahren hatte, zögerte ich nicht lange und sagte zu.

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Frage Nummer eins: Kid Dad. Wo kommt der Name her und warum dieses Konträre, da Kid und Dad zwei Generationen sind?

Marius: Der ursprüngliche Gedanke war, dass Menschen gewisse Charakterzüge eher Erwachsenen zuweisen und andere Charakterzüge eher Kindern. So wie man zu Kindern sagt: „Du kannst das noch nicht.“ Oder „Du darfst das noch nicht, weil du noch nicht erwachsen bist.“ Und zu Erwachsenen sagt man: „Du darfst dich nicht so verhalten, du bist kein Kind mehr!“ Und wir wollten dieses Spalten zwischen Kind und Erwachsenem aufheben. Das war der ursprüngliche Gedanke. Mittlerweile steht der Name eigentlich nicht mehr für ein bestimmtes Programm. Wir haben ihn halt, haben ihn lieben gelernt und stehen dazu. Wir haben jetzt damit keine bestimmte Message. Für uns klang es im ersten Moment cool und deswegen haben wir das so gelassen.

Und wer ist genau Kid Dad?

Max: Max, ein Name mit „M“. Ich spiele Bass und bin als letztes dazugekommen. Das war im Mai 2016. Martin hatte mich irgendwann mal angerufen, hatte vorher schon mit ihm studiert und ihm erzählt, dass ich Bass spiele. Dann ist ihm irgendwann der Bassist abgesprungen. Er hatte mich an einem Samstagnachmittag angerufen und mich gefragt ob ich vorbeikommen will. Hab gemeint: „Jo.“ Hab mich dann geduscht, ganz wichtig. Dann hab ich mich in den Zug von Bielefeld nach Paderborn gesetzt und bin eineinhalb Stunden durch die Gegend gegurkt. Hab da zwei Songs ein bisschen gelernt. Am Tag danach, bin ich nochmal hin und ab da war ich irgendwie schon dabei.

Und du bist?

Marius: Ich bin Marius, ich bin der Sänger und spiele Gitarre und habe die Band im Prinzip mit Michi und Martin gegründet.

Michael: Ich bin Michi, Michael. Den Marius habe ich im Studium kennengelernt und spiele in der Band Schlagzeug. Er hatte damals einen Drummer gesucht, 3 oder 4 Monate, bevor Max dazukam, war ich bei einer Probe dabei und hab mir das ganze mal angehört. Ich hatte auch nichts besseres vor. Da ich zu dieser Zeit auch nichts besseres vor hatte und die Jungs schon zu der Zeit cool drauf waren, haben wir uns gesagt, dass wir Musik machen müssen und haben angefangen Songs zu schreiben. Und da entstand schon der Plan, dass wir etwas aufnehmen wollen.

Martin: Tja, was soll ich erzählen. Ich hab mit dem Marius schon 2011 Musik gemacht. Das war aber nicht so gut. Deswegen haben wir dann diese Band gegründet, weil wir eben dachten, dass es besser wäre.

Die Band mit den vier "M": Michael (d), Martin (g,v), Marius (g,v) und Max (b)
(Quelle: Pressefoto der Band)

Aber wenn ich das richtig mitbekommen habe, werdet ihr gerade richtig gehypt. Die Visions  schreibt sogar über euch, wenn ich das richtig mitbekommen habe.

Martin: Ja und das ist besser als damals.

Marius: Wir gehen das jetzt auch ernsthafter an.

Als Heimatort habt ihr Paderborn auf Facebook angegeben. Was macht man in Paderborn, wenn man nicht gerade Musik macht?

Max: Studieren.

Marius: Studieren oder Christ sein.

Ach ist das der „Bible Belt“ von Nordrhein Westfalen.

Marius: Paderborn ist das reichste Erzbistum in Europa.

Michael: Gefühlt, gehört jedes zweite Gebäude in Paderborn der Kirche. Ich bin aus Stuttgart zum Studieren nach Paderborn gezogen. Wir alle studieren aktuell Populäre Musik und Medien und diesen Studiengang gibt es nur dort.

Das heißt, mit Paderborn verbindet ihr eher den klassischen Katholizismus?

Marius: Ja, da ist alles ziemlich konservativ. Es gibt eine kleine Hardcoreszene, aber sonst gibt musikalisch nicht wirklich viel. Es gibt einen Club, in dem mal Itchy aufgetreten sind, aber das war's auch. Ganz früher haben mal BadReligion in einer Bar gespielt aber das ist auch schon eine Weile her. Ansonsten haben wir keine große Szene in Paderborn und deswegen versuchen wir es über die Stadtgrenzen hinaus.

Wenn ihr studiert, seid ihr alle über 18. Ihr wirkt noch relativ jung.

Maruis: Danke, wir sind so um 21, 22 Jahre alt. Da kannst du noch gar nicht wissen, was du willst.

Im Promo-Text über euch geht es primär darum, dass ihr über Depressionen redet, schreibt, singt und auch mit eurer Single verbildert. Ist das generell eure Grundstimmung, gibt es persönliche Bezüge oder sind das Sachen, die ihr von Extern aufnehmt?

Marius: Eigentlich wird sich in der Masse schon, in der Gesellschaft wird sich schon um Depressionskranke gekümmert. Bei uns dreht es sich nicht nur um Depressionen sondern um Gefühlsregungen aller Art. Wir drücken durch unsere Musik sehr gut aus, was wir fühlen. Da ist mal was schlechtes und mal was gutes dabei. Dementsprechend sind die Songs auch ganz verschieden, es geht um innere Probleme, an die man sich nicht ran traut, über ganz normale Themen wie Sex oder Drogen. Wir sind jetzt nicht so die Rock'n'Roll Band, wo sich jeder vor der Show nochmal eine Line zieht. Bei uns geht es viel mehr um Gefühle. Wir singen zwar viel über Drogen, dass heißt aber nicht, dass wir Drogen verherrlichen oder zwingend Drogen nehmen. Manche Gefühlslagen lasse sich nicht anders beschreiben, da steht der Vergleich mit Drogen eher im Raum. Man kann sich so extrem fühlen ohne Drogen zu nehmen und das wird in den Texten leider häufig missverstanden. Prinzipiell geht es da um unsere Gefühle.

Wenn man sich eure Singles anhört, spielt ihr ja primär Rock und Grunge. Eure Inspirationsquellen sind, laut Facebook , Oasis und Nirvana? Warum so ein altes, betagtes Genre? Warum seid ihr nicht auf den Hypetrain um Metalcore aufgesprungen?

Max: Das ist die Musik, mit der wir aufgewachsen sind. Unsere Eltern haben das schon gehört, wir halt auch. Musikalisch wurden noch nicht in der Zeit groß, wo du kurz auf Spotify warst und einmal durch die Bibliothek gescrollt hast. Wir konnten nur aus dem CD-Regal was aussuchen und dann hast du das genommen was da war. Und das, was dir am meisten gefallen hat, ist hängen geblieben. Alleine durch die Beschäftigung mit der Musik und seit dem wir das ernst nehmen, hören wir auch mehr und auch andere Musik. Das geht dann von Radiohead über …

Marius: ...Rage Against The Machine, Beatles, Mozart. Wir sind jetzt nicht so in einer Musikrichtung festgefahren, die wir spielen.

