Dienstag, 21. Dezember 2021

1. Teil des Interviews mit Fritz und Fritz von Rauchen.

Nachdem ihr hier das Review zu NEIN lesen könnt, habe ich die Chance bekommen zwei Mitglieder der Band via zoom zu interviewen. Ich sprach am 03.12. mit Fritz Kröger, Bassist der Band, und Fritz Heidel, der dort schlägt die Felle. 
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Rauchen: Nadine Jehle - Müller (vocals), Fritz Heidel (drums), 
Fritz Kröbel (bass), Philipp Oppenhäuser (guitar)
(Quelle: Presskit von Fleet Union)

Was natürlich zuerst ins Auge fällt: der Name der Band. Rauchen. Der Name ist relativ provokativ. In der Schule waren die Raucher früher die Coolen in der Schule, das Marketing hat die Raucher als harte Kerle abgestempelt und in „Stirb Langsam“ sieht man, wie sich Bruce Willis im Flughafenterminal erstmal eine Kippe anzündet. Rauchen ist heutzutage verpönt, Raucher müssen vor die Tür. Woher kommt der Name?

Fritz Kröbel: Ich bin bei der Bandgründung der einzige Nichtraucher gewesen und bin es tatsächlich immer noch. Wir hatten bereits einen englischsprachigen Namen, da haben wir aber noch nichts aufgenommen. Das hat sich dann ein bißchen zerschlagen und aus Mangel an Alternativen und in Hamburg gibt es einen Kiosk, der heißt „Tabakbörse“, danach haben wir auch unsere erste EP benannt. Da haben wir dort immer nach den Proben abgehangen und Bier getrunken. Wir haben damals in einem alten Bunker geprobt, da haben wir es nur eine halbe Stunde drin ausgehalten und sind dann zur Tabakbörse. Unser Gitarrist (Philipp Oppenhäuser) meinte dann irgendwann, lass die Band doch „Rauchen“ nennen, als wir dann alle rauchten, außer mir. Jeder hat dann eine Nacht drüber geschlafen und wir haben dann unsere Telegramm-Gruppe umbenannt in Rauchen und so ist das geblieben. Oder Fritz, hast du da ne andere Geschichte? 

Fritz Heidel: Nadine und ich haben bei dem letzten Interview herausgefunden, dass jeder eine andere Story zu diesem Namen hat. In der Essenz ist es aber genau das: wir saßen irgendwann biertrinkend um die Ecke von unserem Proberaum, weil keiner irgendwie Bock hatte in dem Bunker abzuhängen und dann sagte irgendwer: „Rauchen, ja genau, Rauchen.“ Für manche war das sofort klar, andere mussten noch eine Nacht drüber schlafen und dann ist es das geworden. Es gab da auch erstmal keinen tieferen Sinn, es klang halt cool und dann haben wir entschieden: Das ist es jetzt. 

Die Konstellation auf dem Album hört sich so an, als wurde es aus drei EPs zusammengestellt. Das ist auch unüberhörbar. Warum sind die Brecher alle in der Mitte? Es fühlt sich wie ein Aufstieg an, man schwoft, es ist shoegazig. Dann wird einem direkt in den Nacken getreten, die Nadine rastet vollständig aus und dann geht es später wieder bergab. Wer hatte die Idee? 

Heidel: Die Idee war, dass wir drei EPs rausbringen und dass diese nicht alle gleichzeitig sondern zeitversetzt veröffentlicht werden. Mit ersten EP wollten wir zeigen, dass wir etwas neues gemacht haben. Mit der zweiten EP wollen wir aber die Menschen, die unsere erste EP kennen. Die Reihenfolge auf der Vinyl ist der Reihenfolge des Releases geschuldet. Wir wollten erste was neues rausbringen, dann wollten wir ne EP rausbringen, auf der wir zeigen, dass wir immer noch Krach machen. Und danach, etwas was fernab der ersten und zweiten EP ist. Das ist zumindest unsere Wahrnehmung. 

Meine subjektive Meinung ist, dass EP I und EP III so ein bisschen aneinanderknüpfen. Der Zwischenpart wirkt eher so: „Wir treten euch immer noch kaputt, weil ihr das so wollt.“ 

Heidel: Wenn du das so sagst. 

Ich finde es interessant. Sowas kennt man von Rolo Tomassi oder Employed To Serve. Die Frau am Mikro rastet völlig aus und die Mitglieder steigen mit ein, als wenn es kein Halten mehr gibt. Man hat als Zuhörer nach dem Rand gesucht, wo man mal kurz Luft holen konnte. Bei eurem Album ist das ja gegeben. Man muss aber geistig bei eurem Album dabei bleiben. 

Kröbel: Wenn du es auf Platte hörst, sind die ersten beiden EPs auf der A-Seite und die dritte ist auf der anderen Seite. Wir haben es auch nicht so geschrieben, dass man es hintereinander hören muss. Ich zum Beispiel höre die EPs eher in sich, nicht von EP I bis EP III, sondern eher als einzelne Schritte. Und man muss auch sagen, dass unsere beiden Platten, die wir vorher gemacht haben, sehr ähnlich wie EP II waren. Wir wollten da kurz nochmal hin, dennoch wollten wir auch was anderes wagen. 

Ein Intro erinnerte mich so ein bisschen an einen Rocky-Film. Ihr wechselt dann aber in einen anderen Rhythmus, was dann verwundert. 

Kröbel: Du meinst das Europe-mäßige? 

Heidel: Was so klingt wie I Of The Tiger

Genau. Bei den Texten weiß ich jetzt leider nicht, inwiefern ihr da mitgewirkt habt. Da wird wahrscheinlich eher die Nadine was zu sagen können. Was mir aufgefallen ist: die berechtigte Kritik an der heutigen Gesellschaft. In Monopoly zum Beispiel, wo man selber sagt: „Moment, das geht so nicht, wie es hier gerade läuft.“ Oder auch Schlüsselkind: sie singt scheinbar aus der Sicht eines Mannes und findet es normal. Bei Männern würde man nicht stutzen, bei einer Frau eher schon. Oder ist das mein Missverständnis und mein versautes Denken durch den Deutschunterricht? 

Kröbel: Nadin schreibt eigentlich die Texte, sie hat freie Handhabe. Sie kommt dann mit einem fertigen Text und stellt ihn uns vor. Das Konzept der drei EPs ist, dass sich eine Sache entwickelt. EP I ist eine Momentaufnahme, EP II ist ein Transformationsprozess und EP III ist eine Wunschvorstellung. Da ist „Schlüsselkind“ eine Wunschvorstellung, wie es sein sollte. Dass man als Frau alleine nach Hause gehen kann, ohne das Handy am Ohr zu haben und zu tun als hätte man ein Gespräch. Das ist die Utopie, die angestrebt wird. Fritz, möchtest du dazu noch mehr sagen? 

Heidel: Ja. Die Idee ist in dem Fall, dass es nicht darum geht, wie es wäre, wenn eine Frau das macht, was Männer machen. Bei der dritten EP, zu der „Schlüsselkind" gehört, ist ein positiver Ausblick, eine Utopie. Was würde man als Frau als erstes machen, wenn es keine Typen gäbe. Oder wenn das alles nicht irgendwie scheiße besetzt wäre. Man könnte sich einfach, ohne eine Gefahr zu sehen, in den Park setzen und sich betrinken. Oder einfach so Musik hören und beim Nachhauselaufen keinen Schlüssel in der Hand haben. Die ganzen Situationen, die da beschrieben werden, sollen so gesehen werden, dass man ohne irgendwelche Sorgen oder Hintergedanken nach Hause gehen kann. 

Ist das in Hamburg auch so ein Thema? Ich dachte, dass man da schon etwas weiter ist, als meinetwegen hier im Osten? 

Heidel: Ist das nicht vielleicht eher ein Problem auf der ganzen Welt? 

Ich dachte man wäre da Jahre voraus, als hier in Cottbus, wo ich wohne. Da überlegt man sich: „Oh, die Querschwurbler sind in der Stadt, geh mal lieber nicht vor die Tür.“ In Hamburg oder in Berlin würde ich nie drüber nachdenken. 