Max: Das was wir spielen, ist das, womit wir aufgewachsen sind. Uns ist es auch nicht wichtig, irgendein Hype-Genre aufzugreifen und zu sagen, dass wir das jetzt machen um damit Geld zu verdienen. Wir wollten was machen, womit uns auch selber wohlfühlen und denken, dass das cool ist. Wir sehen da auch Entwicklungsmöglichkeiten und können etwas damit anfange.

Marius: Wir wollen auch was eigenes kreieren, nicht einfach nur Garage-Rock. Wir wollen uns da nicht einschränken. Wir finden es super, dass wir zu keiner anderen Band perfekt als Support passen. Wir sind fast immer das Kontrastprogramm und versuchen eine eigene Marke zu schaffen und das ist viel persönlicher und langfristig macht das glücklicher. Vor allem wenn man sich nicht direkt für eine Schiene entscheidet. Das ist zum Beispiel sehr Roughness von Rage Against The Machine, Nirvana. Beim Songwriting inspiriert mich Radiohead sehr stark, weil die sich einfach keine Grenzen und Regeln setzen und selber weiterentwickeln ohne Ende und trotzdem noch sehr viel mit Dynamik spielen und sich in keine Schublade stecken lassen.

Martin: Irgendwie jeder hat sein Lieblingsgenre und dadurch werden die Songs, die wie erarbeiten, von verschiedenen Richtungen beeinflusst.

Also könntet ihr einfach eine Platte auf dem Markt bringen, wie das aktuelle Albumvon LIRR.?

Martin: Ungefähr. Es vielleicht nicht so krass, wie bei LIRR.

Marius: Das ist auch viel spannender, als wenn sich jeder Song aus drei Akkorden bildet und irgendwie die gleiche Dynamik und das gleiche Tempo hat. Das ganze Laut-Leise und diese ganzen Extreme, das reizt uns. Im Set gibt es auch Passagen, wo ganz ganz Leise auf ganz ganz Laut folgt und das sind auch ganz genau unsere Stärken.

Also das was aus den 90ern kommt.

Marius: Da achten wir gar nicht darauf, das wir klingen wollen, wie irgendjemand anderes. Wir machen das, was wir wollen und gucken drauf, was dabei rum kommt. Laut-Leise-Laut-Leise gab es bereits im Barock.

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Im zweiten Teil erfahrt ihr dann mehr über die Sicht der Band auf die Musikindustrie und Spotify.

Dienstag, 5. Dezember 2017

7. Nachschlag: Dillon - Kind (Pias)

Wann beginnt Pop und wann endet Kunst? Bei Dillons aktuellem Album Kind verschwimmt genau diese Grenze, aus einfach zugänglicher Musik und anspruchvollen Klanglandschaften mit ziemlich interessanter Instrumentalisierung.

Gab es beim Vorgänger noch Schreibblockaden, entwickelte sich "Kind" natürlicher. Die Künstlerin begann geschriebene Textfetzen zu sammeln und so zu sortieren, dass daraus Songs entstehen konnten. Natürlich bleiben auch die eigenen Dämonen nicht aus. Das Lied "Lullaby" entstand, nachdem sie zwei Monate nicht schlafen konnte. Sie sang sich damit selbst in den Schlaf, mit der Textzeile "Schlaf ein." Bei dem ganzen Englisch und etwas Portugiesisch fallen diese Worte besonders auf. Auch weil man am Angfang kaum glauben mag, dass es sich eben genau um diese Worte handelt und nicht einfach irgendetwas englisch Dahingemurmeltes. Instrumental finden wir neben Trompeten und anderen analogen Instrumenten auch elektronische Synthies. Dabei erinnert man sich entfernt an Größen wie Fever Ray, BjörkMy Brightest Diamond und auch Purity Ring. Dadurch wirkt das Werk, welches auf sich auf 35 Minuten abspielt, nicht homogen, eher wie eine kleine Ansammlung von Ideen, die dank der Produktion zu gereiften Titeln heranwachsen können, auch wenn "The Present" komplett mit dem iPhone aufgezeichnet wurde und keine instrumentelle Untermalung erfährt. Ob das selbe Konzept auch bei "Te Procuro" angewendet wurde, ist nicht ganz so klar, trotz oder gerade weil man hier mit einem Klavier arbeitet. Und nach diesen beiden Titeln wird das ganze Tanzbarer, bleibt aber dennoch mystisch. Ob es aber Material gab, welches man noch auf die Platte hätte packen können, weiß man nicht. Ob es dann noch mehr Tanz- und weniger Kopfmusik gegeben hätte, kann man nicht beantworten. Es wäre auf jeden Fall interessanter geworden.

Den Namen "Kind" findet man hier überigens dreimal, nicht nur das Album wurde so benannt, auch der Opener und der letzte Titel heißen "Kind"... auch wenn es am Ende dann doch "2. Kind" heißt. Da Dillon schon seit einigen Jahren in Deutschland lebt und die Sprache spricht, kann man das Wort sowohl auf Englisch als auch auf Deutsch lesen und auch verstehen. Im Bezug zu "Lullaby" wirkt der Albumname, sowie auch die beiden Titel, nochmal ganz anders und verschafft dem doch recht kurzweiligen Langspieler eine zusätzliche Mystik. Erschienen ist das Album am 10.11. auf PIAS Recordings im Vertrieb mit Rough Trade.

Anspieltipps: Sades Fade, Contact Us, Killing Time

5,5/6 Punkten (Drum schlaf auch du.)

Dillon - Kind
(Quelle: Roughttraderecords.com)

Sonntag, 26. November 2017

Die 28. Fleet Union: Dialects - Because Your Path Is Unlike Any Other

Dialekte gibt es in vielen Sprachen, diese sind mitunter an Regionen oder gar ganze Länder gebunden. Anders als man vermuten könnte, hat das Quartet Dialects aus Glasgow keinen Sänger, sondern zwei Gitarristen, einen Bassisten und jemanden für den Rhythmus. Dennoch gibt es hier und da ein paar sprachliche Einwürfe. Das Englisch aus Schottland ist, mit Verlaub geschrieben, auch etwas schwer zu verstehen.