Heidel: Da geht es weniger um Nazis als um Männer und generell Gewalt, die von Männern aus geübt wird. Dumm gesagt, kannst du ja mal einen Feldtest und weiblichen Freundinnen vortragen. Du kannst dann ja Fragen: „Läufst du auch manchmal mit einem Schlüssel in der Hand nach Hause, wenn du Angst hast?“ Oder „Tust manchmal so, als würdest du telefonieren, wenn jemand auf deinem Heimweg hinter dir herläuft?“ Das ist egal ob in Cottbus oder sonst woanders auf dieser Welt. Das ist das Patriarchat immer noch ein Ding. Gewalt an Frauen und Einschuss für die Filterung von Frauen in alltäglichen Situationen ist immer noch ein Ding. Die gesamte EP muss aufmerksam gehört werden. Dadurch, dass die Texte auf Deutsch sind, sind sie für uns im deutschsprachigen Raum greifbar. Man kann aber auch an einigen Stellen, wenn man nicht ganz so fit ist, missinterpretierten, wenn man es so will. 

 Kröbel: Die Texte sind aber mit Absicht so. Aber das ist nicht das erste Mal, dass wir Fragen zu „Schlüsselkind“ bekommen haben. Aber darum geht es auch. Unsere ersten EPs waren noch sehr eindeutig, ist es hier ein bisschen mehr Platz für Interpretation. Man fällt nicht direkt mit der Tür ins Haus.

Stellt euch vor, eure Texte würden in hundert Jahren im Deutschunterricht behandelt. 

Heidel: (lachend) Cool wäre es, aber ich denke mal, dass die was Besseres zu lesen haben als unsere Musik.

Wenn man aber überlegt, was so im generischen Radio, in der UKW-Landschaft so läuft, ist das recht eintönig und echt zu beliebig. Mir sind Texte, die zum Nachdenken einlädt oder Musik, die aus dem Rahmen fällt, lieber. 

Heidel: Das ist ja vollkommen verständlich. Die Idee von Radio ist ja meistens irgendwie Hintergrundgeplänkel. Es wird aber auf der anderen Seite einfach das bedient, was Menschen hören wollen. Und wenn Menschen in diesem Moment irgendetwas Belangloses hören wollen, dann wollen sie das wohl hören. Und das ist ja vollkommen ok. 

Kann aber auch dazu führen, dass man irgendwann irrelevant wird, weil der Sound out ist. 

Heidel: Das ist ja auch Teil des Geschäfts. Wenn die Teil der Musikbranche bist und damit irgendwie Kohle machen willst, dann musst du dich an den Käufer:innen orientieren. 
 
Kröbel: Stell die vor, wir würden im Radio laufen. 

Heidel: Wenn wir im Radio liefen, wäre das cool. Aber stell dir mal vor, die Leute würden sagen, ihr seid radiotauglich. Dann wäre das halt so. 

Es gibt hier einen Radiosender in der Region, radioeins, der ist auch eher für Musiknerds gedacht. Da könnte man euch spielen, zumindest die shoegazigen Sachen. Die anderen wären etwas out of place, aber das ist schon gut. Wo wir gerade dabei sind. Wer kam auf die Idee, Shoegaze hineinzumischen. 

Kröbel: Ich fand es lustig, dass du Shoegaze gesagt hast. Wir haben jetzt schon sehr viel gehört: Postpunk, Grunge, alles mögliche. Ganz allgemein kann man sagen, dass es schwer einzuordnen ist, was es denn ist. Shoegaze kommt hier und da vielleicht hin, aber ich bin auch der einzige in der Band, des das ansatzweise hört. Grundsätzlich haben wir bei Null angefangen und wir haben uns am Anfang auch gesagt, dass wir was neues machen wollen. Wir wollten weg von dem klassischen Geballer, was wir gemacht haben. Wir haben dann, dank Corona, sehr viel Zeit im Proberaum verbracht. Vor allem auch zu dritt mit unserem Gitarristen Philipp. Der hat viele neue Pedals und unser Schlagzeuger (Fritz Heidel) hat viele Riffs und Songideen mit reingebracht. So haben wir dann einfach gebastelt und am Ende ist das dabei herausgekommen. Das betrifft aber alle drei EPs. Wir haben die Stücke durcheinander geschrieben, als fließender Prozess. 

Jetzt kommt ein kleiner Bruch: 
Habt ihr sowas Day-Jobs, wo dann vielleicht die Inspiration und Ideen für die Songs herkommen? 

Heidel: Die Inspiration für die Musik ziehe ich aus allem anderen, außer der Arbeit. Ich weiß nicht, ob das bei dir anders ist Fritz. 

Kröbel: Bei den Texten, ohne da jetzt zu viel zu sagen, zieht die Nadine da sehr viel aus der Arbeit. Wir müssen das jetzt aber nicht weiter vertiefen. Es ist aber recht unterschiedlich, wo wir unsere Interpretationen herbekommen. Arbeit ist ja auch ein Thema auf der EP. Wenn du die Monotonie anhörst, da geht es um die Monotonie der Arbeitswelt. 

… und dass dein Boss nicht dein Freund ist. Schmerzliche Erfahrungen durfte ich damit schon machen. 

Heidel: Wer nicht? Wer nicht? 

Aber ist das dann eher so ein amerikanisches Ding? Man ist 9 to 5 auf Arbeit, macht noch ein paar Überstunden und geht dann noch mit dem Betrieb in ne Bar? In meinem alten Betrieb kannte ich ein paar Leute, mit denen man auch abends einen trinken hätte gehen können, aber doch nicht mit dem ganzen Betrieb. 

Heidel: Ne, locker nicht. Es kommt auch drauf an, wo du arbeitest und wie. Natürlich kannst du nicht immer mit allen Menschen, aber je nachdem wo du arbeitest, kannst du mit dem Großteil der Leute gut und gern noch ein Bier trinken. Ich habe bis Corona in der Life-Musik-Branche gearbeitet und hab immer noch mit Philipp zusammen eine kleine Managementagentur. Wenn wir da noch life unterwegs gewesen sind und ne Tour gemacht haben, haben wir dann abends am Bus noch ein Bier getrunken. Das gehört einfach dazu, ist aber auch dem Job un dem Arbeitsumfeld geschuldet. In meinem jetzigen Job würde ich das nicht machen, denke ich.

Mittwoch, 1. Dezember 2021

Rauchen - Nein (Zeitstrafe/Fleet Union)

Rauchen fetzt. Natürlich ist der Name der Band provokant, man hat aber sofort einen Aufhänger. Mit Nein hat man ein Album aus drei EPs geschrieben und aufgenommen. Diese drei EPs grenzen sich auch akustisch ab. 

Zu Beginn schwoft man mit Shoegaze ganz entspannt durch die Gegend, auch wenn man mit dem Text von Monopol(y) eindeutig auf die Zustände in der Polizei hinweist. Darauf folgt ein ewiges Hamsterrad, und zwar von der Schule bis zur Rente. Man merkt der Band an, dass hier einiges unter den Fingernägeln brennt. Mit Aufnahme wird die zweite EP eingeläutet, auf dem Album befinden wir uns passend im zweiten Drittel. Ab hier wird einem 4 Titel lang in den Rücken getreten. Die Band dreht alle möglichen Regler auf und die Sängerin ist am Anschlag. Hier besinnt man sich auf die alten Tugenden, hier trifft Hardcore-Punk auf pures Chaos und Zerstörung. Fast wie bei The Dillinger Escape Plan. Man bleibt den Thematiken treu: es geht um die aufgezwungenen Rollen der Frau, um Arbeit und Freundschaft. 

Nachdem man dann alles durchgewühlt hat und jeder schwitzend am Boden liegt, tritt die Band auf die Bremse und singt einem vor, wie sich das alles nach einem Konzert anfühlt. Man ist glückselig und man kühlt langsam wieder herunter. Danach gibt man dem "Schlüsselkind" den Raum, sich so zu verhalten, wie ein Mann. Bei ihm stellt man einiges an merkwürdigem Verhalten nicht in Frage, bei Frauen eigenartigerweise schon. Hier lädt man sich sogar ein paar Trompeten ein, die am Ende des Stücks ordentlich eskalieren. 

Man kann sich dieses Album wie einen Aufstieg auf einen Berg vorstellen, im Mittelteil ist man oben angekommen und dann geht es wieder abwärts. Wir werden auch bald in einem Interview erfahren, warum man diese Konstellation gewählt hat. 