Wer Superluminal, den ersten Track von Because Yor Path Is Unlike Any Other, googelt, wird direkt hellhörig. Es geht hier im Überlichtgeschwindigkeit. Das gesamte Album ist gespickt mit Anleihen aus der Astronomie. Mal geht es um die Fluchtgeschwindigkeit, als die Geschwindigkeit, die man braucht um einen Himmelkörper verlassen zu können. Ein anderes Mal geht es um Lichtechos und die Gravitation, die kein Geist ist. Also recht anspruchsvolle Themen, für ein Album, das nur spartanisch mit Textzeilen gespickt ist. Dennoch gibt man sich komplex, da die Musiker sich im Progressive Rock bewegen und viele Mathrock-Anteile einfließen lassen. Das führt einerseits zu vielen komplexen Soundstrukturen, andererseits kann es dazu kommen, dass man das Thema vermisst, es sei denn, man versteht Mathrock. Die Saiteninstrumente werden hier sehr virtuos bedient und bilden mal Wände, mal simple Landschäftchen, mal wird nur akzentuiert. Das geschieht alles recht druckvoll und lässt keine Wünsche offen. Durch eben den gewählten Stilmix, geben sich die Landschaften, Akzente und der leere Raum teilweise innerhalb eines Titels die Klinke in die Hand. Das braucht einerseits Verständnis, kann auf der anderen Seite aber für Aha-Momente sorgen und überraschen. Wer sich den Langspieler mit diesem relativ langen Namen mehrfach gibt, kann das ganze in verschiedenen Ebenen wahrnehmen und verarbeiten, quasi multidimensional begreifen, da man durch die Textknappheit sehr viel Spielraum hat. Hier würde jeder Kunst-, Musik- und vielleicht auch Deutschlehrer fragen: "Was will uns der Künstler damit sagen?" Keine Antwort wäre falsch. Und dabei hat man 49 Minuten Zeit um seine eigene Wahrheit zu finden, unterfüttert mit den Erkenntnissen aus Physik und Raumfahrt. Und wer noch nicht genug hat, kann sich die zehn Titel nochmal geben und mitwippen, kopfnicken, rumzappeln oder auch einfach dasitzen. Veröffentlicht wurde die Reise durch Zeit und Raum am 24.11. auf Through Lover Records.

Anspieltipps: Superluminal, Light Echo, Illusory

5/6 Punkten (Mit Gitarren durch Zeit und Raum)

Dialects -
Because Your Path Is Unlike Any Other
(Quelle: Presskit von Fleet Union)

Sonntag, 12. November 2017

Die 27. Fleet Union: Fjørt - Couleur

Nach nicht mal zwei Jahren gibt es wieder Lärm aus Aachen. Fjørt werden mit ihrem Album Couleur politischer denn je, haben aber kein strikt politisches Album geschrieben. Die Band sagt, dass sie die politischen Entwicklungen, die vom rechten Rand kommen und Unterstützer haben, so nicht unkommentiert stehen lassen wollen, auch wenn es im Titel "Raison" heißt, dass man genau das Gegenteil vor hatte. Aber auch Sucht, Eifersucht und Unversehrtheit sind Themen, die man Textlich anschneidet, auseinandernimmt und einem, zum Teil fast unangenehm, vor die Augen/Ohren hält.

Musikalisch sind wir immer noch zwischen Hardcore und der Postversion dessen, auch wenn man musikalisch gegenüber dem Vorgänger leicht gewachsen ist. Man traut sich an synthetisch erzeugte Klänge, man findet neue Soundlandschaften, die es auf Kontakt so noch nicht gab. Da sind die Gitarren mal eben nicht immer bretthart, man ist auf einmal sphärisch veranlagt. Die eingetretenen Freiräume lassen einen in die Texte eintauchen, die Musik differenzierter wahrnehmen. Sowas kennt man schon von The XX, auch wenn diese Band eher fernab des Stils von Fjørt ist. Dennoch sollten Fans nicht besorgt sein, man beherrscht immer noch Gitarrenwände, die einen förmlich erschlagen wollen.

Frings Stimme ist auch nicht immer am Schlag, man ist jedoch durch den gewählten Gesangsstil nie ganz im Einklang zu den Instrumenten. Das kennt man aber auch nicht anders von dieser Band und unterstreicht so die Message, die sie übertragen möchte. Frings klingt eher so, als wenn er den Zuhörer ermahnen will, ihn akustisch wachrüttelt. Wie bereits oben erwähnt, sind einige Textstellen nicht von schlechten Eltern. Dabei ist es erstaunlich, dass man mit "Karat", dem letzten Titel des Langspielers, den Titel des Openers aufgreift und so den Kreis schließt, denn hier geht es immer "Südwärts" bis die Drums völlig übersteuert sind und den Zuhörer an den Anfang des Albums werfen. Man hat gelernt, dass man Tracks ineinanderlaufen lassen kann, was bei bestimmten Tools und Geräten etwas störend wirkt, bzw. ähneln Tracks, wie "Couleur", am Anfang wie kaputte Dateien/CDs oder ein Rechner, der gerade die Hufe hochreißt.

Die Produktion ist, trotz der relativ kurzen Zeit zwischen "Kontakt" und "Couleur", gelungen. Der Bass ist sehr gut herauszuhören, die Gitarren sind vielfältig in den Raum gestellt und die Trommeln runden den Sound druckvoll ab. Auch die eingefaltene Synthetik passt und ist nicht fehl am Platz. Fast 44min ist man in der Welt dieser Band gefangen, die durch die Sprache eine unangenehme Position schafft, in der man immer wieder zur unangenehmen Selbstreflektion gezwungen ist. Chapeau meine Herren, das hat man nicht alle Tage. Veröffentlicht wird Couleur am 17.11. auf Grand Hotel van Cleef.

6/6 Punkten (Textlich immer noch unantastbar.)

Anspieltipps: Couleur, Eden, Magnifique

Fjørt - Couleur
(Quelle: Presskit von Fleet Union)

Mittwoch, 8. November 2017

Bandcamptage Vol. 158

Wer von euch mal wieder etwas härteres auf die Ohren braucht und dem Sound von Knocked Loose oder den Emil Bulls etwas abgewinnen kann, der könnte vielleicht mit Nailbox und ihrer EP Nailbox zufrieden gestellt werden. Auch wenn ich zugeben muss, dass die Mischung etwas verrückt klingen mag.

Die Gitarren nicht so tief gestimmt sind, wie eben bei Knocked Loose, dennoch geht es hier ordentlich zur Sache. Auf fünf Titel verteilt bekommt ihr Hardcore und/oder Posthardcore vom feinsten, mit allem was dazugehört. Breakdowns, Gebrüll und schmetternde Instrumente. Man kann sich die Show vor dem geistigen Auge schon vorstellen und möchte am liebsten mitmachen, auch wenn die eigenen Knochen vielleicht zu alt sind. Laden dürft ihr euch dieses Album für einen Preis, den eure Brieftasche gerade hergibt, auch wenn ihr nur noch Quittungen und Kassenzettel drin haben solltet.

Nailbox - Nailbox
(Quelle: Bandcamp.com)

Schön, wie das um vier Nachmittags dunkel wird.

Donnerstag, 2. November 2017

Pias 7: Fever Ray - Plunge

Eins vorweg, es wird nun kurz etwas persönlicher. Fever Ray entdeckte ich persönlich im Jahre 2009 durch puren Zufall, wie auch immer dieser zustande kam. Der Track Seven war entweder im Kraftfuttermischwerk integriert oder wurde mir vielleicht empfohlen. So genau kann ich das heute nicht mehr sagen. Eins war jedoch klar, der Sound hat mich irgendwie mitgenommen und mir gezeigt, dass es mehr Musik gibt, die hörenswert ist, als das was das lokale Radio spielt. Bürgerlich heißt die Schwedin Karin Dreijer Andersson und könnte dem ein oder anderem auch von Röyksopp bekannt sein, zumindest hat sie bei den Jungs die Gesangsspuren zu What Else Is There, Tricky Tricky und This Must Be It beigesteuert. Nun war es aber so, dass es seit 2009 kein richtiges Lebenszeichen gab, bis zum 27.10. 2017, denn da erschien, zuerst nur digital, das Album "Plunge".