Der Sound auf dem Album, was nicht mal eine ganze halbe Stunde lang ist, ist großartig. Das Schlagzeug hat ordentlich Druck bekommen und der Bass darf sich recht viel Raum nehmen. Der Gesang wirkt in den ruhigen Tracks recht gelangweilt, das kann aber Absicht sein. Die Effektgeräte kann man in einzelnen Tracks rauschen hören, wenn mal kein Instrument gespielt wird. 

Release: 03.12.2021
Label: Zeitstrafe

Anspieltipps: Wasserglas, Monopol(y), Schlüsselkind

6/6 Punkten (Achterbahn mal anders.)

Rauchen - Nein
(Quelle: Presskit von Fleet Union)

Freitag, 29. Oktober 2021

SEEYOUSPACECOWBOY - The Romance Of Affliction (Pure Noise Records/Kinda Agency)

Für mich ist Snowboarden kathartisch. Ich stehe auf dem Brett, habe den Hang vor mir im Blick und reagiere nur, denn zum Nachdenken fehlt die Zeit und wenn man dann doch realisiert, was passieren könnte, dann passiert es meist auch. Dies könnte zwar ein Aberglaube sein, dennoch fahre ich seit Jahren ohne Sturz. 

Für Connie Sgarbossa ist es das Schreiben. Zwei Wochen nach den Aufnahmen zu The Romance Of Affliction starb sie fast an einer Überdosis. Sie sagt, dass die Texte auf dem Album wie eine Prophezeiung gewesen sind und zu diesem Umstand geführt hätten. Sie hat die letzten paar Jahre reflektiert, die Kämpfe im Alltag und der Versuch, in allem dennoch etwas schönes zu sehen. 

Untermalt werden die geschrienen und gesungenen Texte von sehr viel Gewalt und Chaos. Die Band nennt es Sasscore. Fast alles klingt wild, es gibt hier und da ein paar harte Cuts, und wenn man einen Breakdown erwartet, dann kommt er auch. Und wie der dann kommt, als wenn der Produzent und die Band genau wüssten, wie der Zuhörer gerade tickt. An den Reglern saß niemand geringeres als der Gitarrist der Band Knocked Loose (Review hier). Wer SYSC kennt, weiß was er zu erwarten hat. Um etwas Luft zu holen, hat man hier und da ein paar ruhige Momente eingestreut, die sind aber eher selten. Alles andere lädt dazu ein, seinen Nacken zu strapazieren. Denn es drückt ordentlich auf den Trommelfellen. Es werden aber auch Erinnerungen an Norma Jean's Memphis Will Be Laid To Waste (hatten wir hier mal) wach. Und wer nach 40 Minuten noch nicht genug hat, kann sich den Kopf gern nochmal durchpusten lassen, auf eigene Gefahr versteht sich. 

Release: 05.11.2021
Anspieltipps: With Arms That Bind and Lips That Lock, Intersecting Storylines To The Same Tragedy, Ouroboros Is An Overused Metaphor

6/6 Punkten (Ab wann darf man eigentlich die Emo-Tolle wieder tragen?)

SEEYOUSPACECOWBOY - The Romance
Of Affliction 
(Quelle: Presskit von Kinda Agency)

Dienstag, 26. Oktober 2021

Lygo - Lygophobie (Kidnap Music/Fleet Union)

Eigentlich wollte man nach der Tour 2019 eine größere Pause einlegen, um einfach mal alles sacken zu lassen. Und dann hatten die Jungs von Lygo im Jahre 2020 nicht so all zu viel zu tun. Der Drummer beschäftigte sich intensiv mit Musikproduktion und schaffte somit die Möglichkeit, dass man sich als Gruppe isoliert neuen Songs widmen konnte. Alle Titel von Lygophobie sind im Probenraum entstanden und auch dort aufgenommen worden. 

Auch wenn der Name des Langspielers wie ein intelligentes Wortspiel klingt, handelt sich hierbei doch um einen Fachbegriff. Es handelt sich hierbei um die Angst vor der Dunkelheit. Die Band erzählt mit ihren Texten von dunklen Seiten und Zeiten. Es geht um schlaflose Nächte; um eine Gesellschaft, die sich im Netz darstellt und hemmungslos kommentiert; um Polizeigewalt und das eigene Selbstmitleid und dem Selbstmord (oder den Moment danach, wenn man sich nicht getraut hat), zumindest lassen einige Textzeilen aus Warmes Bier und Kalter Kaffee darauf schließen. Vielleicht hat der Deutschunterricht hier seine Spuren hinterlassen, mit der berühmten Frage: "Was will uns der Künstler damit sagen?"

Wie bereits schon erwähnt, hat der Drummer hier die Zügel in der Hand gehabt. Die Drums drücken ordentlich fett; der Bass hat viel Platz bekommen und ist pregnant vor Ort und der Gitarrist weiß sein Instrument zu bedienen. Der Sänger singt weniger, er klagt eher an. Das passt aber auch zum klanglichen Gesamtkonzept, denn alles prügelt, dann muss die Stimme eben auch drüber sein. Wer etwas mit Akne Kid Joe, Fjørt (hatten wir hier und hier mal) oder Turbostaat etwas anfangen kann, der darf hier gern zugreifen. 

Release: 29.10.2021
Label: Kidnap Music

Anspieltipps: Zusammen im Bett, Fight Club, Schockstarre

6/6 Punkten (Hier gibt es Texte für den Leistungskurs Deutsch)

Lygo - Lygophobie
(Quelle: Presskit von Fleet Union)

Freitag, 8. Oktober 2021

Vök - Feeding On A Tragedy (Nettwerk Music Group)

Die Wege, die man auf In The Dark (das hatten wir hier mal), waren nach dem Vorgänger abzusehen. Nun kam Covid dazwischen und vieles lief und läuft andes. Auf der EP Feeding On A Tragedy geht die Band einen Schritt zurück, oder sogar zwei. Man hat aus unerfindlichen Gründen seinen eigenen Sound wiedergefunden, seine eigene Würze wiederentdeckt. So scheint es. Das Intro zu Running Wild klingt zwar eher nach Western, kommt man aber bei Skin an, so winken hier Circles und Tension ordentlich mit den Zaunpfählen. Nur sprachlich hält man sich im leicht verständlichen Englisch auf, laut Margrét Rán würden die Texte auf Isländisch eher kitschig wirken, so schrieb sie mir es mal auf Instagram, als ich sie darauf ansprach, dass die aktuellen Lieder ja alle auf Englisch seien. 

Durch diesen leichteren Zugang versteht man, worum es denn nun geht. Dabei gibt es eine Situation, die sich massiv auf das Leben der Künstlerin ausgewirkt hat. No Coffee at the Funeral handelt davon, dass man die Beerdigung des Großvaters nicht traditionell feiern konnte und es am Ende dank Covid keine Speisen und Getränke gab. Thematiken wie die eigene Identität und Persönlichkeit werden behandelt. 

Auch wenn man hier nur vier Titel auf die Ohren bekommt, so ist das gesamte Werk in sich stimmig und kurzweilig. Die Weiten Islands werden wieder hörbarer, im Vergleich zu den Vorgängern. Die Synthies sind kühl und kuscheln mit den analogen Instrumenten. Zusammen mit Margréts Gesang wird man richtig eingelullt und möchte eigentlich nichts anderes, als diese EP in Loop laufen lassen, langweilig wird es auf jeden Fall nicht.

Release: 08.10.2021
Label: Nettwerk Music Group

Anspieltipps: Skin (wegen des "klassischen" Vök-Sounds, Running Wild 
Eigentlich solltet ihr euch die ganze EP am Stück geben. 

6/6 Punkten (Vikrelega gott verk.)


Vök - Feeding On A Tragedy
(Quelle: Presskit von Nettwerk)

Mittwoch, 30. Juni 2021

AOP - Von Wegen Punkrock (I Like My Records / Superlifepromo)

Wer oder was ist Punk? Was darf Punk? Wer Punk googelt, bekommt zuerst die Jugendkultur präsentiert. Dazu kommt natürlich auch die Musik. Den Männern von AOP wirft man nämlich vor, so besagt es zumindest der Track Zum Punk hats nicht gereicht, dass sie für den Punk zu weich seien, für's Radio aber zu hart. Das klingt natürlich verdächtig nach elitärem Denken, was man eigentlich eher vom Black Metal kennt. 