Dabei bleibt Fever Ray ihrem Stil treu, alles ist finster, in ihrer Welt scheint es kein richtiges Glück zu geben. Dennoch gibt es hier und da ein paar durchaus tanzbare Abschnitte, die "IDK ABout You". Der Großteil des Albums hat Karin in ihrem eigenen Stockholmer Studio aufgenommen und ziemlich viele Produzenten an Land gezogen, darunter Deena Abdelwahed, Tami T und Peder Mannerfelt. Auf dem Album findet sich natürlich viel synthetisch erzeugter Klang, dennoch gibt es neben Karins recht prägnanten Gesang, ein paar Soundschnipsel, die jeder kennt, wie den Freizeichenton in "Falling". Textlich kann es anzüglich werden, wenn sie zum Beispiel in "This Country" singt, dass es in diesem Land hart sei zu kopulieren. In To The Moon And Back (ist das eine Anspielung auf einen Titel aus den 90ern?) singt sie darüber, wie sie die Finger in das weibliche Geschlechtsteil des Gegenüber stecken möchte. Und wer den "Red Trails" genauer zuhört, entdeckt nicht nur ein Streichinstrument, sondern auch was über die Lieblingsmalfarbe der Künstlerin. Und am Ende des Trips, der 48 Minuten umfasst, wird man von "Mama's Hand" aus den dunklen Tiefen des Albums geholt. Die Platte lässt keine Wünsche offen, es sei denn, man kann sich nicht mit Anderssons Stimme anfreunden. Warum man aber die Veröffentlichung auf analogen Medien auf den Februar verschoben hat, das habe ich bis heute nicht erfahren.

Anspieltipps: IDK About You, Wanna Sip, A Part Of Us

6/6  Punkten (Acht Jahre Ruhe und dann sowas.)

Fever Ray - Plunge
(Quelle: Presskit von Pias)

Mittwoch, 25. Oktober 2017

Bandcamptage Vol. 157

Mein E-Mail-Postfach ist mittlerweile voller Musik, was zu dem lustigen Umstand führt, dass ich die E-Mails eher durchhöre denn lese. So erhielt ich vor ein paar Wochen eine Mail von der Band Skin aus Flensburg.

Die erschaffen Musik ist relativ proglastig, erinnert entfernt an Muse, Sportlights (hier im Blog), Eau Rouge (hier im Blog) und Placebo. Seit der Bandgründung 2015 wurden viert Titel geschrieben, die jetzt mit der Zeit im Jahre 2017 und 2018 veröffentlicht werden. Man spiegelt in den Songs, die man geschrieben hat, das jugendliche Leben zwischen der Kindheit und dem Erwachsensein wider. Den Anfang macht In Shadow, ein sehr atmosphärischer Titel, mit vielen Schichten. Den Track gibt es aktuell für "Name Your Price" und kann für Null Euro geladen werden. Wer noch etwas für Augen braucht oder doch der "visuelle Mensch" ist, kann sich das Video zum Titel auf Vimeo geben, was komplett unter Eigenregie entstanden ist.

Skin - In Shadow
(Quelle: Bandcamp.com)
Nur noch zwei Monate und das Jahr 2017 ist vorbei.

Dienstag, 24. Oktober 2017

Teil 3 des Interviews mit Behead The Broken Queen vom 15.10.2017

Wenn ihr wissen wollt, wie Behead The Broken Queen zu ihrem Namen gekommen sind, was sie von Genres halten und wo man überall ihren Merch finden kann, solltet ihr hier klicken. Wenn ihr jedoch mehr darüber erfahren wollt, was sich in der Szene gerade tut und wie es um die EP steht, dann klickt hier. Nun denn, kommen wir zum großen Finale, mit einer großartigen Band.

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Wo kommt aber der Trend her, dass die Leute lieber in den Club gehen und da feiern, anstatt zum Konzert zu gehen und Stress abzubauen?

Murat: Ich kann mir gut vorstellen, dass die Leute damals nur eine Szene dazugehören wollten, weil es was eigenes war, weil es bunte Haare gab, weil es Tunnel gab, weil es Tattoos gab und dann gemerkt haben: „OK, die Musik passt mir doch nicht so.“

Nils: Viele junge Menschen hören auch solche Musik, vor allem wenn man die Pubertät durchmacht. Da verändert man sich ziemlich oft. Das passiert auch im persönlichen Umfeld, wo die Leute dann einfach diese Musik nicht mehr hören. Ich muss auch zugeben, dass ich selbst nicht mehr soviel hartes Zeug höre.

Simon: Ich muss zugeben, dass er das sogar ziemlich oft hört.

(Alle lachen.)

Nils: Schon noch oft, ja, aber nicht mehr so oft wie früher. Früher war ich eher der Groupie, da hatte ich meine Bands, da kannte ich jeden Songtext, da kannte ich jede Band, habe mich wirklich extrem auf die Konzerte gefreut, war total aufgeregt. Mittlerweile bin ich aus der Sache herausgewachsen und guck mir nur noch ein paar Sachen an, aber die Leidenschaft dahinter fehlt.

Sind deswegen Bring Me The Horizon weicher geworden?

Murat:
Weil es mehr Leute anspricht.

Nils: Sie sind halt kommerzieller geworden. Wir wollen diese Schiene nicht gehen, wollen aber ein bisschen eingängiger werden, aber nicht so, wie es BMTH gebracht haben. Wir bleiben schon unserem Stil treu, egal ob das Konzerte und Leute zieht oder nicht. Primär geht es uns um den Spaß. Wir sind ja auch nicht Fame, wir sind eine lokale Band, die vielleicht ihren Ruf in Berlin hat, sowie auch in Cottbus und vielleicht in ein oder zwei anderen, kleinen Städten.

Murat: Ich denk, dass merkt man auch daran, dass es uns fast acht Jahre gibt, mit Nils etwas mehr als zwei Jahre, wir haben nie darüber nachgedacht uns aufzulösen. Hier und da gibt es mal einen Disput, weil der eine die Musik machen will und der andere eine andere Musik. Wir sind schon eher eine Familie.

Nils: Das beste Beispiel war mein Eintritt in die Band. Die Jungs haben mich natürlich auch vorher schon ein wenig interviewt und haben gefragt, was ich denn privat Höre. Da habe ich Beatdown gesagt und die haben mich dann mit verachtenden Blicken angesehen. Aber mittlerweile gibt es in jeder Probe mindestens einen Beatdown-Jam, da habe ich mit der Zeit auch meine Finger im Spiel. Es ist schwierig, dass was du schreibst zu trennen von dem, was du gerade privat feierst. Es ist schwer sich zu reflektieren, nur weil man ein Genre oder einen Musiker feiert. Man muss dann von einem Genre zum anderen hüpfen und es ist schwierig zu fünft auf einen Nenner zu kommen. Es ist wie eine Beziehung: man muss daran arbeiten.