Wie man aber darauf kommt, dass das alles kein Punk sein soll, versteht man aber beim besten Willen nicht. Der Gesang ist nicht ganz gerade, das Schlagzeug hat ordentlich bums und wird sehr schnell bedient, der Gitarrist kann mehr als nur drei Akkorde und der Bass bekommt ordentlich "trockenen" Platz im Klanggefüge. Die Texte sind für Punkrock auch nicht unüblich. Also woher der Gram? Man kann ihnen, den Männern aus Neckarsulm, nicht vorwerfen, dass sie so langweilig klingen wie Die Kombinaten, die wir hier mal hatten. So fett wie die Toten Hosen klingen sie aber auch nicht. Man könnte sie eher mit Feine Sahne Fisch Filet und Blink 182 vergleichen. Man höre nur den Track Prophet. Und wer sich den Spiegel gibt, der wird beim Intro an System of a Downs Lonely Day denken. 

Vielleicht ist das auch die Idee der Band, sich einfach an ihren Idolen zu orientieren. Dazu gibt es noch eine kleine Prise der eigenen Würzmischung und schon steht das Konzept. Was aber auffällt: die Platte wird nach hinten hin immer mehr zum Punk, den man ihnen vorwirft, nicht inne zu haben. Man hat ja auch ordentlich viele Tracks auf das Album gepackt, die auch politisch sind. 

Was macht man also mit dieser Band? Verschmähen, weil sie ihr Ding durchziehen? Ächten, weil sie mehr als drei Akkorde auf die Saiten bringen? Beim besten Willen nicht. Das Album ist Musik, die mehr Nachhaltigkeit hat, als das, was aktuell mitunter in den Top 40 der Radiocharts läuft. Klar ist aber auch, dass man eben nur eine kleine, begrenzte Menge an Menschen erreicht. Das ist Schade, da es mehr solche Bands und Alben braucht, als den leichten Kaugummi-Pop. 

Release: 18.06.
Label: I Like My Records

Anspieltipps: Wunderschön, Wenn ich dich seh, Unsere Lieder 

5/6 Punkten (Die Platte hätte man auch ohne weiteres so vor 20 Jahren auf den Mark bringen können.) 

AOP - Von Wegen Punkrock
(Quelle: AOP.Band)

Dienstag, 22. Juni 2021

Red Fang - Arrows (Membran /Petting Zoo Propaganda)

Was macht ein aktuelles Album aus? Gibt es überhaupt noch richtige Alben? Wird nicht mittlerweile versucht, Tracks für die X-te Spotifyplaylist zu produzieren? Was einige Musiker darüber denken, hatten wir hier bereits mit Kid Dad diskutiert. Red Fang ließen und lassen sich von diesem wirren Konzept nicht beeindrucken und stellen mit Arrows einen Langspieler auf, der mitunter nur als Gesamtkonzept funktioniert. 

Nicht nur wird der Zuhörer mit einem langen Intro ins Album eingeladen, er wird direkt in das Universum Red Fang geschmissen. Es besteht aus alt klingenden Verstärkern, knarzenden Gitarren, donnernden Bässen und einem Schlagzeug, dass mehrere Tempi beherrscht. Dabei sind solche Spielereien an die guten alten Tage angelehnt, als Alben noch unheimliche Intros hatten um die Eltern zu erschrecken. Aber das mit den In- und Outros gab es in letzter Zeit schon bei Code Orange oder Knocked Loose. Also ist das doch kein so neuer alter Schuh mehr. 

Dabei packen die Männer aus Portland, Oregon alles an Stoner-Rock-Klischee auf die Saiten, was halt eben so geht. Es geht mal schleppend durch die Gegend, wie in Unreal Estate, als wenn das Sofa einen angeklebt hätte, wenn ihr versteht. Dann gibt es Tracks, wie der Titeltrack Arrows oder My Disaster, die gehen gut ab und laden dazu ein, wie in Film The Shred Remains, auf das nächste Brett zu steigen und den nächsten Berg oder Hang unsicher zu machen. 

Alles in Allem hat man ein Album auf den Ohren, welches, wie bereits eingangs erwähnt, nicht in das heutige Hörerschema zu passen scheint. Die Band freut sich, dass sie ohne Weiteres so ein Album aufnehmen durfte, wobei das vielleicht auch am Label liegen könnte. Denn auch hier muss man den Künstlern ein Stück weit vertrauen können. Natürlich hätte man hier und da einen Zacken schneller spielen können. Aber dazu sind Red Fang halt Red Fang und darauf können sie, die vier Männer aus Portland, stolz sein.

Release: 04.06.2021
Label: Membran

Anspieltipps: Arrows, Rabbits in Hives, Two High

5/6 Punkten (Riecht ihr auch eine Wiese, wenn ihr dieses Album hört?)

Red Fang - Arrows
(Quelle: Presskit von Petting Zoo Propaganda)

Donnerstag, 20. Mai 2021

SEEYOUSPACECOWBOY & If I Die First - A Sure Disaster (Pure Noise Records / Kinda Agency)

Auf einer Split EP finden sich für gewöhnlich Titel zweier Bands, die vom Klang her schon zusammenpassen. Selten gibt auch Splits mit drei oder vier Bands. Das macht man um Produktionskosten zu sparen. Die Bands SEEYOUSPACECOWBOY (die hatten wir hier mal) und If I Die First gehen auf A Sure Disaster noch einen Schritt weiter. Sie haben auf dem Track bloodstainedeyes kollaboriert. Das Video ist zugegebenermaßen brutal, sowie auch der Sound. Aber das sind wir von SYSC eigentlich ja gewohnt. 

Beide Bands kennen sich schon eine Weile und dachten sich, dass man gemeinsame Sache machen könnte. Von der ersten Sekunde an geht man Steil, das Klatschen erinnert direkt an Tracks aus den 2000ern. Generell orientiert man sich an den Sounds aus dieser Zeit, die man mit E-Gitarren und recht emotionalen Texten hinbekommen hat. Man hat nur die Brutalitätsschraube etwas fester gezogen und ist, bis auf das Intro des letzten Tracks, eigentlich immer am Anschlag und es bleibt kaum Zeit zum Entspannen. Es gibt zwar Gesang, der passt aber zum Gesamtbild. Textlich gibt es viel Blut, Rasierklingen und falsch erzählte Geschichten. Eigentlich alles, was es zu Hochzeiten von Myspace und co gab (inklusive der Langen Titelnamen), nur härter und sehr gut produziert. 

Release: 14.05.2021
Label: Pure Noise Records

Anspieltipps: Painting A Clear Picture From A Unreliable Mirror, bloodstainedeyes

5,5/6 Punkten (Was Tom von Myspace wohl gerade treibt?)

SEEYOUSPACECOWBOY & If I Die First - 
A Sure Disaster
(Quelle: Presskit von Kinda Agency)

Dienstag, 11. Mai 2021

Cold Moon - What's The Rush? (Pure Noise Records/Kinda Agency)

Es gibt Musik, die klingt wie dieses "Ankommen". Man bekommt ein wohliges Gefühl und muss unweigerlich sinnieren und lächeln. Genau dieses Phänomen ereilt einen beim Durchhören von What's The Rush? von Cold Moon aus Kalifornien. 

Am Anfang könnte man noch meinen, man hätte eine Platte von Kings Of Convenience in den Ohren, auch wenn die Stimmen etwas härter sind und nicht gehaucht werden, wie bei den Norwegern. Das könnte daran liegen, dass dieses Quartet aus zwei Bands besteht, deren Sound eigentlich meilenweit entfernt von den entspannten Klängen ist, die sich hier ruhig auf die Trommelfelle legen. Anscheinend ist das aber normal in Musikerkreisen, dass man neben einer lauten Band immer noch ein ruhigeres Projekt am Laufen hat. Warum auch nicht? Das hat bei Dallas Green bestens funktioniert. Oder ist das schon ein gelebtes Meme? 

Wie dem auch sei, man bekommt entspannte Gitarrenklänge zu hören, das Motto der Platte zieht sich überall durch. Wozu die Aufregung? Man hat für das Album ca. 14 Monate gebraucht. Dazu noch die Leichtigkeit aus Kalifornien, zumindest aus dem Norden, und schon hat man ein Album, welches gezielt einen Anker wirft und Einnorden einlädt. Man hat doch eigentlich alles, was man braucht: Familie, ein Dach über dem Kopf, Essen. Mit Länge hat man es aber leider nicht so, es gibt nur neun Songs, die sich auf 36 Minuten erstrecken. Wenn man es nur nebenbei hat laufen lassen, ist das vielleicht noch zu verschmerzen. Man merkt jedoch, dass es genau die Musik ist, die die Band aufnehmen wollte. Hier hat kein Manager reingegrätscht und bestimmt, in welche Richtung das gehen soll. 

Release: 07.05.2021
Label: Pure Noise Records

Anspieltipps: Access Control, Frontage, Lost

5/6 Punkten (Das perfekte Album, um sich alte Fotos anzusehen.)

Cold Moon - What's The Rush?
(Quelle: Presskit von Kinda Agency)

Donnerstag, 15. April 2021

Van Holzen - Gras (Single) (OMN Label Services / Odyssey Music)

Bei der aktuellen Wetterlage vor den Haustüren, wünscht sich gerade sicher jeder von euch ein Stück Sommer. Viele ignorieren dabei irgendwann den Punkt, wenn man den Sommer über hat. Ständig Temperaturen jenseits der 25°C und man wird träge und lethargisch. 

Lethargie, das trifft auf die Single "Gras" von Van Holzen zu. Die Stimme ist leicht verzerrt und wirkt so, als hätte man weniger Energie als sonst. Die Finger wandern den Gitarrenhals hinab, der Bass wirkt dagegen fasst lebendig. Das Gitarrensolo im C-Part wirkt wie die flirrende Hitze, die vom Boden aufsteigt und einen förmlich kocht. 

Textlich geht es um Social Media. Jeder vergleicht sich mit denen, die auf Insta, Facebook und Co ganz oben mitmischen. Dabei vergisst man sich selbst und verliert den Blick auf das Wesentliche, worum es wirklich geht. Denn viel zu oft wird entweder banales Zeug hochstilisiert (und man versucht noch nebenbei was zu verkaufen mit dem Code "HDL25" oder so) oder ein tolles Erlebnis, bei welchem man dabei ist, wird nur durch die immer größer werdenden Smartphonebildschirme erlebt. Und wenn man nicht dabei ist, bei den großen Social Media Netzwerken, ist man einfach langweilig und man hat nichts erlebt. 

Erscheinen wird die Single am 16.04.2021, einen kleinen Teaser gibt hier

Van Holzen - Gras (Single)
(Quelle: Presskit von Odyssey Music)

Mögen das Rennen der Schweißperlen starten.

Update:
Hier gibt es dazugehörige Video auf Youtube.

Montag, 12. April 2021

Youtubisch Vol. 41

Fun Fact: Diazepam hieß von 1963 bis 2015 Valium. Es soll zur Behandlung von Angststörungen angewendet werden, wobei Angstzustände ungewollte Nebenwirkungen sein können. Dass das Zeug abhängig machen kann, das steht außer frage. 

Über genau dieses Zeug lässt sich der Sänger Aaron Matts der Band ten56. im Track Diazepam aus. Wenn man den Texten glauben mag, will man lieber tot sein, als nochmal eine Pille nehmen zu müssen. Wer beim Namen aufhorcht, kennt man die Band Betraying The Martyrs, denn da ist Aaron vor kurzem erst ausgestiegen. Mit den Mitgliedern von Novelists FR, Kadinja und Uneven Structure macht er wohl schon seit einem Jahr Musik. 

Wer jetzt trotz des Links, den Track noch nicht gehört hat, der sollte sich auf extrem tief gestimmte E-Gitarren gefasst machen, gepaart mit gutturalem Gesang und allem was sonst noch scheppert. Es wird gedrückt und geballert, wo es nur geht, man nimmt keine Rücksicht. Es gibt zwischen dem ganzen Metallcore auch ein paar Hardcoreanleihen. Vielleicht fühlt sich so der Zustand an, wenn man einen Trip auf Diazepam schiebt. Gegen Ende werden die Gitarren immer tiefer und langsamer. 

Das Video wurde im Winter bis morgens um 5 Uhr in einer leeren Halle gedreht und gibt somit die perfekte Untermalung und Stimmung zur Musik.  Man hat wohl noch ein paar Tracks im Petto, man kann also gespannt sein. 

ten56. - Diazepam (Musikvideo)
(Quelle: Youtube.com)

Drogen sind schlecht, auch wenn sie dir dein Arzt verschreibt.

Dienstag, 6. April 2021

Youtubisch Vol. 40

Als das hier mit dem Blog anfing, hatte ich eine kleine Anekdote zur Band Red Fang zu erzählen. Nun hat mir Youtube erneut ein Video vorgeschlagen, was wieder funktionierte. Der Track Arrows enthält all das, was Red Fang ausmacht. Es ist alles leicht verzerrt, man bringt ordentlich Bums mit und man hat sein typisches Knarren und Knarzen am Start. 

Das die Männer Humor haben, bewiesen sie bereits in vielen ihrer Musikvideos. Bereits im Intro des Videos fragt einer, ob man das nicht schonmal gemacht hätte. Wer ein paar Videos kennt und nicht ein kaputtes Gedächtnis durch die Nutzung des Smartphones hat, der wird sich vielleicht an Wires erinnern. Der Rahmen der Zerstörung hält sich nun aber in Grenzen. Es ist lustig anzusehen, wie jeder das Schwert haben will und zu den unnötigsten Ereignissen mit hat und benutzt. Wie kleine Kinder, die ein Spiel- oder Werkzeug bekommen und es zu jeder Gelegenheit nutzen wollen, ob es nun Sinnvoll ist oder nicht. Die Technik zur Aufnahme der Bilder ist besser geworden, als sie es noch bei "Wires" war. 

Red Fang - Arrows (Musikvideo)
(Quelle: Youtube.com)

Jungs bleiben Jungs, sie werden nur älter und die Spielzeuge teurer.

Dienstag, 30. März 2021

New Pagans - The Seed, The Vessel, The Roots And All (Big Scary Monsters/Fleet Union)

Frauen und Männer werden in der Gesellschaft seltener gleich behandelt, als es manch einer wahr haben mag. Die Sängerin Lindsey McDougall singt ihrer Band New Pagans genau dagegen an. Nicht nur das sie Schwanger auf der Bühne stand, nein, sie schaffte es mit ihrer Band 2020 ein EP zu veröffentlichen und ein Album aufzunehmen. 

Auf The Seed, The Vessel, The Roots And All geht es um nichts geringeres als Frauenrechte, Inklusion und Gespräche, denen man in den belfaster Öffis heimlich lauschen kann. Nun würde man in der Schule sicher gefragt werden, welches der drei Themen nicht dazu gehört, der Band ist das egal. Musikalisch bewegen wir hier und irgendwo zwischen Grunge, Alternative Rock und stechen hier und da in den Shoegaze ab. Man nimmt sich sogar einige Riffs von den ganz Großen und wandelt diese ab. Die ersten Takte von I Could Die klingen fast wie die ersten paar Sekunden von Black Sabbath's Paranoid. Wer jetzt "Paranoid" nicht kennt, der sollte sich das jetzt aber schleunigst anhören, sonst gibt es hier ganz große Bildungslücken. An sich scheint es, als hätte man viel Zeit gehabt um das Album aufzunehmen. Es gibt verdammt viele Details und Lagen, die Produktion ist außerordentlich gut gelungen. Die Gitarren, es sind zumindest immer zwei zu hören, sind nicht ganz auf Anschlag verzerrt, man kann dennoch gepflegt rocken. Aber auch verträumt im tanzen im Bühnenlicht geht auch, mit geschlossenen Augen versteht sich.

Um das ganze hier zum Ende zu bringen: die Platte ist gut, mit fast 90 Minuten ausgesprochen lang, viele Titel stehen für sich allein, so merkt man, wo man auf der Platte gerade ist. Wie bereits erwähnt, ist die Produktion richtig gut und das Arrangement weiß zu gefallen. 