Murat: So komisch es auch klingt, es ist wirklich so.

Nils: Du musst es ja irgendwie jedem Recht machen, du willst ja nicht, dass irgendwer dabei steht und eigentliche gar keinen Bock auf die Sache hat. Letztendlich kommen wir immer irgendwann auf den gleichen Nenner.

Auch wenn Sie hier recht ernst gucken, eigentlich sind sie ganz nett.  Behead The Broken Queen.
(Quelle: Promo-Ordner der Band auf Facebook)

Das heißt, fünf oder zehn Jahre später immer noch BBQ...

Murat: … immer noch keine EP.

(Alle lachen.)

Das müsst ihr selbst wissen, ob ihr dann einfach einzelne Stücke ins Netz stellt und die gut versteckt.

Simon: Unsere EP kommt demnächst auf jeden Fall raus, das steht fest. „Prophets“ wird sie heißen.

Murat: Da ja bald Weihnachten ist, können wir sie auch „Spekulatius“ nennen.

Nils: Wir haben für das Album danach ein Konzeptalbum vorgesehen. Sagt dir die Band Tell You What Now was? Die wollten dieses Jahr eigentlich auf dem Full Force spielen. Der Gitarrist ist ein Kumpel von uns, mit dem sind wir in Kontakt getreten und haben schon ein paar Mal mit ihm geprobt. Des Spaßes halber haben wir angefangen einen Song zu schreiben, vielleicht wird da auch was draus. Vielleicht wird es auf ein reines BBQ-Ding. Müssen wir halt abwarten, aber wir haben eine Idee für eine Konzept-EP. Wir wissen, welches Thema wir behandeln wollen, es soll selftitled sein. Dabei soll es um eine Königin gehen, die sich bestimmten Dingen entgegenstellen muss, die mit Persönlichkeitsstörungen zu kämpfen hat und letztendlich geköpft wird, wie unserer Name es sagt. Die EP soll dann den Werdegang zum Köpfen erzählen. Die Idee gefällt uns allen, bisher haben wir aber noch nicht wirklich viel dazu geschrieben. Es kann auch was komplett was anderes werden, aktuell sind wir da sehr offen. Beim Proben wollen wir auch weg von den Konzerten, weg von der alten Setlist und hin zu neuem Songwriting. Wir als Band brauchen auch einfach einen frischen Wind, weil wir seit Jahren immer das gleiche Zeug spielen und das brennt einen so langsam aber sicher aus.

Murat: Irgendwann stagnierst du.

Nils: Und das haben wir alle gemerkt. Wir wollen nun einfach unser Ding durchziehen, was das aber werden wird, kann man so genau nicht sagen.

Man muss dann auch überlegen, ob das alles auch live dann funktioniert. Meistens ist das eine reine Kopfsache für die Fans. Man versucht eine Geschichte zu erzählen und mittendrin jemand aus dem Publikum den Faden verliert und abschaltet.

Nils: Abgesehen, dass mich eh kein Schwein versteht.

(Alle lachen.)Nils: Live mit der Akustik ist immer so eine Sache.

Murat: Ich finde, dass es live egal ist, ob du eine Geschichte erzählst, solange die Leute die Musik feiern. Da geht es eher um was anderes.

Nils: Da geht es dann eher um die Stimmung, um die Bewegung, um die Leute, die Spaß haben. Und zuhause können sich die Leute mit den Lyrics zusammen und dem ganzen Konzept auseinandersetzen. Es wird auch genug Leute geben, die nicht verstehen, was auf der EP passiert. Es gibt dann aber auch die, die sich Gedanken machen und die Lyrics durchlesen, sich mit den Aussagen von Bands beschäftigen. Die erste Fraktion hört es einfach, weil es geil klingt.

Murat: Oder sie hören uns gar nicht.

Gut, kommen wir langsam zum Abschluss. Da mache ich es kurz und knapp, Sebastian hat ja schon die Runde hinter sich (Er wurde bereits am Nachmittag befragt, mit seiner anderen Band Dispray).

Hund oder Katze?

Murat: Hund. Beides... eigentlich Hund. Ich mag Tiere generell, aber wenn ich entscheiden müsste, dann definitiv für den Hund.

Nils: Hund, Hund, Hund, Hund.

Simon: Ich habe einen Hund, ich will einen Hund.

Tee oder Kaffee?

Murat:
Kaffee.

Nils: Kaffee.

Simon: Kaffe, all the way.

Sebastian: Tee … Schwarztee mit Milch.

Duschen oder Baden?

Murat:
Duschen.

Nils: Duschen.

Simon: Duschen.

Sebastian: Duschen.

Murat: Dann sind wir uns ja alle einig.

Lieblingsgetränk?

Murat:
Wasser

Nils: Ganz langweilig: Wasser.

Simon: Ich sag auch Sprite.

Sebastian: Energy.

Egal welche Marke?

Sebastian: Rockstar.


Damit schließen wir das ganze ab, ich wünsche euch eine gute Heimfahrt und freue mich auf die kommende EP.

Sonntag, 22. Oktober 2017

Teil 2 des Interviews mit Behead The Broken Queen vom 15.10.2017

Wenn ihr wissen wollt, wie Behead The Broken Queen zu ihrem Namen gekommen sind und wer sie inspiriert hat, solltet ihr hier klicken.

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2014 habe ich euch auch schon bei Sonnys Birthdaymosh gesehen und hab mich gewundert, warum ihr weder eine EP noch ein Album am Start hattet. Die beste Band des Abends und die hat ausgerechnet keine Scheibe am Merch-Stand. Wird es denn irgendwann eine EP oder ein Album geben?

Sebastian:
Tatsächlich sind wir im letzten Schritt, wir sind kurz davor.

Murat: Es wird nur noch gemastert, wir geben gerade etwas Feedback und dann wir fertig.

Und wie sieht das Feedback aus?

Sebastian:
Aktuell sind es eigentlich nur noch die Lautstärken und dann ist es fix. Da sind drei, vier Parts, wo noch mal was an der Lautstärke geregelt werden muss.

Nils: Letztendlich müssen wir gestehen, dass das ein Projekt von zwei Jahren Dauer war. Seit ich in der Band bin, haben wir angefangen aufzunehmen, eigentlich vor den ersten großen Shows mit mir. Die EP ist eine Art Patchworkprojekt, wir haben alles zuhause aufgenommen und haben es zum Soundtypen geschickt. Ich will die EP nicht schlecht machen, ich glaube die EP wird auch ganz geil sein, es sind ja die Songs die man live von uns kennt, wir haben aber auch die Schnauze ein wenig voll davon und sind mit dem Abschluss der EP auch bereit etwas Neues zu schreiben. Vielleicht geht es dann auch in eine andere Richtung, das wird sich zeigen. Wir werden versuchen, die nächsten Wochen kreativ zu werden und wer weiß, vielleicht ändert sich dann auch unser Stil.

Hipster-Black-Metal.

Simon:
Hipster-Black-Metal zum Beispiel...

Murat: … Psychedelic Pop-Punk mit Technical Deahtmetal-Einflüssen...