Release: 19.03.2021
Label: Big Scary Monsters

Anspieltipps: It's Darker, Ode To None, Yellow Room

5,5/6 Punkten (Heidnische Musik mal anders.)

New Pagans - 
The Seed, The Vessel, The Roots And All
(Quelle: Presskit von Fleet Union)

Montag, 22. März 2021

Bloggeburtstag Nummer 9

Neun Jahre ist es also her, als ich hier anfing Musik online zu rezensieren und kostenlose Musik bereit zu stellen. Das erscheint, vor allem seit letztem Jahr, eine unvorstellbar lange Zeit zu sein, aber irgendwie ist sie doch vorüber gegangen. Vor kurzem wurde ich gebeten, ein Video zu schneiden. Da ich natürlich kein Fan der üblichen Radiomusik bin, habe ich meinen Blog durchforstet und bin auf alte Perlen gestoßen, die ich schon fast vergessen hatte. Nach neun Jahren darf das sicher mal passieren, denke ich mal. Obwohl ich mich 2006 noch damit gebrüstet habe, 95 Prozent meiner Musik zu kennen, damals gab es auf dem iPod Classic noch ein Ratespiel dazu. 

Ihr versteht vielleicht, in welcher misslichen Lage ich mich befinde. Obwohl sich der Spaziergang durch die Jahre 2012 und 2013 echt spannend anfühlte. Es kam dieses "Weißt-du-noch"-Gefühl auf. Man erinnerte sich an Orte, an denen man war, Bands die man gesehen und interviewt hatte. Natürlich sah ich auch die Ideen von damals. Ich kann mich natürlich glücklich schätzen, mittlerweile sehr gut mit Musik versorgt zu werden. Dennoch entdecke ich hin und wieder selbst noch neues und kaufe auch immer noch Alben. So auch Aventine der Künstlerin Agnes Obel. Dabei wollte ich eigentlich nur das Kind mit entspannter Musik beschallen und Youtube lief einfach weiter. Ich lag bereits auf dem Bett und lauschte. Ich war fasziniert von der Tiefe der Klänge und der drückenden Stimmung die ihre Musik erzeugte. Die Videos überzeugten mich, mir das Album zu bestellen. Ich hörte es mehrfach im Auto meiner Freundin, auf dem Smartphone und hier am Rechner. Das es hier nie auf dem Blog erschienen ist, tut mir leid (ich habe es ja nun indirekt nachgeholt), manchmal reicht die Zeit halt eben nicht. Ich freue mich, dass ich einen neuen Langspieler erworben hab, auch wenn er über Onkel Amazon geliefert wurde. 

Aktuell gibt es hier, dank Hold Tight PR und Kinda Agency, relativ viel harte Musik. So spülte dann Youtube auch Spiritbox aus Vancouver Island auf meinen Bildschirm und in meine Ohren. Wer sich Holly Roller geben mag, dem sei gesagt, dass das hier nichts für schwache Nerven ist. Dabei erinnerte ich mich wage, dass mir die Band schon mal zwischen die Lauscher gekommen ist. Und das ist nicht mal das härteste, was mir so vor die Füße fällt. Erst letztens bekam ich Pupil Slicers Wounds Upon My Skin als Werbung vor einem Track gespielt. Das erste Mal, dass mir Werbung auf YT getaugt hat. Und die Leute von Hold Tight PR zeigten mir dann noch [•REC] von To The Grave, wobei ich hoffe, dass die Platte rechtzeitig zum Review kommen wird. Wer sich an Frontierer erinnert, die hatten wir hier mal, der kann sich vorstellen, was für ein Gewitter das sein wird. Ihr merkt also, es passiert mir (zum Glück) immer noch, dass ich neue, ansprechende Musik finde.  

Und dann kam es doch dazu, dass ich dieses Musikjahr ein Album rezensiert habe, welches nicht wirklich gut weg kam. Weil es als CD kam, lief es halt länger im Auto. Man konnte sich eine Meinung bilden, hörte die handwerklichen Schwächen heraus, zog Vergleiche um zu merken, dass es nichts Rundes wurde. Meine Devise ist ja eigentlich, dass ich mir sowas erst gar nicht in den Blog stelle, zumal mir die Zeit immer noch zu schade ist. Es ist wie es ist, die Band hat ihre Rezension bekommen und die PR-Agentur war mir dafür auch nicht böse. Man merkte an, dass ich mich damit ausgiebig auseinandergesetzte habe. 

Es gab auch dieses Jahr wieder neue Labels und PR Agenturen, u.A. Rookie Records und Season Of Mist. Ich möchte mich natürlich auch bei den anderen "alten Hasen" bedanken, die mich seit Jahren mit neuer Musik versorgen. Mir ist bewusst, dass euch das Arbeit bereitet, leider kann und werde ich nicht alle Alben rezensieren können, die mir geschickt/angeboten werden. Es gibt auch Künstler, die schon direkt mit mir Kontakt aufgenommen haben. Auch denen sei gesagt/geschrieben, dass ich leider nicht immer direkt Zeit habe, eure Musik zu hören. Das tut mir natürlich auch leid. 

Das Musikjahr hier Neben dem Strom ist vorüber. Ein Jahr ohne Konzerte, ihr wisst warum. Das ist natürlich schade, da man nicht direkt mit den Musikern in Kontakt treten kann und nicht spüren kann, was die Musik mit einem anrichtet. Den Künstlern und der Maschinerie dahinter geht natürlich auch Geld flöten, dennoch sind 2020 viele Alben entstanden, weil man eben Zeit gefunden hat und die moderne Technik es möglich macht, dass man sich große Datenmengen zuschicken oder auch mal im Stream miteinander musizieren kann. 

Im Februar 2020 hatte ich mir ein MacBook Air 2018 zugelegt, da es bei Cyberport mit 256GB im Angebot war und ich davor schon mehr als 2 Jahre auf die mobilen Geräte von Apple geschaut hatte. Die  Erfahrungen, die ich vor ein paar Jahren an einem iMac machte, vor allem wegen des Workflows und der Tastatur, überzeugt hat. Und was soll ich sagen: bis auf die Zicken mit den Dongles, kann ich mich nicht beschweren. Hin und wieder schneide ich damit sogar Videos. Die Tastatur hat mich auch nicht hängen lassen, auch wenn die Geräte aus der Zeit dafür bekannt sind. Das Tippgefühl ist ein anderes, es wirkt aber hochwertiger als jede Tastatur, die man für PCs bekommt. Manch einer mag es dekadent finden, ich hingegen habe es bisher nicht bereut, auch wenn der Anschaffungspreis schon noch etwas happig war. Es gab natürlich auch eine Lernkurve, aber vieles erscheint unter MacOS logischer als unter Microsofts Windows oder irgendeiner Linux-Distribution. Man nehme nur die Tastenkürzel für das ø

Nächstes Jahr um die Zeit ist der Blog dann eine Dekade alt. Wer weiß, was in dieser Zeit passieren kann und wird. Vielleicht habe ich irgendwann mehr Zeit dafür. Es gibt immer noch Monate, wo hier viel passiert, aber auch Zeiten, wo hier tote Hose ist. Man ist halt kein Student mehr und für mehr als nur die eigene Nase verantwortlich. In diesem Sinne: Haltet durch, lasst euch nicht unterkriegen, auch wenn es aktuell wieder den Anschein macht, als dass eine Minderheit es schafft, dass wir uns alle wieder einsperren und mit mehr Einschränkungen leben müssen. 

Drei im Bild, nur zwei sind zu sehen.
(Quelle: eigenes Bildmaterial)

Dienstag, 16. März 2021

Azgard - At The Break Of The Day (Bandcamptage)

Stellt euch vor, ihr habt eine Band, seid lokal erfolgreich und schafft es sogar ein respektable Musik aufzunehmen. Ein paar Tracks und ein Album schafft man auch. Und dann wird es ruhig, ein Mitglied verkauft sogar sein Equipment, weil das Geld knapp wurde. So geschah es bei der der Band Azgard aus Ternopil.

Die Ukrainer spielen auf ihrem Album At The Break Of The Day eine respektable Mischung aus Metalcore, Deathcore und etwas Black Metal. Eigentlich suchte ich nach Musik für ein Video, welches ich schneiden sollte. Metal passte nicht wirklich unter das Bildmaterial, aber dennoch war ich glücklich über den Fund. Ihr erhaltet 18 Titel für einen Preis, der euch gerade passt. Die letzten Titel sind eigentlich die ersten Songs nur ohne Gesangsspur. Wer also mit den Shouts nichts anfangen kann, kann zu Track 10 skippen und sich den reinen Instrumentalität hingeben. Einzig das Drumset klingt nach einem Computer, das ist bei dem Preis aber sicher zu Verschmerzen. 

 Anspieltipps: Farewell, Blind, Evil Is Coming

Azgard - At The Break Of The Day
(Quelle: Bandcamp.com)

Es ist eh alles recht brutal und laut hier.

Samstag, 13. März 2021

Bound In Fear - Eternal EP (Unique Leader Records/Hold Tight PR)

"How Low Can You Go?" fragte sich einst Ludacris. Bei der EP Eternal der Band Bound In Fear geht es aber weniger um eine Körperhaltung denn um extrem tief gestimmte Gitarren. Die Vielsaiter sind gar so tief gestimmt, dass der Bass sich förmlich den Platz im Gesamtkonstrukt erkämpfen muss. Wenn man es sich dann auch noch vorstellt, wieviele Saiten das sind, dann zieht der Bass ganz klar den Kürzeren. Dazu gesellen sich noch synthetische Klänge und schon ergeben sich riesige, unbezwingbare Soundwände.

Wie der Name der Band verrät, geht es um Ängste und was sie mit einem machen. Die Band will einem aber auch mitteilen, dass man damit nicht alleine ist. Jeder trägt sein Päckchen mit sich und es ist vollkommen in Ordnung, wütend, sauer oder traurig zu sein. Und jeder hat auch seine Eigenart, damit umzugehen. Tracks wie My Mind, My Prison stehen genau dafür. Man nimmt textlich aber auch kein Blatt vor den Mund. Es geht teilweise echt blutig zu, man wird an den Boden getackert, es gibt Blut, enge Räume ohne Türen und Fenster und Menschen, die einen nicht nur physisch quälen. 

Nach fünf Titeln ist der Spuk vorüber und man lässt sich dazu hinreißen, sich noch eine Runde zu geben, auch wenn der Gesang stellenweise unverständlich ist oder einfach nur ins schweinische Grunzen verfällt. Aber man wollte alles austesten, was im Deathcore und Metal geht und das hat man erreicht. Wie eingangs beschrieben, gibt es hier große Soundwände und eine erdrückende Stimmung, da muss man dem Produzenten und Mixer mal auf die Schulter klopfen... oder gleich abschlagen? 

Release: 12.03.2021
Label: Unique Leader Records

Anspieltipps: My Mind, My Prison; Left To Drown

5/6 Punkten (Wie dick können Gitarrensaiten eigentlich werden?)

Bound In Fear - Eternal EP
(Quelle: Presskit von Hold Tight PR)

Montag, 1. März 2021

Die Kombinaten - Lautwort (Valve Records/Bangup Bullet)

Der ein oder andere von euch wird sicher mal den Kochlöffel geschwungen haben. Man kommt irgendwann an den Punkt des Abschmeckens und merkt, egal was man hinzugibt, das Mahl will einfach nicht gelingen. Im Englischen sagt man: "I can't put the finger on it." So verhält es sich mit der Platte "Lautwort" der Band Die Kombinaten

Die vier Mitglieder kennen sich seit Jahren, da sie alle in der Band Lax Alex aktiv sind. Das könnte ein guter Startpunkt sein, denn Erfahrungen hat man genug sammeln können. Dann schiebt man die CD in den Player und denkt sich im ersten Moment, dass man eine Platte der Chili Peppers hört. Bis dann die Trommeln einsetzen, da merkt man, das hier irgendetwas anders ist. Und wenn der Gesang dann hinzukommt, ist alles klar. Dann hört man sich die Platte an, wir finden zwölf Titel, verteilt auf 40 Minuten, und wundert sich, was fehlen könnte. Man wird dieses Gefühl nicht los. Die Texte mögen ernsterer Natur sein, es werden ein paar lustige Bilder gezeichnet, aber man wird den cringe factor nicht ganz los. Es klingt manchmal so, als wäre der Punk, der 1981 Steine auf Polizisten geworfen hat, alt geworden. Er wohnt nun mit Kind und Kegel in einer Doppelhaushälfte mit einem schönen Vorgarten in einem ruhigen Vorort. Vielleicht kommt daher der Titel "Geerdet".

Der Gesang liegt direkt im Ohr, ihm fehlt es aber an Bums oder Hall. Man hätte auch etwas mehr gröhlen können, Punk darf/muss rotzig sein. Das klingt hier hin und wieder so, als hätte man dem Punk die Zügel angelegt und ihn erzogen... leider. Vielleicht wollte man auch mehr Funk als Punk spielen. Dazu klingt auch alles sehr flach, es gibt keine Gitarrenwände, keine Aufregung, kein Kratzen in der Stimme oder einen Ausraster. Man hätte ein paar mehr Tiefen einbauen können, etwas Bauchigkeit im Klang. Die Platte könnte ohne Weiteres auf einer entspannten Gartenparty im Sommer, so Corona es will, im Hintergrund laufen und niemand würde sich daran stören oder aufmerken und fragen, wer das sei. Man schafft es aber dennoch, fiese Ohrwürmer in die Hirnwindungen zu schrauben. Man findet dies befremdlich, da von der Platte eigentlich nicht ganz so viel hängen bleibt. 

In solch schweren Zeiten eine Platte zusammen zu zimmern, dass schafft nicht jeder. Das kostet natürlich Geld, aber auch Blut, Schweiß und Energie. Man hat sich sicher auch Mühe gegeben, aber hinten rum fehlt irgendwie etwas. Dieses Etwas, was einen vom Hocker reißt, bei dem man nicht mehr runter kommt und jedem von dem Album erzählen will. 

Release: 12.03.2021
Label: Valve Records

Anspieltipps: Klagenfurt, E - Mail aus Hongkong, Visionen

2,5/6 Punkten (Darauf erstmal ein paar Hühnerherzen.)

Die Kombinaten - Lautwort
(Quelle: Mix1.de)

Sonntag, 14. Februar 2021

Dozer - Vultures (Heavy Psych Sounds/All Noir)

Mit Re-Releases ist das immer so ne Sache. "Man verwurstet ja nur altes Material" , "Geldschneiderei","... ist ja eh nichts neues." Dem kann man natürlich ohne weiteres zustimmen. Dozer-Fans der ersten Stunde könnten sich dennoch freuen, denn hierbei handelt es sich um Demos aus dem Jahre 2004 und 2005, die den Schweden zur Vorproduktion des Albums Through The Eyes Of Heathens dienten. 

Heavy Psych Sounds bringt Vultures auf Vinyl und auf CD auf den Markt. Auf der Platte geht es recht schnell voran, wer Red Fang oder Kyuss kennt, der wird sich auch hier gut zurechtfinden. Für die Sportzigarette zwischendurch ist das ganze hier zu schnell und zu wenig verstrahlt. Die Tracks eignen sich eher dazu einen Hang herunter zu stürzen, mit viel Schnee drauf und einem Brett unter den Stiefeln. Das Konglomerat eignet sich aber auch für ne Skatesession in irgendeinem vertrocknetem Pool unter der sengenden Sonne der Wüste.

Die Titel haben ordentlich Druck auf den Bass bekommen, die Bassdrum liegt gefühlt direkt am Trommelfell und schüttelt bei jedem Kick, den Hammer und Steigbügel ordentlich durch. Nach knapp 31 Minuten ist jeder noch so kleine Staubfusel von den Membranen geblasen.

Release: 12.02.2021
Label: Heavy Psych Sounds

Anspieltipps: The Impostor, Last Prediction, Vultures

5/6 Punkten (Was können die Schweden eigentlich nicht?)