Simon: Spaß beiseite: wir werden BBQ treu bleiben, aber wer weiß wie sich das entwickelt. Erstmal wird in den nächsten Wochen die EP veröffentlicht, danach wird es auch live etwas stiller um uns, denn wir werden uns dann zum Aufnehmen zurückziehen und dann werden wir ein neues Werk schustern.

Viele Saiten, viele Felle, viel Geschrei: Behead The Broken Queen aus Berlin
(Quelle: Promoordner der Band auf Facebook)

Woher kommt dieser komische Trend mit den vielen Saiten?

Alle:
Meshuggah.

Sebastian: Murat hat die vielen Saiten ins Spiel gebracht, sogar vor mir.

Murat: Tatsächlich. Wir wollten eigentlich nicht auf mehrere Saiten gehen, irgendwann ist mein Vater auf ebay, zwecks meines Geburtstagsgeschenkes, auf die Steve Vai Signature gestoßen, die sieben Saiten hat. Er hat mich gefragt, ob ich damit zurechtkäme und hat sie mir dann geholt. Dann habe ich ein wenig probiert, Martin ist dann mit eingestiegen, Basti ist auch aufgesprungen und irgendwann wollten wir uns dann steigern.

Sebastian: Mehr Saiten, mehr Möglichkeiten, mehr Range.

Murat: Dickere, tiefere Saiten, mehr Wumms. Mehr Meshuggah, mehr Djent.

Wie sieht die Szene in Berlin aus? Gibt es da eine Metalcore- und Deathcore-Szene?

Sebastian:
Es gab sie mal, leider. Es ist alles sehr stark abgeebbt. Es ist verdammt schwer geworden, Shows auf die Beine zu stellen und es ist tatsächlich so, dass wir lieber auswärts spielen als in Berlin. Berlin ist Hometown, es macht immer Spaß, aber ist verdammt schwer geworden, Leute ran zu bekommen. Der Hype geht in in Berlin viel mehr in die Clubszene.

Aber wo sind die Leute alle hin? Die sagen sich doch nicht von heute auf morgen: „Ich mag keinen Core mehr. Ist mir zu hart.“

Sebastian: Sie feiern viel lieber auf Electro.

Murat: Das kann ich bestätigen. Die meisten meiner Freunde, die aus der Szene kannte, sind tatsächlich alle in die Richtung Electro gegangen.

Das heißt: die haben alle Tunnel, sind zugehackt und hotten dann zu Beats über die Tanzfläche.

Sebastian: Gehe in einen Berliner Electro-Club und du siehst überall Tunnel-Tätowierte.

Nils: Was dazu beiträgt, speziell auch bei unseren Konzerten, wir haben schon ein paar Mal in Berlin gespielt, haben halt die gleiche Set-List. Lokal sind es dann eher die größeren Bands, die dann mal Leute ziehen, aber seit 2010 hat das ganze immer mehr abgenommen. Lokal wird nicht mehr so viel gefeiert, so wie hier heute. Heute war das eine kleine, lauschige Kulisse und angenehme Stimmung. Vielleicht könnte sich da was tun. Ich denke, dass sich was ändern könnte, ins Positive, wenn wir neues Zeug schreiben und dementsprechend auch mehr Leute ziehen, auch von außerhalb. Die Leute die uns kennen und auch feiern, die kann ich verstehen, wenn die uns schon öfters gesehen haben und wir immer noch die gleiche Set-List spielen, dass die sich dann irgendwann abkehren. Ist bei mir nicht anders, wenn ich eine Band habe, die ich total liebe und die zum fünften Mal in der Stadt sind, dann sage ich mir: „Ich habe die schon vier Mal gesehen und die spielen seit zwei Jahren die gleiche Set-List, muss ich nicht unbedingt hingehen.“

Man muss ja auch neues Zeug schreiben.

Nisl: Was dazukommt: wir haben ewig nichts ins Netz gestellt, keine neuen Aufnahmen, nichts. Wir haben ein Musikvideo gedreht und hochgeladen, aber das war es dann auch schon. Die EP lässt seit hundert Jahren auf sich warten. Wenn wir mehr im Netz hätten, denn alles geht heute übers Internet, gucken die Leute vorher bei Youtube nach, wenn jemand in der Stadt spielt und entscheide danach. Wenn wir eine ganze EP im Netz hätten, liefe das vielleicht anders.


Wenn man nur einen Song im Netz hat, dann hält man sich daran fest. Der Künstler sagt sich: „Das ist unser bestes Stück, wir werfen es jetzt in den Ring.“

Sebastian:
Ob es das beste Stück ist, das ist eine andere Sache.

Nils: Phrenesis wird von einigen Leuten sehr gefeiert, andere finden ihn zu eintönig. Der Song ist ein wenig eingängig. Der Song gibt dir voll auf die Fresse, wo halt wenig Eingängigkeit zu finden ist. Ich selbst feiere den Song aber sehr. Man sieht bei Youtube an der Likeliste, ob es den Leuten gefällt. Vielleicht ist es einigen wirklich zu stupide auf die Zwölf, wir machen aber die Musik, weil sie uns gefällt. Wenn es anderen Leuten gefällt, ist das geil, wenn nicht, dann ist mir das relativ egal. 

Samstag, 21. Oktober 2017

Das 5. Add On Music: Dave Clarke - The Desecration Of Desire

Um eins vorweg zu nehmen: tanzbar ist dieses Album von Dave Clarke nur bedingt. Wer den Opener "Exquisite" zum ersten Mal hört, wird nicht an Danceparties denken. Es wirkt, als würden ganz alte Bekannte aus 1999 winken, man fühlt sich an den Soundtrack des Films Fight Club erinnert.

Alles beginnt schleppend langsam, dennoch "Exquisite", wie der erste Titel des Albums The Desecration Of Desire genannt werden will. Gezackte Waveformen zersägen das Trommelfell und werden von einem angezerrten Beat verfolgt, der ein herrlich schönes Nachgrollen erzeugt. Dabei werden reell aufgezeichnete Instrumente mit eben virtuellen Instrumenten und Gesang einiger Künstler wie Mark Lanegan oder Gazelle Twin vermengt. Diese Melange eignet sich eher zum konzentrierten Arbeiten oder Lesen, denn zum Tanzen. Durch langjährige Erfahrung des Musikers kommt der Sound nicht zu kurz, der Bass schiebt stets ordentlich mit Druck, die verwendeten Samples wirken nicht deplatziert und die eingefangenen Stimmen sind nicht aufgesetzt oder kitschig. Mit mehr als 55 Minuten Spielzeit, verteilt auf zehn Titel, kann man sich nicht beschweren, auch wenn das gesamte Werk keine einfache Kunst ist. Man findet immer wieder kleine Details und Klänge, die sich beim ersten Durchhören nicht einfach offenbart haben und entdeckt werden wollen. Da meint man etwas vom Paul Kalkbrenner zu hören, woanders wähnt man sich einen Soundschnippsel aus dem Soundtrack von eben so häufig genannten Film zu hören. Wenn du auf die ruhigen Tracks der Nine Inch Nails stehst oder eben den Soundtrack von "Fight Club" inhaliert hast, kannst du hier getrost zugreifen. Alle anderen, die vielleicht nicht ganz verstanden haben, dass es elektronische Musik mit künstlerischen Ansprüchen gibt, können sich hier eines Besseren belehren lassen. Erscheinen wird Album am 27.10. auf Skint Records, wo auch Sailor & I (hier im Blog) ihr aktuelles Album veröffentlicht haben.