Dozer - Vultures
(Quelle: Presskit von All Noir)

Sonntag, 17. Januar 2021

Sperling - Zweifel (Uncle M)

Das natürliche Habitat des Sperlings befindet sich zwischen den den lauten Gitarren des Fjørts und dem Gekeife des Caspers. Dabei kann er aber auch so unangenehm wie ein Kummer werden. Er schmeißt auch gern mit Weisheiten um sich und nimmt nicht mal vor ein Blatt vor den Schnabel, wenn es um das Zwitscherbusiness geht, wie es sich verändert hat und das manch ein Ort wie aus einem Land vor unserer Zeit stammt. Er zwitschert hier einigen anderen Artgenossen sogar aus der Seele. Musik ist zu einem Gut geworden, welches in den seltensten Fällen noch bewusst wahrgenommen wird, sondern eher im Hintergrund läuft. Jeder Vogel klingt mittlerweile gleich, will aber der individuellste sein. Er merkt nur nicht, dass er solange für die Kolonieführer interessant bleibt, wie sein Gesang für die Masse relevant scheint. Vielleicht hilft es dem Sperling auch, dass er nicht nur zwitschert, sondern auch anderen Tätigkeiten folgt. Somit kann er das Gebiet und die, die darin leben, genauer sondieren und sich eine Meinung bilden, die neutraler ist als die derer, die in der Maschinerie gefangen sind.

Der Sperling durchlebt hin und wieder ein paar depressive Phasen, kennt viele Ängste und muss hin und wieder in der Einsamkeit des Seins ausharren. Im Angriffsmodus greift das gefiederte Tier gerne zu derben Gitarren, plustert sich auf und spuckt immer wieder fiese Lines in die Luft. Wenn er zur Ruhe kommt, nimmt er auch mal ein Cello zur Hilfe. Auch wenn dieses Streichinstrument gar nicht in den Lebensraum zu passen scheint, so hat es das Apocalyptica geschafft, das Instrument so klingen zu lassen, als wäre es schon immer Metal gewesen. 

Einzig der Gesang des Neukiefervogels ist nicht immer ganz gerade. Er kann schreien, zwitschert manchmal recht schnell, aber dies geschieht eher weniger in der Harmonie seiner Umgebung. Die Klänge wurden an vielen verschiedenen Habitaten gesammelt, daher klingt es mal mächtig und pompös, mal einsam und intim. Der Hinweis, dass nicht alles wohl ausproduziert wurde, nimmt man nicht war. So homogen wirken diese Aufnahmen.  Die 45 Minuten des Gezeters und Zwitscherns gehen zwar nicht immer schnell vorüber, das liegt aber daran, dass die gelieferten Texte tiefer gehen, man versucht ist, alles zu interpretieren. 

Release: 22.01.2021
Label: Uncle M

Anspieltipps: Eintagsfliege, Schlaflied, Baumhaus

5,5/6 Punkten (Jeder Deutschlehrer und Ornithologe wäre begeistert)

Sperling - Zweifel
(Quelle: Presskit von Uncle M)

Samstag, 9. Januar 2021

Jahresende, was kommt? (2020 Edit)

Man kann sicher davon ausgehen, dass sich so ziemlich jeder von euch das Jahr 2020 anders vorgestellt hat. Konzerte, Reisen, große Volksfeste, Festivals, das alles viel flach, dank des Viruses, der die ganze Welt in Schach hält. Die Spanische Grippe grassierte über mehrere Jahre und Wellen, also kann man das von der Mutation des Corona-Viruses auch erwarten, wenn man eben nicht die Arschbacken zusammenkneift und ein Stück Stoff für eine Freiheitsberaubung hält oder gar für tödlich. Da müssten ja alle Pfleger, Chirurgen und Ärzte in den OP's tot umfallen. 

Wie ich im März bereits erwähnte, liegt unsere gesamte Infrastruktur unter einem Brennglas und überall, da wo es brennt, sollte man ja eigentlich löschen. Aber selbst hier misst man immer noch mit zweierlei Maß und verschenkt Milliarden an Konzerne oder Wirtschaftszweige, wo bereits viel Geld geflossen ist und fleißig Dividende ausgeschüttet werden. Natürlich wäre es sinnvoller, die Schulen mit Luftreinigern auszustatten, es geht ja nur um die Gesundheit der Kinder. Vielleicht wäre es auch sinnvoller die digitale Infrastruktur auszubauen, so dass man im Vergleich zu den anderen Ländern der EU, nicht einfach das traurige Schlusslicht bildet. Aber was schreibe ich hier, passieren würde nichts.

Es hat sich auch gezeigt, wer ein "Nein" nicht verträgt. Man geht auf die Straße und wähnt sich mit anderen in einer Diktatur, nur dass die Protestierenden in einer richtigen Diktatur komplett verschwinden würden. Die Proteste sind für die Maßnahmen, die die breite Mehrheit der Bevölkerung unterstützt, kontraproduktiv. Das zeigt sich in den Infektionszahlen, aber selbst diesen Zahlen wird nicht geglaubt. Vor allem nimmt man in Kauf, dass die Polizei von wichtigeren Aufgaben abgezogen wird. Wobei selbst die sich nicht von ihrer besten Seite zeigt, weil man bestimmte Bilder nicht haben will, so stehe ich voll hinter Rezo's Video. Von den "Einzelfällen" ganz zu schweigen.

Auch privat ging es anders zu als gedacht. Seit dem 02.11.2020 bin ich Vater einer Tochter. Die Schwangerschaft verlief recht holprig, ich durfte meine Freundin zwei Monate lang, täglich im Krankenhaus besuchen... obwohl: die letzten Wochen lief das anders, weil die Fallzahlen in Cottbus gestiegen sind und im Krankenhaus ein Besuchsverbot herrschte. Zum Glück ist die Zeit auch vorbei, Kind und Frau sind wohl auf und wir haben nun wenig Schlaf, volle Windeln, ab und an Geschrei, Quaken und Quietschen, Bäuerchen und ab und an mal einen Spucki. Wir haben alle Rennereien mit Ämtern im Sommer abgearbeitet. Das Kinderzimmer wurde eingerichtet, Kleidung, Kinderwagen und Möbel wurden gekauft. Die Zeit verging schneller als gedacht, der Spagat zwischen Arbeit, Haushalt und Frau im Krankenhaus war riesig. Nun ist der Spagat ein anderer. Schlaf ist ein rares Gut, Zeit nun um so mehr. Im Oktober sowie im November hätte ich jeweils 54 Alben hören können. Mit einer einer wohlwollenden durchschnittlichen Spielzeit von 45min, hätte ich für nur einen Durchlauf, 40,5h Zeit für den Monat gebraucht. Also mehr als ein Album pro Wochentag. Dazu muss man die Langspieler mehrfach hören, um Details zu finden oder um herauszufinden, ob man mit dem Kunstwerk überhaupt zurecht kommt. Dann brauche ich ca. 60min für ein Review. Dazu gehe ich regulär arbeiten und habe einen Haushalt zu führen. Unser Kind hat natürlich unsere volle Aufmerksamkeit. Ihr merkt also, dass viel Zeit nicht mehr bleibt. 

Der Mailordner nach einer Woche.

Dabei hatte man sich bei mir gemeldet und gemeint, dass ich nur ausgewählte Platten beschreibe. Da fühlte ich mich direkt gebauchpinselt. Ein paar Tage später wurde ich gefragt, ob ich das neue Album von Kylie Minogue rezensieren möchte. Hätte ich zugesagt, hätte ich mir selbst widersprochen und der Aussage des Mail-Autors davor. Natürlich hätte man so Klicks generieren können, aber was bringt das, wenn man dafür seine Kredibilität aufgibt. Wobei, meinen eigenen Stand bei den Labels und PR-Agenturen, von denen ich Material bekomme (wofür ich immer wieder dankbar bin), kenne ich gar nicht. Ob ich das wissen möchte, ist mir unklar. Vielleicht bricht es einem das Herz, vielleicht kann man sich auch auf die Brust klopfen. Es gibt immer wieder Stellschrauben, an denen man drehen könnte. So ist der Releasekalender ab Januar 2021 aufgeräumter. So findet ihr vielleicht eher eure Lieblingskünstler (54 Alben inklusive Band in einem Fließtext, trotz Formatierungen, erschienen mir irgendwie unübersichtlich). 

Nachtrag: Mir ist bewusst, dass das hier erst 2021 online geht. Ihr konntet ja bereits erlesen, wieso, weshalb, warum. Bleibt negativ, also im positiven Sinne, und passt auf euch auf.

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Das wichtigste in meinem/unseren Leben.