Anspieltipps: I'm Not Afraid (feat. Anika), Dot Forty One (Mute), Exquisite

5/6 Punkten (Ich bin Jacks Medulla Oblongata.)

Dave Clarke - The Desecration Of Desire
(Quelle: Presskit von Add-On-Music)

Freitag, 20. Oktober 2017

Teil 1 des Interviews mit Behead The Broken Queen vom 15.10.2017

Am 15.10.2017 gab es ein kleines Stelldichein der härteren Gangart im Muggefug. Das Lineup war richtig fett, eigentlich sollten Falcie (die vorher Nu-Nation hießen) auch kommen, nur ist denen leider der Tourbus in Bayern kaputtgegangen. So musste dann der gute Sebastian mit seiner Band "Dispray" aushelfen. Auch die Jungs habe ich interviewt. Es wäre sicher interessant gewesen, was passiert ist, zwischen dem letzten Interview mit Nu-Nation und diesem Sonntag. Nun denn, genug des Schwafelns, hier kommt der erste Teil des Interview mit Behead The Broken Queen (oder auch BBQ) aus Berlin.

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Machen wir erst mal eine Vorstellungsrunde. Du bist wer?

Murat: Ich bin Murat, bin 27 Jahre alt, komme aus Berlin, meine Wurzeln sind in Berlin.

Und was spielst du so?

Murat:
Ich spiele Gitarre, manchmal Siebensaiter, manchmal auch Achtsaiter.

Nils: Ich bin Nils, bin 26 Jahre alt, komme aus Bielefeld, bin aber in Lübeck geboren und bin seit drei Jahren in Berlin. Ich bin Fabis Ersatz und bin der Shouter der Band.

Simon: Der ist nicht Fabis Ersatz, er ist immer dabei. - Ich bin der Simon, bin 27 Jahre alt, ursprünglich aus Aserbaidschan, aus Baku, seit ca. 14 Jahren bin ich in Berlin und ich bin der Schlagzeuger.

Sebastian: Ich bin der Sebastian, auch 25 Jahre alt und ich mach den Bass. Jetzt fehlt eigentlich noch der Martin, der ist 1000 und der macht die andere Gitarre. Manchmal Siebensaiter, manchmal Acht.

Fünf Berliner machen BBQ. v.l.: Simon (d), Sebastian (b), Nils (v), Martin (g) und Murat (g)
(Quelle: Promo-Ordner der Band auf Facebook)

Woher kommt der Name BBQ (Behead The Broken Queen)? Wer hat den erfunden?

Sebastian: Eigentlich wir alle irgendwie, wir wollten ursprünglich einen doppeldeutigen Namen.

Aber heißt das dieses Broken nun Pleite oder Kaputt?

Murat: Eher Kaputt, aber wir sind auch manchmal pleite, also passt das ganz gut.

Simon: Die Idee kam damals noch von Fabi. Und wir dachten uns: Super. Denn keiner spricht die Namen immer ganz aus und deswegen fanden wir den Namen von Beginn an ziemlich cool.

Murat: Außerdem mag jeder BBQ und deswegen mag uns jeder.

Simon: Wir haben so viel Merch, wenn du in den Supermarkt gehst, siehst du überall BBQ.

Murat: Selbst vegan, weil es ja auch veganes BBQ gibt.

Ihr könnt so alle Gruppen abdecken. Vegan, die Vegetarier, die Fleischesser...

Murat: ...Pescetarier, Allestarier

Also gibt es keinen tieferen Hintergrund hinter dem Broken.

Murat:
Eigentlich wollten wir uns am Anfang „Nutella“ nennen, wir haben eben versucht mit vielen Wortspielen was einzuarbeiten.

Ach, wegen Nu-Metal?

Nisl: Gott sei dank habt ihr euch nicht Nutella genannt, sonst hätte ich mich nämlich nicht beworben.

(Alle lachen.)

Was sind eure Spiritanimals? Wer hat euch inspiriert?

Murat: ScottPilgrim.

Simon: Ursprünglich war die Idee All Shall Perish und Whitechapels Sound einzufangen.

Sebastian: Wir sind über die Jahre durch jedes neue Core-Genre gegangen. Metalcore, Deathcore, ein bisschen Hardcore-Einfluss, jetzt ist es teilweise Progressive, Deathcore-Gedöns... einfach alles.

Murat: Bei den Genres, die wir in unsere Musik einfügen, können wir uns nicht in irgendeine Schublade packen. Wir machen irgendwie experimentellen Scheiß und wenn man die Songs alle hört, kann man sie nicht alle in das gleiche Genre packen.

Simon: Zum Anfang war es Metalcore auf Sweep und irgendwann ist härtere Musik entstanden.

Sebastian: Durch Nils ist das ganze nochmal richtig brutal geworden.

Murat: Das Genre ist das, worauf wir Bock haben.

Das heißt, dass ihr irgendwann einen auf Money Boy oder S.S.I.O. macht?

Murat: Das kann passieren.


Nun sehe ich euch ja nicht zum ersten mal live...

Sebastian:
… übrigens, auch an euch alle: wir haben in keinem Club häufiger gespielt als im Muggefug. Das ist heute Premiere gewesen. Wir sind jetzt das sechste Mal hier. Ihr vergesst, dass wir mir Feeding TheTitans auch schon hier gespielt haben. Wir haben schon viel zu oft hier gespielt. Wir haben sogar schon vor Feeding The Titans hier gespielt, zu Sonnys B-Day. 

Dienstag, 17. Oktober 2017

Die 26. Fleet Union: Makthaverskan - III

Bei Makthaverskan handelt es sich um ein Quartett aus Göteborg. Um dem gleich vorweg zu greifen: nein, es gibt hier heute keine Göteburger Schule. Man hat sich seit 2008 dem Pop und/oder dem Dreampopverschrieben. Der Name der Band hat eigentlich keine weitere Bedeutung, auch im Schwedischen nicht, es war wohl eine Idee eines Freundes der Band. Da man den Namen ganz cool fand, ist man direkt dabei geblieben. Wie man dem Namen des Albums entnehmen kann, handelt es sich bei dem Werk, was am 20.10. auf Run For Cover Records erscheinen wird, um das dritte Werk der Schweden.

Wer sich dem Langspieler widmet, wird zuallererst von Trommeln begrüßt. Der junge Mann hat entweder Travis Barker zum Vorbild oder hat echt viele Hummeln im Hintern, die Felle leiden während des gesamten Langspielers massiv. Die Gitarren, die man wahrnimmt, sind eher leicht angefranst, nicht übersteuert, gut, es ist ja auch Pop... oder Dreampop? Hier und da darf der Bass auch mal in den Vordergrund rücken um zusammen, wie sollte es auch anders sein, mit den Trommeln den Weg für die Gitarre und den Gesang zu bereiten, wie in Front. Man gibt sich stellenweise tanzbar, die Saiteninstrumente werden zeitweise recht virtuos bedient. Man kommt auf den Gedanken, vielleicht in das Regal mit den Alben aus den 80ern gegriffen zu haben, aber jeder Trend kommt mal wieder, nur nicht so krass wie bei Timecop 1983. Dann gibt es wieder Stellen, wie in Comfort, da wähnt man The Jezabels an den Instrumenten und dem Mikro zu hören. Das Album ist gut gemacht, das steht außer Frage, bei jedem Durchlauf, der dauert hier nur etwas 37 Minuten, hört man neue Details, manchmal hört man Sirenen oder man denkt, dass das eigene Gefährt eine Macke hat. Der Langspieler eignet sich aber für viele romantische Dinge und Erinnerungen, nur aufregen, dass kann man sich mit III nicht. Funfact: die URL zum Album auf  Bandcamp, da wo ihr euch das ganze Album schon vorab als Stream geben könnt, hat am Ende den Namen "ill". Was das nun aber zu bedeuten hat, muss man die Band fragen. 

Anspieltipps: Vienna, In My Dreams, Witness 

5,5/6 Punkten (Darf ich noch etwas länger draußen im Dunkeln spielen?)

Makthaverskan - III
(Quelle: Presskit von Fleet Union)

Samstag, 14. Oktober 2017

6. Nachschlag: Spotlight - Seismic (PIAS)

Was man nicht alles als Ehepaar anstellen kann. Manche bauen Häuser, andere liegen sich öfter in den Haaren und das nächste beschäftigt sich mit ganz banalen Problemen. Man kann es aber auch wie das Ehepaar Quintero aus Brooklyn angehen: Instrumente in die Hand nehmen und Musik machen. Fertig ist die Band Spotlight.

Zu Beginn kommt man nicht darüber hinweg, dass das Duo klingt, wie ganz große Bands. Hier werden brachial große Gitarrenwände aufgestellt, unterfüttert mit Synthies und einem Gesang, der ganz leicht zwischen den Instrumenten, Schlagzeug und E-Gitarre sind auch am Start, platz nimmt. Die Geschwindigkeit ist eher was für Liebhaber von Sludge und Doom, auch wenn man weniger rotzig ist. Die Produktion lässt auch keine Wünsche offen, wobei, wie bereits erwähnt, der Gesang nicht alle Wände einreißt und mit ein paar Ausnahmen (wie auf den letzten 45 Sekunden von Under The Earth oder auf A Southern Death) eher seicht vonstatten geht. In Gedanken sieht man, wie sich die deftones mit Team Sleep paaren und Mínus (Anspieltipp: Pulse) heimlich zugucken, was eigentlich den Sound perfekt in Worte fasst, mit ersteren war man wohl mal auf Tour, wenn man dem Presskit glaubt. Aber ist dann alles gut, was man auf dem Erstling findet? Mit Nichten, denn es gibt zwei Titel, die aus dem Rahmen laufen, die acht Minuten sprengen, Hang Us All und Hollow Bones: da fragt man sich nun, ob man das nicht hätte abkürzen können, Sludge und Doom gut und schön, aber warum? Nur damit man die eine magische Stunde Spielzeit überspringt? Dies geschieht in der heutigen Welt der Musik zwar selten, dennoch sollte man nicht durch solche Spielereien versuchen, irgendwas zu strecken. Wer sich die Seismic nun dennoch gibt und sich dafür entscheidet, auch die beiden genannten Brecher zu überstehen, merkt, dass man mit diesem Album von einem ständigen Rausch umgeben ist, man bewegt hier und da zur Musik den Kopf, fängt ein paar Ohrwürmer einzufangen. Man bekommt für sein Geld definitiv was geboten. Wer mag kann sich das Album, das bereits am 06.10. auf Ipecac Recordings erschienen ist, komplett auf Bandcamp geben um dann zu entscheiden.

Anspieltipps: Learn To Breathe, Ghost Of A Glowing Forest, A Southern Death, The Opening

5,5/6 Punkten (Wie das Rauschen der Blätter im Oktober)

Spotlights - Seismic
(Quelle: Presskit von PIAS)

Mittwoch, 4. Oktober 2017

Neues aus dem CD-Regal, Ausgabe 6: Myrkur - Mareridt

Ja, auch meine Wenigkeit kauft sich noch CDs, mir ist auch durchaus bewusst, dass Audiofetischisten jetzt aufschreien werden, da Vinyl ja das einzig Wahre ist. Ohne Plattenspieler, keine Platten, eine einfache Rechnung. An diesem Kauf hat auch das Visions-Magazin Schuld, da in der Ausgabe 294 die Künstlerin Myrkur kurz angeschnitten wurde.

In dem Artikel ging es darum, wo die junge Dänin, namentlich Amalie Bruun, ihre Inspiration hernimmt. Es sind wohl ihre Albträume, mit welchen sie ganze acht Alben hätte schreiben können. Da Relapse Records das gesamte Album auf Youtube hochgeladen hat, konnte ich mir bereits da das Umschriebene der Visions genauer zu Gemühte führen. Und das gefiel, da allein die Mischung aus dänischer Folklore und Black Metal völlig wirr klingt, keine Sorge, die Black Metal Drumss werden nur selten ausgepackt, so ist sie dennoch Sinnvoll. Die Künstlerin hat relativ viele Instrumente, die man im Hintergrund hört, selbst eingespielt. Mal ist ihre Stimme zwischen Celli eingegraben, mal erhebt sich ein mächtiger Konzertflügel über einen Frauenchor, der zusätzlich mit viel Hall unterfüttert ist. Und ein paar Sekunden später greift man zur E-Gitarre um all die schönen Landschaften nochmal einzureißen. Der Gesang ist, so wie die Instrumentalisierung, vielseitig: es gibt infernales Gekreische, dämonisches Fauchen, dennoch dominiert der himmlische Gesang, und wenn die Frauenchöre, wie in Ulvinde, einsetzen, ergibt dies ein harmonisch, schauriges, dennoch vollständiges, akustisches Bild.

Die Stimmung ist frostig, kalt und stürmisch, man möchte in den grauen Wolken der Herbstunwetter baden und sich vom Regen auspeitschen lassen. Ein recht unheimlicher Track ist Børnehjem, als hätte man hier die Stimmen aus den Albträumen direkt auf den Audiotrack gespannt. Kein Wunder, bedeutet Børnehjem nichts anderes als Kinderheim. Bevor ihr nun zurückschreckt, weil alle bisher von mir genannten Titel dänisch sind, es wird nicht nur in der Muttersprache der jungen Künstlerin gesungen. Es gibt auch Titel auf Englisch, wie Crown oder das sehr schleppende The Serpent.

Um den Bogen nicht zu überspannen: Erschienen ist Mareridt am 15.09., umfasst knapp 52 Minuten und kann vollständig, mit einem Bonustrack mehr, auf dem Bandcampaccount gestreamt werden.

Anspieltipps: KætterenHimlen Blev Sort, Crown, MareridtMåneblôt

6/6 Punkten (Komm her Oktober, ich will dich umarmen.)

Myrkur - Mareridt
(Quelle: Bandcamp.com)